Illustration der Asteroiden-Abwehr
NASA/Johns Hopkins, APL/Steve Gribben
NASA/Johns Hopkins, APL/Steve Gribben
Raumfahrt

Geplanter Crash mit Asteroiden steht bevor

In der Nacht auf Dienstag ist es soweit: Die US-Raumfahrtbehörde NASA will zum ersten Mal absichtlich ein Raumfahrzeug in einen Asteroiden fliegen lassen, um dessen Flugbahn zu verändern – und damit die Abwehr potenziell gefährlicher Himmelskörper in der Zukunft proben.

Das NASA-Experiment trägt den Namen „Double Asteroid Redirection Test“ (Doppelter Asteroiden-Umleitungstest), kurz DART. Das dafür vorgesehene Raumfahrzeug war Ende November in Kalifornien gestartet. Mit rund 23.000 km/h soll es Dienstagfrüh um 01.14 Uhr MESZ in den Asteroid-Mond Dimorphos einschlagen und dadurch dessen Flugbahn leicht verändern. Den Zusammenprall des Raumfahrzeugs von der Größe eines Autos und des gut 160 Meter breiten Himmelskörpers will die NASA live im Internet übertragen.

Zweiter Versuch möglich

Selbst wenn nicht alles läuft wie geplant, geht von dem Experiment keine Gefahr aus. Schließlich sind Dimorphos und der Asteroid Didymos, der von Dimorphos umkreist wird, immer mindestens rund elf Millionen Kilometer von der Erde entfernt.

Durch den Aufprall des Raumfahrzeugs soll die Umlaufbahn von Dimorphos leicht verändert werden. Nah den NASA-Plänen wird er dann statt der bisherigen elf Stunden und 55 Minuten zehn Minuten weniger brauchen, um Didymos zu umkreisen. Wenn das Raumfahrzeug Dimorphos verfehlt, hat es noch genug Treibstoff für einen zweiten Versuch in zwei Jahren.

DART sei nicht nur für die NASA ein aufregendes Experiment, „sondern auch in der gesamten Raumfahrtgeschichte und der Geschichte der Menschheit“, sagte der NASA-Experte Lindley Johnson in einem Briefing.

Live-Übertragung bis zum Aufprall geplant

Während das Raumfahrzeug seine letzte Flugphase autonom fliegt, soll sein Kamerasystem Draco Bilder von Dimorphos zur Erde senden. Das System werde mit einem „kleinen Lichtpunkt“ einsetzen, das Licht dann herangefahren und schließlich „das ganze Sichtfeld ausfüllen“, sagte die Planetenforscherin Nancy Chabot vom an der Mission beteiligten Johns Hopkins Applied Physics Laboratory. Mit dem Aufprall des Raumfahrzeugs auf dem Asteroidenmond ende die Übertragung dann.

Wenige Minuten später soll aber ein Satellit von der Größe eines Toasters, der vor ein paar Wochen vom DART-Raumfahrzeug abgedockt hatte, an der Kollisionsstelle vorbeifliegen und Nahaufnahmen von ihr liefern. Es wird allerdings Wochen und Monate dauern, bis die Bilder des Satelliten mit dem Namen „Liciacube“ auf der Erde eintreffen. Ergänzend wird das Experiment mit Teleskopen auf der Erde und im All, darunter dem extrem leistungsfähigen James-Webb-Teleskop, beobachtet.

Kein Einschlag in den nächsten 100 Jahren

Für eine noch genauere Untersuchung des „Tatorts“ schickt die Europäische Weltraumagentur (ESA) 2024 ihre Sonde „Hera“ los, die den Asteroiden zwei Jahre später erreichen soll. Die Mission, an der das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt maßgeblich beteiligt ist, soll die Oberfläche von Dimorphos analysieren. Die Beschaffenheit des Asteroidenmonds – porös oder aus solidem Gestein – ist schließlich ein wichtiger Faktor beim DART-Experiment.

Von den Milliarden Asteroiden und Kometen in unserem Sonnensystem werden nur sehr wenige als potenziell gefährlich für unseren Planeten eingestuft. Für die kommenden 100 Jahre wird mit keinem Einschlag auf der Erde gerechnet. Aber „ich garantiere Ihnen, wenn man lang genug wartet, wird es ein Objekt geben“, sagt NASA-Chefwissenschaftler Thomas Zurbuchen.

Asteroid löschte Dinosaurier aus

Das lehrt auch die Weltraumgeschichte. So schlug vor etwa 66 Millionen Jahren im heutigen Mexiko der rund zehn Kilometer große Chicxulub-Asteroid ein. Er sorgte für einen Dauerwinter und wird mit dem Aussterben der Dinosaurier sowie drei Viertel aller übrigen damaligen Arten in Verbindung gebracht.

Der Einschlag eines Asteroiden von der Größe von Dimorphos hätte nur regionale Auswirkungen. Immerhin hätte er aber mehr Wucht als jede Atombombe und könnte eine ganze Stadt zerstören. Vorbereitungen auf eine solche Bedrohung sind also keine schlechte Investition.