Unterrricht in einer österreichischen Schule, Perspektive von hintern, jemand hebt die Hand
APA/HANS PUNZ
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Young Science

„Strahlend“ im Physikunterricht

Komplexe physikalische Themen bringen die Köpfe von Schülerinnen und Schülern seit jeher zum Rauchen. Dass Physikunterricht aber auch spannend und verständlich sein kann, weiß Sarah Zloklikovits. Sie erforscht an der Uni Wien, wie sich junge Menschen auch schon an Pflichtschulen für Themen wie die elektromagnetische Strahlung begeistern lassen.

Der Physikunterricht an österreichischen Schulen müsste laut Sarah Zloklikovits in einigen Punkten überarbeitet werden. Zahlreiche wichtige Themengebiete werden etwa nur jenen Schülerinnen und Schülern beigebracht, die schon über das Pflichtschulalter hinaus sind. Laut der jungen Forscherin ist das ganz klar ein Problem: „Nach der Sekundarstufe 1 ist der Pflichtschulunterricht de facto vorbei – das heißt, es gibt ganz viele Menschen in Österreich, die danach keinen naturwissenschaftlichen Unterricht mehr bekommen.“

Young Science auf ORF Sound

Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stehen im Mittelpunkt der Serie „Young Science“. Die Beiträge sind auch auf ORF Sound zu finden.

Vor allem in einer Welt, in der Technik und Physik allgegenwärtig sind, sei aber ein gewisses Grundverständnis in diesen Bereichen unabdingbar. „Man sollte zumindest eine ungefähre Ahnung davon haben, wie die Welt funktioniert. Auch, um zum Beispiel wissenschaftlichen Diskussionen in den Medien folgen zu können, finde ich das persönlich sehr wichtig“, so Zloklikovits gegenüber science.ORF.at.

Physikdidaktik für leichteres Lernen

Nach dem Abschluss ihres Mathematik- und Physikstudiums hat es sich die gebürtige Burgenländerin daher zur Aufgabe gemacht, den Physikunterricht auch für jüngere Schülerinnen und Schüler im Pflichtschulalter aufzubereiten. Aktuell forscht die 30-Jährige daher am Kompetenzzentrum für Didaktik der Physik (AECC Physik) an der Universität Wien.

Dabei untersucht sie unter anderem frühere Studien und führt auch Einzelstunden mit Schülerinnen und Schülern durch, um mehr über deren Vorstellungen und Lernprozesse zu erfahren. „Mit welchen Vorstellungen kommen die Schülerinnen und Schüler überhaupt in den Unterricht und wie muss ich eine Erklärung formulieren, damit sie das lernen, was ich ihnen beibringen möchte? Mit diesen Punkten setze ich mich in meiner Forschung hauptsächlich auseinander.“

Elektromagnetische Strahlung

Den Fokus ihrer Untersuchungen legt die Zloklikovits derzeit auf das Themengebiet der elektromagnetischen Strahlung. „Darüber lernt man nur in der Oberstufe – viele kennen sich mit dem Thema also überhaupt nicht aus“, erklärt sie. Nur wenige lernen zwar etwas darüber, im Alltag seien aber alle mit elektromagnetischer Strahlung in Kontakt.

Sarah Zloklikovits am Zentrum für Fachdidaktikt der Physik an der Universität Wien
Krapscha/ORF
Sarah Zloklikovits mit ihrem Handbuch für den Physikunterricht in der Sekundarstufe

„Es geht hier um ganz alltägliche Fragen, wie etwa: Kann ich mein Essen in der Mikrowelle aufwärmen, oder ist es dann ungesund? Oder ist es in Ordnung, mein Handy in die Hosentasche zu stecken?“, so Zloklikovits. Diese Fragen würden auch schon junge Schülerinnen und Schüler beschäftigen. Die Forscherin würde es daher gutheißen, wenn es auch schon im Pflichtschulbereich Antworten darauf gibt.

Folgen zu wenig bekannt

Am Beispiel elektromagnetischer Strahlung von Mobiltelefonen lasse sich etwa gut erkennen, dass viele Menschen nicht genug darüber wissen. Nicht umsonst gäbe es immer wieder Diskussionen, ob das Handy nun am Nachttisch aufbewahrt werden darf oder ob es dort vielleicht doch den Schlaf stört und die Gesundheit schädigt. Das Problem sei dabei oft, dass viele Menschen unter Handystrahlung alles verallgemeinern, was mit Mobiltelefonen zusammenhängt.

So strahlen zum Beispiel die Handybildschirme blaues Licht aus, das den Schlaf nachweislich stören kann. Mit der konkreten Handystrahlung habe das aber nichts zu tun. „Wenn ich Handystrahlung sage, meine ich damit die Strahlung aus dem Bereich der Mikrowellen, die ein Mobiltelefon aussendet und empfängt, um Nachrichten zu übertragen oder mit dem Internet zu kommunizieren“, so Zloklikovits.

Diese Strahlung ist – so wie auch jene von Mikrowellen in der Küche – laut dem aktuellen Wissensstand eher unbedenklich. „Es gibt eigentlich nur einen Effekt, wie diese Strahlung auf unsere Körper wirkt. Sie kann theoretisch Temperatur erhöhen. Es gibt aber klar bestimmte Grenzwerte, die deutlich unterhalb der Größen liegen, wo diese Erwärmung unangenehm werden könnte.“

Komplexere Themen an Pflichschulen

Mit der in den meisten Fällen unsichtbaren elektromagnetischen Strahlung können vor allem jüngere Schülerinnen und Schüler aber oft noch nichts anfangen. „Es ist für Kinder ganz schwierig mit etwas zu arbeiten, das sie nicht sehen können“, sagt Zloklikovits. Im Physikunterricht brauche es daher andere Herangehensweisen, um die elektromagnetische Strahlung zu behandeln.

Dabei sei unter anderem ein langsames Hinführen zu dem Themengebiet von Vorteil: „Es hat sich herausgestellt, dass es Sinn macht, im Unterricht mit sichtbarem Licht zu beginnen. Das ist eine Strahlungsart, die man kennt, und vor allem, die man auch leicht wahrnehmen kann.“ Nach den sichtbaren Lichtstrahlen könnte dann mit komplexeren, aber immer noch wahrnehmbaren Strahlungsarten weitergemacht werden – etwa mit Infrarot- oder UV-Strahlung. Nach und nach könne man die jungen Schülerinnen und Schüler so auf immer komplexere Bereiche der Physik vorbereiten.

Die richtige Wortwahl

Nicht nur welche Themen besprochen werden, sondern auch wie sie präsentiert werden, spielt vor allem bei jungen Schülerinnen und Schülern eine Rolle. Dabei ist auch die richtige Wortwahl von großer Bedeutung: „Es hat sich zum Beispiel gezeigt, dass Sender und Empfänger besser verständlich sind, als wenn ich von einer Quelle und einem Detektor spreche.“

Schon bei der Wortwahl sollte berücksichtigt werden, was die Schülerinnen und Schüler bereits aus ihrem Alltag kennen – darauf aufzubauen sei oft leichter, als sie mit unbekannten Begriffen zu überhäufen. Außerdem plädiert Zloklikovits dafür, keine unnötigen Fachvokabeln in den Unterricht einzuführen, nur um die Wörter zu lernen.

Zloklikovits steht in engem Kontakt mit zahlreichen Lehrpersonen, um ihre Methoden für einen kindgerechten und spannenden Physikunterricht möglichst weit zu verbreiten. Ihr Unterrichtskonzept zur elektromagnetischen Strahlung stellt sie auch in einem kostenlos verfügbaren Handbuch vor, an dem sich Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe orientieren können. Noch forscht Zloklikovits an der Universität Wien, bald will sie aber auch selbst im Klassenzimmer stehen und ihre Forschungserkenntnisse in der Praxis umsetzen.