50 Jahre IIASA

Grundlagenforschung mit Blick auf große Fragen

Das Internationale Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg feiert heute seinen 50. Geburtstag: Seit 1972 forscht das IIASA zu Herausforderungen, die weltweit ökologische, wirtschaftliche und soziale Folgen haben – wie Klimaerwärmung, Energieressourcen und demografischer Wandel.

Die im Schloss Laxenburg angesiedelte, in der Welt der Wissenschaft weithin bekannte Einrichtung ist dem Großteil der Besucherinnen und Besuchern des beliebten Schlossparks vermutlich kein Begriff. Lange Zeit war man eine Art „best gehütetes Geheimnis“ in Österreich, das ändere sich aber, so IIASA-Generaldirektor für Wissenschaft, Wolfgang Lutz.

Die international renommierte Forschungseinrichtung wurde 1972 auf Initiative der USA und der UdSSR gegründet. Das IIASA sollte eine wissenschaftliche Brückenfunktion zwischen Ost und West einnehmen. Heute zählt man 22 nationale Mitgliedsorganisationen, sowie neuerdings eine Organisation, die 17 Staaten aus der Region Subsahara-Afrika vertritt.

Auf „die großen Fragen der Menschheit“ referenziere man laut Lutz seit nunmehr 50 Jahren. Die Forschungsarbeit fokussiert auf Fragen der Energieversorgung und -zukunft, zur Technologieentwicklung, zur Ernährungssicherheit, zum Klimawandel, Landnutzung, Biodiversität, gesellschaftlicher Ungleichheit oder zur Bevölkerungsentwicklung, so der österreichische Demograph, der die Funktion als wissenschaftlicher Leiter interimistisch bis nächsten Sommer bekleidet, im Gespräch mit der APA.

Herzstück Systemanalyse

Am Schlosspark als vom Menschen gestaltetes, mehr oder weniger natürliches Umfeld lasse sich vieles über die Forschungstätigkeit des Instituts ablesen, so Lutz. In diesem Fall handle es sich um eine „erfreuliche Zusammenarbeit zwischen Mensch und Natur, das ist aber nicht überall der Fall“. Um das Berechnen und Modellieren des Einflusses des Menschen auf die Erde bemüht man sich mit dem Ansatz der angewandten Systemanalyse.

Die Entwicklung systemanalytischer Ansätze ist bis heute das Herzstück der Forschung am IIASA. Sie dienen etwa dazu, den Grad der Abholzung, vorhandene Wasserressourcen, Risiken von Finanzkrisen oder Wege für eine nachhaltige Ernährungssicherheit aufzuzeigen. Man betreibe Grundlagenforschung, sagt Lutz, diese sei aber nicht rein von Neugierde getrieben: „Bei uns spielen schon immer auch die politische Anwendbarkeit oder das Entwickeln von Schlussfolgerungen, die dann relevant für die Gestaltung der Welt sind, eine Rolle.“

Daher komme der Begriff „angewandte Systemanalyse“. Herausforderungen wie etwa Klimawandel, Umweltverschmutzung, Verlust der biologischen Vielfalt oder auch nachhaltiger Konsum und soziale Ungleichheiten sind keine isolierten Themen, sondern „eng miteinander verwobene Probleme, die einen systemischen Ansatz zur Lösungsfindung erfordern“, wie es im IIASA-Forschungsplan 2021-24 heißt.

Lieferant von Daten und Fakten

Zu den teils hochpolitischen Diskussionen wolle das IIASA die Daten und Fakten liefern. Die langfristige Forschungsstrategie wird durch das IIASA-Council definiert, in dem Vertreter der Mitgliedsländer (meist die jeweiligen Akademien der Wissenschaften) sitzen. Die Expertise aus Laxenburg ist u. a. auch im Weltklimarat (IPCC) gefragt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler publizieren regelmäßig in hochrangigen Fachzeitschriften zu vielfältigen Themen. Vom Grundverständnis her versuche man die Forschungsfelder möglichst von allen Seiten und mit allen Konsequenzen zu beleuchten. Stütze man sich etwa nur auf wirtschaftliche Faktoren, vergesse man mitunter auf die sozialen Aspekte. Solche „suboptimalen“ Erkenntnisse wolle man vermeiden.

Die Gründung im Jahr 1972 fiel zeitlich mit der vom „Club of Rome“ erstellten Studie „The Limits to Growth“ (Die Grenzen des Wachstums) zusammen. In der folgenden Dekade wurde das IIASA zur Heimat der internationalen Modellierungscommunity, sagte Lutz. Am am 16. und 17. November findet in Zusammenarbeit mit der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) eine Jubiläumskonferenz in Wien statt.