Chemie Nobelpreis 2022
Johan Jarnestad/The Royal Swedish Academy of Sciences
Johan Jarnestad/The Royal Swedish Academy of Sciences

Chemienobelpreis für drei Molekülforscher

Der Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr an die US-Amerikaner Carolyn Bertozzi und K. Barry Sharpless sowie den Dänen Morten Meldal. Sie werden für ihre Erkenntnisse im Bereich der Molekülforschung ausgezeichnet, wie die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften heute in Stockholm mitteilte.

Die drei Forscher werden „für die Entwicklung der Click-Chemie und der bioorthogonalen Chemie“ ausgezeichnet. Dabei handle es sich um ein „geniales Werkzeug zum Bau von Molekülen“. Für Sharpless ist es bereits der zweite Chemienobelpreis, er erhielt die Auszeichnung schon 2001.

Sharpless vom Forschungsinstitut Scripps Research in den USA und Meldal von der Universität Kopenhagen legten den Grundstein für diese funktionelle Form der Chemie, bei der molekulare Bausteine ​​schnell und effizient zusammenschnappen, so die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften in einer Aussendung. Und Bertozzi von der US-Universität Stanford habe die Click-Chemie in eine neue Dimension geführt und begonnen, sie in lebenden Organismen einzusetzen.

„Elegante und effiziente chemische Reaktion“

Sharpless prägte um das Jahr 2000 den Begriff der Click-Chemie: einfache und zuverlässige Reaktionen, die schnell ablaufen und bei denen unerwünschte Nebenprodukte vermieden werden. Unabhängig voneinander stellten Sharpless und Meldal kurz darauf das „Kronjuwel der Click-Chemie vor: die kupferkatalysierte Azid-Alkin-Cycloaddition“, so das Nobelkomitee.

Diese elegante und effiziente chemische Reaktion sei inzwischen weit verbreitet und werde unter anderem bei der Entwicklung von Arzneimitteln, bei der Kartierung der DNA und bei der Herstellung von Materialien eingesetzt.

Bertozzi entwickelte dann Click-Reaktionen: bioorthogonale Reaktionen, die im Inneren lebender Organismen funktionieren und dort ablaufen, ohne die normale Chemie der Zelle zu stören. Diese Reaktionen werden laut Nobelkomitee nun weltweit eingesetzt, um Zellen zu erforschen und biologische Prozesse zu verfolgen. Mit Hilfe bioorthogonaler Reaktionen sei die Zielgenauigkeit von Krebsmedikamenten verbessert worden, die bereits in klinischen Versuchen getestet werden.

„Mit dem arbeiten, was einfach ist“

Die Click-Chemie habe die Chemie in die Ära des Funktionalismus geführt. Das bringe „den größten Nutzen für die Menschheit“, hieß es in der Aussendung weiter. Beim diesjährigen Chemienobelpreis gehe es darum, „die Dinge nicht zu sehr zu verkomplizieren, sondern mit dem zu arbeiten, was einfach ist. Funktionelle Moleküle können auch auf einem einfachen Weg hergestellt werden“, sagte Johan Aqvist, Vorsitzender des Nobelkomitees für Chemie, bei der Bekanntgabe der Preisträger.

Bertozzi zeigte sich im Rahmen der Bekanntgabe höchst überrascht: Schockzustand sei „eine Untertreibung“, sagte die Forscherin, es gehe ihr aber von Minute zu Minute besser. Die von ihr vorangetriebene bioorthogonale Chemie werde mittlerweile großflächig als „Werkzeug zur Entdeckung von biologischen Abläufen“ eingesetzt.

Ein anderes vielversprechendes Anwendungsgebiet sei es, damit Wirkstoffe im Körper punktgenau an die Stellen zu leiten, wo sie gebraucht werden, sagte sie. Der Preis könne ihr Forschungsfeld an der Schnittstelle zwischen Chemie und Biologie auf jeden Fall beflügeln, so die Wissenschaftlerin.

Auszeichnung 2021 für Molekülwerkzeug

Die Auszeichnung ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 920.000 Euro) dotiert. Übergeben wird der Preis alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel. Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an den Deutschen Benjamin List und den in Schottland geborenen US-Amerikaner David McMillan für die Entwicklung der Organokatalyse, einer Methode zur Beschleunigung chemischer Reaktionen.

Die Preisträger 2021 hätten ein neues und geniales Werkzeug für den Aufbau von Molekülen entwickelt, hieß es in der Begründung. Es werde für die Erforschung neuer Arzneimittel eingesetzt und habe auch dazu beigetragen, die Chemie umweltfreundlicher zu machen.

Physiknobelpreis an Anton Zeilinger

Die heurige Nobelpreiswoche startete am Montag mit der Bekanntgabe des Medizinnobelpreises. Ausgezeichnet wurde der in Leipzig forschende schwedische Paläogenetiker Svante Pääbo für seine Entdeckungen zur menschlichen Evolution und zu den Vorfahren des Menschen. Unter anderem fand Pääbo heraus, wie Gene des Neandertalers die menschliche Gesundheit bis heute beeinflussen.

Links

Gestern folgte die Bekanntgabe des Physiknobelpreises. Ausgezeichnet wurden drei Quantenforscher: der Österreicher Anton Zeilinger, der Franzose Alain Aspect und der US-Amerikaner John F. Clauser. Sie hätten bahnbrechende Experimente mit verschränkten Quantenzuständen durchgeführt, bei denen sich zwei Teilchen wie eine Einheit verhalten, auch wenn sie getrennt sind, heißt es in der Begründung. Die Ergebnisse hätten den Weg geebnet für auf Quanteninformation basierende Technologien.