Technologie

Mit Pilzhaut zu nachhaltiger Elektronik

Die Haut eines Pilzes, des Glänzenden Lackporlings, nutzt ein Forschungsteam der Universität Linz neuerdings als Trägersubstanz von Elektronikbauteilen. Die Pilzhaut diene als „geniale Barriere“ und sei ein Schritt in Richtung nachhaltigere Elektronik.

Im Grunde sei der im Fachjournal „Science Advances“ beschriebene Ansatz eine „mehr oder weniger zufällige Entdeckung“ gewesen – „wie so oft in der Wissenschaft“, so Martin Kaltenbrunner von der Abteilung Physik der Weichen Materie der Uni Linz gegenüber der APA. Das Thema Pilze sei schon seit einiger Zeit im Fokus des Instituts, allerdings in anderen Zusammenhängen, wie etwa der Nutzung von Myzelium-Materialien als Styropor-Alternative zur Isolation in der Bauwirtschaft.

In der neuen Studie sah sich das Team um Erstautorin Doris Danninger und Studien Erstautor Roland Pruckner Pilze auch durch die Brille der nachhaltigen Elektronik an. Dabei stellten die Forscherinnen und Forscher fest, dass der Glänzende Lackporling an der Oberfläche seines Nährmediums eine geschlossene Myzelium-Haut ausbildet, um sich vor Krankheitserregern oder anderen Pilzen zu schützen, so Kaltenbrunner. Diese Haut entpuppte sich als leicht abnehm- und weiterverarbeitbar. Es handle sich um eine „geniale Barriere“.

Möglicher Ersatz für Polymere

Die Pilzhaut sei für die Vorhaben der Wissenschaftler sogar direkt verwendbar und müsse nur getrocknet werden. Man könne die Haut zum Beispiel als flexible Leiterplatte verwenden, „um dann Elektronik darauf zu fertigen“. Es gebe zwar schon seit längerem Elektronik beispielsweise auf Papier. Die Herstellung des Zellstoffes ist aber energieintensiv und „nicht wirklich nachhaltig. Unsere Pilzhäute brauchen nur Abfallholz und wachsen darauf“, so Kaltenbrunner.

Durch seine Eigenschaften, wie Robustheit, Flexibilität oder Hitzebeständigkeit könnte das Material zum Ersatz für Polymere werden, die aktuell bei flexiblen Elektronikbauteilen zum Einsatz kommen. Für jede Art von Leiterplatten gelte, dass es sich um Verbundmaterialien handelt, die sich in der Regel nicht wieder bzw. nur sehr schwer auftrennen, recyceln oder abbauen lassen, erklärte Kaltenbrunner. Die biologisch abbaubare Pilzhaut entpuppe sich nun als echte Alternative.

Hitzebeständig bis zu 250 Grad

Die Linzer Forscherinnen und Forscher denken im ersten Schritt an Anwendungen am Körper etwa in der Medizintechnik, wo solche Bauteile vor allem über Zeiträume von bis zu einem Jahr funktionieren müssen. „Wir haben jetzt zum Beispiel Annäherungs- oder Feuchtesensoren gemacht – das funktioniert auch gut.“ Das wurde realisiert, indem „relativ konventionelle Elektronikchips“ auf den Myzelium-Träger aufgelötet wurden, so der Wissenschaftler.

Die Pilzhaut sei auch erstaunlich hitzebeständig – eine wichtige Voraussetzung, um Schaltkreise zu bauen. Temperaturen von bis 250 Grad Celsius könnten ihr nichts anhaben. Das Material sei zudem attraktiv, um daraus neuartige Batterien zu entwickeln, die hauptsächlich aus Myzelium bestehen, und somit Elektronik kabellos betreiben können. Erste Ansätze verfolgen die Wissenschaftler bereits.

In der Folge versuche man nun, die Eigenschaften der aus Pilzhaut gebildeten Membran an die jeweiligen Anwendungsideen anzupassen. Ein Schlüssel liege im noch homogeneren Aufbau der natürlich gewachsenen Struktur. Dann könnte sich auch Elektronik daraufsetzen lassen, die ebenso wie ihr Trägermaterial biologisch abbaubar ist. Kaltenbrunner: „Das wäre dann der nächste Schritt, für den die Oberfläche noch glatter sein muss.“