Werkstoffe

Dünne Keramikschichten ermüden nicht

Sehr dünne Schichten aus Keramik, mit denen stark beanspruchte Bauteile wie etwa Turbinenschaufeln überzogen werden, verschleißen ganz anders als die Materialien, die sie schützen sollen. Selbst bei vielfacher Belastung zeigen sie laut einer neuen Studie keine Ermüdungserscheinungen, über einer bestimmten Schwelle brechen sie allerdings.

Mit nur wenige Nanometer dünnen Keramikbeschichtungen schützt man Werkzeuge oder Bauteile, die besonders starken Belastungen ausgesetzt sind, heißt es in einer Aussendung der Technischen Universität (TU) Wien zu der im Fachblatt "Acta Materialia“ erschienenen Arbeit

„Wenn man Bauteile aus Metall immer und immer wieder einer bestimmten Kraft aussetzt, dann kommt es auf mikroskopischer Skala zu Veränderungen“, so Helmut Riedl, einer der Hauptautoren der Arbeit. Dabei wandern Atome an andere Stellen im Material. Dann können Schichten, die aneinander vorbeigleiten, ebenso entstehen wie kleinste Risse, die letztlich zum Bruch großer Teile führen können – das Material ermüdet also auf eine recht gut vorhersagbare Art und Weise.

Keine Veränderung bei Belastung

Die Wiener Forschungsgruppe verzichtete nun auf Metalle als Trägermaterialien, stellte nur die dünnen Keramikschichten her, und testete diese isoliert von dem Material, das sie im Normalfall ummanteln. Sie setzten sie verschiedensten mechanischen Belastungen mitunter mehrere Millionen Mal aus. Was das mit der Feinstruktur der Schichten angestellt hat, untersuchten sie dann mit deutschen Kollegen am Deutschen-Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg. Dort lässt sich mittels Röntgenstrahlen sehr detailliert in das Material blicken.

Dabei wurde zur Überraschung des Teams deutlich, dass selbst die millionenfachen Belastungen die Keramikoberflächen praktisch nicht verändert haben. „Standardkeramiken würden nach bestimmten Mustern ermüden, ähnlich wie man das auch von Metallen kennt. Aber diese extrem dünnen Schichten, die wir mit unserer Technik untersuchen können, zeigen dieses Verhalten nicht“, so Riedl. Übersteigt die Spitzenbelastung aber einen bestimmten neuralgischen Wert, kommt es zur abrupten Zerstörung der Schicht.

Langzeittests nicht nötig

Dass quasi nur solche Belastungsspitzen wirklich einen Unterschied machen, habe handfeste Auswirkungen für die Analyse, die Suche nach und die Weiterentwicklung der Materialien: Demnach könne man künftig auf Langzeittests verzichten, „es genügt, durch einen simplen Belastungstest herauszufinden, welches Material bei welcher Krafteinwirkung zu Bruch geht. Man muss sich keine Gedanken darüber machen, wie sich eventuell Ermüdungseffekte im Material lindern lassen, man muss bloß Materialien mit möglichst hoher Bruchzähigkeit finden.“ Ein solches haben die Forscher mit einer bestimmte Form von Chromdiborid auch bereits an der Hand.