Studie

Übergewicht hat Folgen für Wirtschaft

Der wachsende Anteil von Fettleibigen an der Weltbevölkerung hat deutliche wirtschaftliche Auswirkungen: Die Zunahme von Adipositas werde das weltweite Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis 2060 um 3,3 Prozent verringern und die Entwicklung von Ländern mit geringem Einkommen behindern, heißt es in einer Studie.

„Weltweit leben derzeit fast zwei Drittel der Erwachsenen mit Übergewicht und Fettleibigkeit“, sagte Studienautorin Rachel Nugent vom US-Forschungsinstitut RTI International in New York. Es sei damit zu rechnen, dass dieser Anteil bis 2060 sogar auf drei Viertel der Erwachsenen weltweit steige. Derzeit verringere dieses Phänomen die weltweite Wirtschaftsleistung jährlich um 2,2 Prozent. Die stärksten Auswirkungen sind laut Nugent in Ländern mit geringen Ressourcen zu befürchten.

Die Untersuchung wurde am Mittwoch im Fachjournal „BMJ Global Health“ veröffentlicht und am Rande der UNO-Generaldebatte in New York vorgestellt wurde.

China, USA und Indien stark betroffen

Als fettleibig gelten erwachsene Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) ab 30. Als übergewichtig werden Erwachsene mit einem BMI ab 25 definiert. Übergewicht kann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und verschiedenen Krebsarten beitragen.

Die Studie enthält für die Entwicklung der Fettleibigkeit in einzelnen Ländern konkrete Vorhersagen. In absoluten Zahlen sind demnach in China, den USA und Indien die höchsten wirtschaftlichen Schäden zu erwarten. China werde die Entwicklung bis 2060 schätzungsweise zehn Billionen Dollar kosten, die USA müssten 2,5 Billionen Dollar Schäden einplanen und Indien immerhin 850 Milliarden Dollar.

Proportional zur Wirtschaftsleistung seien die zu erwartenden Schäden aber voraussichtlich in den Vereinigten Arabischen Emiraten und im Karibikstaat Trinidad und Tobago am höchsten, heißt es in der Studie weiter. In den Emiraten werde Fettleibigkeit das BIP bis 2060 um elf Prozent verringern, in Trinidad und Tobago um 10,2 Prozent.

Überalterung trägt zu Zunahme von Übergewicht bei

Berücksichtigt wurden bei den Berechnungen anders als bei früheren Studien nicht nur die direkten Kosten durch Adipositas wie medizinische Kosten, sondern auch indirekte Kosten durch vorzeitige Todesfälle und den Verlust an Produktivität. Diese Folgen behinderten auch die Entwicklung armer Staaten. „Wir könnten uns schneller entwickeln und wachsen und die Existenzgrundlage der Menschen verbessern, wenn wir nicht diese Form von niedrigerer Produktivität und früherer Sterblichkeit hätten“, sagte Nugent.

Andererseits trägt laut Nugent das Wachstum der Wirtschaft in Entwicklungs- und Schwellenländern auch zur Zunahme von Fettleibigkeit bei. In reichen Industrieländern trage die Überalterung der Bevölkerung zur Zunahme von Übergewicht bei.

„Das Stigma stoppen“

Francesco Branca von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hob in New York hervor, dass es eine Reihe von Maßnahmen zur Bekämpfung von Übergewicht und Fettleibigkeit und deren Folgen gebe. So könnten fett- und zuckerreiche Getränke und Lebensmittel höher bepreist werden. Auch eine bessere Kennzeichnung dick machender Produkte und eine Stärkung von Präventionsmaßnahmen und Beratung könnten das Problem verringern.

Der Leiter des mexikanischen Forschungszentrums für Ernährung und Gesundheit, Simón Barquera, hob hervor, dass laut der Studie für das Problem nicht individuelle Verhaltensweisen verantwortlich seien, sondern soziale und kommerzielle Aspekte. „Wir müssen anerkennen, dass Fettleibigkeit eine komplexe Krankheit mit komplexen Interaktionen und Lösungen ist, und damit aufhören, für diese Bedingungen einzelne Menschen verantwortlich zu machen“, sagte er. Entscheidungsträger in aller Welt müssten „das Stigma stoppen“.