Ein Bub im mit Plastik verunruhigten Meer vor Jakarta
AFP – BAY ISMOYO
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Umverteilung

Globaler Sozialpakt: Ausweg aus Klimakrise

Armut bekämpfen und zugleich Klima und Umwelt schützen schließen einander laut einer neuen Studie nicht aus. Sie hat berechnet, was geschehen würde, wenn das ärmste Drittel der Welt zumindest Grundbedürfnisse decken könnte. Umwelt und Klima würden dadurch zusätzlich belastet – ein globaler Sozialpakt und eine ebensolche Umverteilung seien deshalb Schlüssel für den Ausweg.

Viele halten die wachsende Weltbevölkerung – in Kürze dürfte die Acht-Milliarden-Menschen-Grenze überschritten werden – für das Hauptproblem, was die Zukunft des Planeten Erde betrifft. Umgekehrt glauben auch viele, dass die weltweite Armut bekämpft werden kann, ohne Ressourcen umzuverteilen und Gesellschaften zu verändern. Gegen beide Argumentationen richtet sich die neue Studie, die soeben im Fachjournal „Nature Sustainability“ veröffentlicht wurde.

Entwicklung wirkt sich auf Umwelt aus

Ein internationales Forschungsteam, dem auch Fachleute vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien und vom Wegener Center for Climate and Global Change der Universität Graz angehörten, hat dabei folgende Frage untersucht: Wie hoch wäre der zusätzliche Druck auf Umwelt und Klima im Jahr 2018 gewesen, wenn alle Menschen weltweit einen – zuvor definierten – „gerechten Zugang“ zu Nahrung, Wasser, Energie, Infrastruktur und Mobilität gehabt hätten?

Ergebnis: Der Ausstoß von Treibhausgasen wäre – je nach Entwicklungsniveau – zwischen 15 und 26 Prozent höher gewesen. Die Wasser- und Bodennutzung sowie die Nährstoffbelastung in Gewässern hätten um zwei bis fünf Prozent zugenommen.

Reiche sind verantwortlich

„Den Armen ein würdiges Leben zu verschaffen, hätte die Erde also weiter an ihre Grenzen gebracht“, sagt Crelis Rammelt, Umweltwissenschaftler von der Universität Amsterdam und Studienhauptautor. „Es sind aber die Reichen, die den Großteil der Ressourcen beanspruchen, nicht die Armen.“

In Zahlen ausgedrückt: Wenn das ärmste Drittel der Weltbevölkerung einen gerechten Zugang zu natürlichen Ressourcen bekäme, hätte das den gleichen Einfluss auf die Umwelt wie das aktuelle Verhalten der ein bis vier Prozent Reichsten. Umgelegt auf den klimarelevanten CO2-Ausstoß zeigen sich massive Unterschiede: Im Jahr 2015 waren die reichsten zehn Prozent der Erdbevölkerung für rund 34 Prozent des Ausstoßes verantwortlich. Auf die ärmsten 50 Prozent hingegen entfielen nur 15 Prozent der Emissionen.

“Globaler Sozialpakt nötig“

Die logische Konsequenz: Es müssen die Reichen etwas an ihrem Verbrauch ändern. „Wir brauchen einen neuen globalen Sozialpakt, um das Wohlergehen aller auf dem Planeten Erde neu zu verhandeln“, fordert Ilona Otto, Ressourcen-Ökonomin an der Uni Graz und eine der Studienautorinnen. „Die Wohlhabenden, die sich den Großteil der Ressourcen und Ökosysteme der Erde aneignen, müssen einen tiefgreifenden Wandel vollziehen, damit soziale und ökologische Ziele erreicht werden können.“

Die Studienautoren und -autorinnen sind Mitglieder der Earth Commission, eines internationalen Teams von Fachleuten mit dem Auftrag, Auswege aus der Klimakrise zu finden. Dahinter steht das internationale Forschungsprogramm „Future Earth“.