Ausgetrocknetes Land in Marokko
AFP – FADEL SENNA
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Weltklimakonferenz

Afrika: Die Haken der Klimahilfen

Nordamerika und Europa sind für den Großteil der Treibhausgase verantwortlich, die den Klimawandel verursachen. Ihre Bereitschaft, ärmere Länder zu unterstützen, war bisher aber gering. Afrika etwa benötigte mindestens 20 Mrd. Dollar pro Jahr allein für Anpassungsmaßnahmen. Die Klimahilfen liegen aber deutlich darunter – und haben einige Haken.

Waldbrände in Algerien, Dürre in Uganda, Stürme auf Madagaskar, Überschwemmungen in Südafrika: Jeder Teil des afrikanischen Kontinents war dieses Jahr bereits von extremen Wetterereignissen betroffen. Ereignisse, die aufgrund der Klimaerwärmung zukünftig häufiger auftreten werden. So hat der Klimawandel beispielsweise die lang anhaltende Trockenheit in Kapstadt von 2016 bis 2018 dreimal wahrscheinlicher gemacht.

Ein stark verwundbarer Kontinent

Was die Folgen der Klimaerwärmung betrifft, sei Afrika eine der verwundbarsten Weltregionen, sagt Klimaforscher Edmond Totin. Die Bevölkerung sei überproportional häufig in sehr klimasensiblen Sektoren beschäftigt. In Subsahara-Afrika arbeiten beispielsweise mehr als 60 Prozent in der Landwirtschaft. Sie sind auf regelmäßige Regenfälle angewiesen, denn nur fünf Prozent der landwirtschaftlichen Flächen Afrikas werden derzeit bewässert.

Das Bevölkerungswachstum erhöht zusätzlich den Druck auf die Ressourcen Boden und Wasser. Die zunehmende Urbanisierung, gerade in den Ballungszentren an der Küste, führt dazu, dass immer mehr Menschen Hitzewellen und steigenden Meeresspiegeln ausgesetzt sind. Schon jetzt bremst die Klimaerwärmung die wirtschaftliche Entwicklung des Kontinents. Das Produktivitätswachstum in der Landwirtschaft wurde dadurch seit den 1960er Jahren um 34 Prozent reduziert, berichtet Totin. „Die Maiserträge in Subsahara-Afrika gingen in den letzten dreißig Jahren um durchschnittlich rund sechs Prozent zurück.“

Gesundheitliche Folgen

Erst kürzlich forderten über 250 medizinische Fachjournale mehr Klimagerechtigkeit für Afrika. Der Kontinent sei nur für rund drei Prozent der Treibhausgasemissionen seit der Industrialisierung verantwortlich, jedoch stark von den verheerenden gesundheitlichen Auswirkungen der Klimakrise betroffen.

Wie diese Auswirkungen aussehen werden, zeigt der aktuelle IPCC-Bericht: Die Klimaerwärmung reduziert nicht nur die Weizen- und Maisproduktion, sondern auch die Fischbestände, die eine wichtige Proteinquelle sind. Die Folgen sind ein Mangel an Eisen, Vitamin A, Vitamin B12 und Omega-3-Fettsäuren für Millionen von Menschen. Die Zahl an Hitzetoten wird steigen, ebenso werden Durchfallerkrankungen und Infektionskrankheiten, wie beispielsweise Malaria, zunehmen.

Geringe Anpassungskapazitäten

„Afrika hat bereits heute große klimawandelbedingte Verluste und Schäden in vielen verschiedenen Sektoren“, sagt Totin, der als Leitautor am aktuellen IPCC-Bericht mitgearbeitet hat. Gleichzeitig sei die Anpassung schwierig. Es fehle an Geld und Infrastruktur. So könne man sich in Europa gegen Flut- oder Unwetterschäden versichern. Eine Absicherung, die in Afrika erst etabliert werden muss; ebenso wie Frühwarnsysteme. „65 Prozent der Wettervorhersagestationen in Afrika sind derzeit nicht in der Lage, genaue Daten zu sammeln.“

Strategische Klimahilfen

Um sich auf die Folgen der Klimaerwärmung vorzubereiten, brauche Afrika jährlich mindestens 20 Milliarden US-Dollar. Kosten, die umso höher ausfallen werden, je stärker sich die Erde erwärmt. Im Vergleich zum Bedarf fallen die aktuellen Klimahilfen viel zu gering aus und gehen noch dazu nicht an jene Länder, die sie am dringendsten benötigen, berichtet die Wirtschaftswissenschaftlerin Basak Bayramoglu, die am National Research Institute for Agriculture, Food and Environment in Paris forscht.

Es seien vor allem strategische Motive, die den Ausschlag geben, ob ein Land Klimahilfen bekommt oder nicht. „Die Industriestaaten geben mehr Hilfe an jene Länder, in die sie exportieren können“, sagt die Forscherin. Zudem fließen zwei Drittel des Geldes in den Klimaschutz und nur ein Drittel in die Anpassung. „Es besteht also eine große Diskrepanz zwischen dem Anpassungsbedarf der Empfängerländer und dem Erhalt von Anpassungshilfen.“

Falsch deklariert

Arme Länder brauchen Finanzhilfen in Form von Zuschüssen oder zinsgünstigen Krediten, sagt die Ökonomin. Ein Fünftel der bilateralen Klimahilfen seien jedoch Kredite mit Marktzinsen. Bei multilateralen Hilfszahlungen seien es sogar drei Viertel.

Gemeinsam mit Kollegen hat die Forscherin einzelne Entwicklungshilfsprojekte analysiert, die als Klimahilfen-Projekte deklariert wurden. Hat ein Projekt einen starken Klimabezug, kann es vom Geberland als Klimahilfe deklariert werden, erklärt Basak Bayramoglu. Die Analyse zeigt jedoch, rund die Hälfte der als Klimahilfsprojekte deklarierten Projekte, hatte gar keine klare Verknüpfung zu Klimaschutzmaßnahmen oder Klimaanpassungsmaßnahmen. Die Erklärung des Geberlandes war also falsch.

Es brauche eine unabhängige Stelle, die die Deklarierung der Geberländer überprüfe, so Bayramoglu. Die unzureichenden und falsch deklarierten Klimahilfen seien ein schon lange bekanntes Problem, das seit Jahren nicht gelöst werden konnte.

Nur ein Bruchteil fließt nach Afrika

In den Jahren 2016 bis 2018 flossen nur 17 Prozent der privat aufgebrachten Klimafinanzmittel nach Afrika. Zudem ist die Auszahlungsquote in Afrika geringer als im globalen Schnitt. Es wird mehr Geld zugesagt, als schließlich fließt, was auf Kapazitätsprobleme bei der Umsetzung klimabezogener Projekte hindeutet.

Ähnliches gilt für die Klimaforschung: Nur rund vier Prozent der globalen Klimaforschungsfinanzierung gingen in die Forschung zu Afrika. Zudem sind es vor allem die Forschungseinrichtungen in den USA und Großbritannien, die in den letzten 30 Jahren Geld dafür bekommen haben. Betrachtet man die Länder, die im Fokus dieser Forschung stehen, könne man ein Muster erkennen, sagt Totin. „Mit Südafrika, Kenia, Äthiopien und Ghana werden vor allem englischsprachige Länder beforscht.“