bedrückte Stimmung: Mädchen blickt aus dem Fenster
fizkes – stock.adobe.com
fizkes – stock.adobe.com
Psychische Erkrankungen

Wie man bei seelischen Krisen hilft

Was man bei einem Unfall oder einem Kreislaufkollaps tun kann, lernt man im Erste Hilfe-Kurs. Doch wie sollte man handeln, wenn jemand eine seelische Krise durchmacht? Wie kann man helfen? Diesen Fragen nimmt sich ein Kursangebot von Pro Mente an: „Erste Hilfe für die Seele“ will aufklären und Vorurteile abbauen.

In Österreich leidet jeder vierte Erwachsenen unter Bluthochdruck – ganz ähnlich ist das bei psychischen Erkrankungen. Ein Viertel der Bevölkerung ist betroffen. Dennoch wissen die wenigsten, wie man einem Menschen begegnen sollte, der eine psychische Krise durchmacht, und trauen sich nicht, die Person anzusprechen und nach dem Befinden zu fragen.

Scheu, Scham und Vorurteile

„Wenn ich zu einem Unfall komme und versuche eine Blutung zu stoppen, fahre ich nachher auch nicht mit ins Krankenhaus und operiere denjenigen“, sagt Manuela Pillei-Schenner von Pro Mente Tirol. So sei das auch bei psychischen Krisen. Es gehe darum hinzuschauen, nachzufragen und ein offenes Ohr zu haben. Man müsse nicht die Probleme dieser Menschen lösen, könne aber entscheidende Informationen geben.

Das Thema psychische Erkrankungen ist in Österreich nach wie vor mit Vorurteilen, Scheu und Scham besetzt, obwohl fast ein Viertel der Bevölkerung betroffen ist. Deswegen hat Pro Mente, der Österreichische Dachverband für Vereine und Gesellschaften für psychische und soziale Gesundheit, das Konzept der „Erste Hilfe“-Kurse für die Seele aus Australien nach Österreich gebracht.

Das Angebot richtet sich an alle Erwachsenen ab einem Alter von 18 Jahren. In zwölf Stunden erfahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, warum es wichtig ist, Menschen, die apathisch oder verzweifelt sind, auf ihren Zustand anzusprechen. Man lernt mehr über verschiedene psychische Erkrankungen, wie Depression, Angststörung, Sucht oder Psychosen. Betroffene berichten über ihre Erfahrungen, wie wichtig es für sie selbst war, angesprochen zu werden und Hilfe zu bekommen.

Handlungsleitlinie für Erste Hilfe

Dabei sei die Unvereingenommenheit besonders wichtig, sagt Manuela Pillei-Schenner: „Wir wollen mit diesem Angebot aufklären, denn viele wissen nicht, dass es sich bei psychischen Erkrankungen um Krankheiten handelt.“. Die Handlungsleitlinie, die in den Kursen vermittel wird, orientiert sich daran: Reagieren; offen und unvoreingenommen zuhören; Informationen geben; die Betroffenen ermutigen, Hilfe zu suchen; Ressourcen aktivieren. So sollte man, knapp zusammengefasst, Menschen begegnen, die eine seelische Krise durchmachen.

Pro Mente will mit dem Angebot auch der Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen entgegenwirken. Die würden oft mit stark negativ konnotierten Worten assoziiert, wie „verrückt“ oder „irre“, oder eben nicht als Krankheiten anerkannt, und am Arbeitsplatz und in der Familie als Faulheit oder Lethargie heruntergespielt. Das beeinflusst nicht nur den Krankheitsverlauf in negativer Weise, die Betroffenen fürchten sich davor, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen und eine Therapie zu beginnen.

Betroffene berichten

Zu Entstigmatisierung tragen auch Berichte von Betroffenen bei. Sie sind in den Kursen anwesend bzw. werden Interviews mit ihnen gezeigt. „Das hat eine andere Wirkung auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, als die Erzählungen von Fachleuten“, sagt Pillei-Schenner. Die „Peers“ berichten, wie wichtig es war, angesprochen zu werden und von Möglichkeiten professioneller Unterstützung bzw. Therapie zu erfahren. Und sie zeigen, dass es Krankheiten sind, die man überstehen kann.

„Erste Hilfe für die Seele“ wird mittlerweile in 25 Ländern weltweit angeboten. In Österreich werden die Seminare in einigen Bundesländern, darunter Tirol und Kärnten, in Präsenz abgehalten, zusätzlich gibt es Onlinekurse. Und Manuela Pillei-Schenner betont, dass eben die „Erste Hilfe“ im Vordergrund steht.