Eine Hand halt eine Zigarette
APA/ZB/Jens Kalaene
APA/ZB/Jens Kalaene
Zigaretten, Fleisch und Co.

Die größten Gesundheitsrisiken neu bemessen

Mit der Vergabe von Sternen will ein internationales Forschungsteam bemessen, wie schädlich etwa rotes Fleisch oder Zigaretten tatsächlich sind. Bei Zigaretten ist das Gesundheitsrisiko mit fünf von fünf Sternen recht klar. Bei Fleisch ist die Beweislage hingegen erstaunlich dünn.

Wie sich der Konsum von rotem Fleisch auf die eigene Gesundheit auswirkt, war bereits zentrales Thema unzähliger Studien und Untersuchungen. Unter anderem durch den hohen Fettanteil wurde es dabei oft mit Herzproblemen oder Gefäßschäden in Verbindung gebracht. Eine Studie aus dem Jahr 2020 hat beispielsweise ergeben, dass man seiner Gesundheit bereits schadet, wenn man zweimal pro Woche Wurst oder rotes Fleisch isst. Andere Untersuchungen legen hingegen nahe, dass das Gesundheitsrisiko von rotem Fleisch vielleicht überschätzt wird.

Unklarheit bei Gesundheitsrisiken

Expertinnen und Experten sind sich nicht immer einig, welche Lebensmittel und Verhaltensweisen zu welchen gesundheitlichen Problemen führen. „Die Ergebnisse variieren zwischen einzelnen Studien oft stark“, erklärt der Physiker Christopher Murray von der Universität in Washington (USA).

Murray wollte daher mit einem internationalen Forschungsteam für mehr Klarheit sorgen und hat 180 Paare von Risikofaktoren und oft damit in Verbindung stehenden gesundheitlichen Problemen näher unter die Lupe genommen. Neben dem Konsum von rotem Fleisch und der Gefahr, einen Schlaganfall zu erleiden, untersuchte das Forschungsteam auch den Zusammenhang zwischen Zigaretten und Krebserkrankungen oder hohem Blutdruck und Herzproblemen.

Bewertung mit Sternen

Zu allen 180 untersuchten Paaren haben die Forscherinnen und Forscher Studien der vergangenen Jahre analysiert und die Daten daraus miteinander verglichen. Anhand eines einfach zu verstehenden Bewertungssystems mit Sternen zeigen sie nun auf, wie stark die Beweislage für die jeweiligen Zusammenhänge tatsächlich ist.

Ziel des Sternesystems sei es, die weltweit bestehenden Unklarheiten über Gesundheitsrisiken zu beseitigen. „Wir möchten vor allem den Konsumentinnen und Konsumenten dabei helfen, faktenbasierte Entscheidungen über ihre Diät und andere Verhaltensweisen zu treffen, die ihre Gesundheit nachhaltig beeinträchtigen könnten“, erklärt Murray in einer Pressekonferenz. Das Ergebnis der umfangreichen Analysen präsentieren die Forscherinnen und Forscher derzeit im Fachjournal „Nature Medicine“.

Wenig Einigkeit bei rotem Fleisch

Bei fast zwei Drittel der 180 untersuchten Paare gab es zum Teil große Unstimmigkeiten unter den analysierten Studienergebnissen. Im Bewertungssystem der Forscherinnen und Forscher bekamen diese Zusammenhänge nur ein oder zwei von fünf möglichen Sternen.

Grafik zu Fleisch und Schlaganfall
IHME

Darunter war auch der Konsum von rotem Fleisch und das damit oft in Verbindung gebrachte Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Das internationale Forschungsteam fand unter allen analysierten Untersuchungen kaum Belege dafür, dass der Konsum von nicht weiterverarbeitetem rotem Fleisch das Schlaganfallrisiko erhöht. Dieser Zusammenhang wurde vom Forschungsteam daher mit nur einem Stern bewertet.

„Es hat sich gezeigt, dass die gesamte Beweislage zu rotem Fleisch und den damit verbundenen Gesundheitsrisiken schwach ist“, so Murray. Unter Berücksichtigung aller verfügbaren Daten konnten die Forscherinnen und Forscher dennoch bestimmen, dass sich mit dem Fleischkonsum das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, um bis zu sechs Prozent erhöht. Auch für Typ-2 Diabetes oder Herzprobleme steigt um ein Prozent. Diese geringen, aber belegten Zusammenhänge wurden mit zwei Sternen bewertet.

Weitere Untersuchungen nötig

Die wenigen Sterne würden jedenfalls nicht bedeuten, dass zu viel Fleischkonsum ungefährlich ist. „Wenn wir in unserem System vier oder fünf Sterne vergeben, heißt das, dass das Gesundheitsrisiko belegt ist und auch künftige Untersuchungen sehr wahrscheinlich nichts daran ändern“, erklärt der Physiker.

Bei einer 1-Stern-Bewertung, wie bei dem Zusammenhang zwischen rotem Fleisch und Schlaganfällen, gibt es laut Murray aber noch einige Unsicherheiten. Künftige Studien könnten demnach auch noch unbekannte und potenziell sogar gesundheitsfördernde Zusammenhänge aufdecken oder aber die Gesundheitsrisiken zusätzlich bestätigen.

Gemüsekonsum verringert Schlaganfallrisiko

Im Gegensatz zu rotem Fleisch sind die gesundheitlichen Auswirkungen einer gemüsereichen Diät besser bewiesen. Die Untersuchungen des internationalen Forschungsteams haben ergeben, dass der Verzehr von ausreichend Gemüse die Gefahr eines Schlaganfalls um 15 bis 50 Prozent verringern kann. Im Sterne-Bewertungssystem hat der Zusammenhang zwischen einem geringen Gemüsekonsum und einem erhöhten Schlaganfallrisiko drei von fünf Sternen.

Grafik zu Sternebewertung für Gemüse
IHME

Hohes Risiko: Rauchen und Blutdruck

Fünf von fünf Sternen vergab das Team um Murray nur für acht der 180 untersuchten Paare. Vor allem das Rauchen von Tabak fiel dabei negativ auf. Der Konsum von Zigaretten wurde in der Vergangenheit unter anderem mit der Gefahr in Verbindung gebracht, an Lungenkrebs zu erkranken. Laut dem internationalen Forschungsteam ist das auch umfangreich bewiesen. Der Verzicht auf Zigaretten kann das Lungenkrebsrisiko demnach um bis zu 85 Prozent verringern.

Mit fünf Sternen bewertete das Forschungsteam auch den Zusammenhang zwischen zu hohem Blutdruck und koronaren Herzkrankheiten. Ein niedrigerer Blutdruck könne demnach das Krankheitsrisiko um bis zu 85 Prozent senken.

Faktenbasierte Entscheidungen

Neben Konsumentinnen und Konsumenten soll das Bewertungssystem auch politischen Entscheidungsträgern und Wirtschaftsvertretern faktenbasierte Entscheidungen ermöglichen. Es könnte außerdem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu motivieren, noch offene Wissenslücken künftig zu schließen.

Die Arbeit von Murray und dem internationalen Forschungsteam ist daher noch nicht getan. Das Sterne-Bewertungssystem wird laufend aktualisiert und um zusätzliche Untersuchungen erweitert. Die Ergebnisse und weitere Informationen zu den Gesundheitsrisiken werden von der Universität von Washington auch online bereitgestellt.