Rektorin der TU Wien Sabine Seidler anl des Outdoor Pressefoyers der TU Wien zum Aktionstag wegen drohender Konsequenzen der aktuellen Finanzsituation für Universitäten, am Montag, 07. November 2022, in Wien.
APA/EVA MANHART
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Unibudget

TU-Rektorin warnt vor Zahlungsunfähigkeit

Die Technische Universität (TU) Wien steuert nach den Worten ihrer Rektorin Sabine Seidler auf die Zahlungsunfähigkeit zu. „Nicht weil wir über unsere Verhältnisse gelebt oder schlecht gewirtschaftet haben“, betonte Seidler anlässlich eines Protesttags an ihrer Uni bei einer Pressekonferenz.

„Die äußeren Rahmenbedingungen haben sich geändert“, verwies sie auf Inflation, steigende Energiepreise und anstehende Lohnerhöhungen.

Energie, Mieten, Personal

Mit dem von allen universitären Gruppen unterstützten Aktionstag soll auf die aktuelle Finanzsituation der Hochschule aufmerksam gemacht werden. Unter anderem wurden am Vormittag rund um die TU im Resselpark und Umgebung öffentliche Lehrveranstaltungen abgehalten, anschließend zog ein Demozug, an dem sich auch Studierende anderer Unis beteiligen wollten, zum Bildungsministerium. Als Vorsitzende der Universitätenkonferenz (uniko) hatte Sabine Seidler zuletzt aufgrund der Teuerung eine Aufstockung des Unibudgets um 1,2 Mrd. Euro bis 2024 gefordert, im Budget ist nur eine Erhöhung um 500 Mio. Euro vorgesehen.

Auf die TU kommen nach dieser Rechnung etwa wegen gestiegener Heiz- und Strompreise, Mietenerhöhungen, KV-Abschlüssen und höherer Kosten etwa für Kleingeräte Mehrkosten von rund 170 Mio. Euro zu, von denen durch das geplante Budgetplus nur rund 60 Mio. Euro abgedeckt sind. Allein die Zusatzaufwendungen im Energiebereich würden sich auf rund 90 Mio. Euro in den kommenden beiden Jahren summieren. „Können Sie sich die TU ohne Labors vorstellen?“, so Seidler.

Ministerium verweist auf laufende Gespräche

Zwar habe Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) zuletzt zugesichert, sich um zusätzliche Mittel zu bemühen, meinte Seidler. Aber: „Es geht nicht darum, sich zu bemühen, sondern Lösungen zu erarbeiten.“ Erneut forderte sie einen „Krisengipfel“. Unterstützung erhielt Seidler von ihrem designierten Nachfolger Jens Schneider (ab Oktober 2023) sowie Vertretern der Lehrenden und Studierenden.

Im Bildungsministerium verwies man auf APA-Anfrage auf die laufenden Gespräche mit der uniko. Änderungen beim anstehenden Budget schloss man dabei erneut aus. Gleichzeitig könnte es aber Entlastungen bei Ausgabenposten wie Miete oder Energie geben – außerdem beobachte man die Lohnverhandlungen und könne gegebenenfalls nach deren Abschluss reagieren.

Ausfall von Lehrveranstaltungen?

Der Vorsitzende der Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH) an der TU, Simon Los, befürchtete ohne zusätzliche Mittel eine Rückkehr ins Distance-Learning. Senatsvorsitzender Norbert Pfeifer wiederum warnte davor, dass die Nichtnachbesetzung von Stellen zum Ausfall von Lehrveranstaltungen bzw. zu Massenübungen statt Kleingruppen führen würde. Ohne Zusatzbudget werde es nur theoretische Lehre im Hörsaal geben, weil der Betrieb der Instrumente zu teuer werde. Viele für den Unibetrieb nötige Geräte würden sich auch nicht so ohne Weiteres vorübergehend abschalten lassen.

Proteste auch an anderen Unis

Unterstützt wird der Protest von der ÖH sowie zahlreichen Hochschüler_innenschaften bzw. Belegschaftsvertretern und -vertreterinnen an einzelnen Unis. Laut den Betriebsräten, mehreren Fakultätsvertretungen und dem Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) an der Linzer Johannes Kepler Universität (JKU) würden „selbst bei der vom Ministerium angebotenen inflationsbedingten Aufstockung momentan noch immer rund 17 Mio. Euro“ fehlen, um den regulären Betrieb aufrechterhalten zu können.

Man appelliere daher an Polaschek, „die fehlenden finanziellen Mittel sicherzustellen“. Während dem Institute of Digital Sciences Austria (IDSA), „einem politischen Prestigeprojekt ohne inhaltliches Fundament“, mehrere Millionen Euro aus der Ministerreserve zur Verfügung gestellt würden, müssten die öffentlichen Unis angesichts der Inflation und der gestiegenen Energiepreise „um jeden Euro kämpfen“.

Politische Reaktionen

Auch die SPÖ und NEOS üben Kritik am für sie zu geringen Hochschulbudget. „Dieses Hochschulbudget garantiert geradezu das Eintreten sämtlicher Horrorszenarien für die Universitäten“, meinte SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl. „Die Proteste der Universitäten sind ein weiterer Beweis dafür, wie zukunftsvergessen die Regierung Budgets erstellt – ohne an die kommenden Generationen zu denken“, so ihr NEOS-Pendant Martina Künsberg Sarre.