Eine brennende Zigarette
APA/HERBERT NEUBAUER
APA/HERBERT NEUBAUER
Rauchen

Auch Ruß fördert Krebswachstum

Neben den krebserregenden Stoffen im Tabak ist auch der beim Rauchen eingeatmete Ruß ein Problem für die Gesundheit. Denn dieser verändert bestimmte Immunzellen in der Lunge so stark, dass sie sich nicht mehr gegen die Krebszellen wehren können, wie nun ein US-Forschungsteam herausfand.

Beim Verbrennen von organischen Stoffen entstehen ultrafeine Rußpartikel, die in die Luft abgegeben werden. Vor allem Raucherinnen und Raucher atmen diese in großen Mengen ein. Laut einem US-amerikanischen Forschungsteam um die Pulmologin Farrah Kheradmand vom texanischen Baylor College of Medicine können die Rußpartikel Lungenkrebs zwar nicht direkt verursachen, dessen Entstehung wird durch eine zu hohe Belastung aber deutlich beschleunigt.

Die Forscherinnen und Forscher untersuchten die Auswirkungen von ultrafeinen Rußpartikeln in der Lunge auf Zellebene. „Lange war es in der Wissenschaft gar nicht bekannt, dass sich der Ruß in den Zellen der Lunge ansammelt, oder er wurde in den Studien einfach nicht berücksichtigt, da man sich eher auf die bekannten krebserregenden Stoffe konzentriert hat“, so Kheramand gegenüber science.ORF.at.

Fehlender Widerstand gegen Krebszellen

Schon im Jahr 2015 fand ein Forschungsteam um Kheradmand heraus, dass die Rußpartikel in der Lunge Zellwände durchdringen und das darin enthaltene Erbgut beschädigen können. In großen Mengen kann das sogar zu einem Lungenemphysem, also einer irreversiblen Überblähung der Lungenbläschen führen.

Dass zu viel Ruß in der Lunge außerdem die Entstehung von Lungenkrebs beschleunigen kann, belegt das Forschungsteam nun in einer aktuellen Studie im Fachjournal „Science Advances“. Der Ruß selbst ist demnach zwar nicht direkt krebserregend, aber er sammelt sich in den Immunzellen der Lunge, schwächt das körpereigene Abwehrsystem und beschleunigt so die Entstehung von Lungenkrebs.

Beschleunigte Entstehung von Lungenkrebs

Zu dieser Erkenntnis kamen die Forscherinnen und Forscher im Labor, indem sie genetisch präparierten Mäusen jene Rußpartikelmenge zuführten, die auch in den Lungen von starken Rauchern zu finden ist. „Wir haben uns dabei an der Rußmenge orientiert, die eine Person nach dem jahrzehntelangen Konsum von rund zwei Zigarettenpäckchen pro Tag aufweist“, so Kheradmand.

Den speziell präparierten Mäusen fehlten zwei Gene, die für die Abwehr von Krebszellen wichtig sind. Dass die Tiere an Krebs erkranken, war also genetisch ohnehin vorgegeben. „Einhundert Prozent dieser Mäuse entwickeln Krebs – in unserem Fall Lungenkrebs – nach rund sieben bis neun Monaten“, erklärt Kheradmand. Wenn die Tiere aber außerdem noch mit den ultrafeinen Rußpartikeln versorgt wurden, entwickelte sich der Krebs schon nach nur etwa vier Monaten. „Das war für uns der eindeutige Beweis dafür, dass Rußpartikel die Entstehung von Lungenkrebs beschleunigen“, so die Pulmologin.

Zellen voller Rußpartikel

Die Forscherinnen und Forscher verglichen die Lungen der Labortiere anschließend mit Mäusen, deren Genetik vor dem Experiment nicht verändert wurde. Diese Mäuse entwickelten zwar keinen Krebs, dennoch war das Untersuchungsergebnis für das Forschungsteam eine Überraschung. „Die Lungenzellen der eigentlich gesunden Tiere sahen fast genauso aus wie die Zellen der Mäuse mit Krebs“, so Kheradmand. In den Lungen beider Gruppen hatten sich viele Rußpartikel angesammelt, vor allem in den als Makrophagen bekannten Immunzellen. Ein Beweis dafür, dass sich der Ruß nicht auf die Krebszellen direkt, sondern in erster Linie auf andere wichtige Zellen in der Lunge auswirkt.

Konkret ergab die Untersuchung, dass die ultrafeinen Rußpartikel die Funktion bestimmter antigenpräsentierender Zellen verändern, die normalerweise eine zelluläre Immunantwort auf Krankheitserreger einleiten. Auch ihre Fähigkeit, Sauerstoff zu verarbeiten, wird geschwächt. Die Produktion von Glykose und Lactose in den Zellen wird durch den Ruß hingegen angeregt, was in weiterer Folge zu einer Immunsuppression, also dem Unterdrücken des körpereigenen Abwehrsystems, führt. Die Widerstandsfähigkeit gegen Krebszellen schwindet, die potenzielle Entstehung von Lungenkrebs wird beschleunigt.

Rußpartikel bleiben ein Leben lang in der Lunge

Die in den Lungenzellen angesammelten Rußpartikel werden laut Kheradmand außerdem nicht wieder abgebaut. „Wenn man lange ein starker Raucher war, werden die Rußpartikel in der Lunge wahrscheinlich das ganze Leben lang erhalten bleiben“, so die Pulmologin. Ein Rauchstopp sei aus gesundheitlicher Sicht aber dennoch jederzeit sinnvoll, da dadurch zumindest die Anhäufung der Rußpartikel gestoppt wird.

Vor allem jungen Menschen rät die Expertin daher, gar nicht erst mit dem Rauchen anzufangen oder so bald wie möglich wieder aufzuhören. Nur so lasse sich im späteren Leben eine zu hohe Rußkonzentration in den Immunzellen der Lunge vermeiden.

Kontakt auch für Nichtraucher kaum vermeidbar

Dass sich die ultrafeinen Rußpartikel so stark auf das Immunsystem auswirken, sieht Kheradmand als Problem, das nicht nur Raucherinnen und Raucher betrifft. Vor allem deshalb, weil der Ruß nicht nur von Zigarettenrauch stammt. „Jedes organische Material, das verbrannt wird, setzt solche Rußpartikel frei, egal ob verbrannter Tabak oder zum Beispiel ein Waldbrand. Auch in der Industrie selbst kommen die Teilchen oft direkt zum Einsatz, etwa bei schwarzer Farbe“, so die Pulmologin.

Kontakt mit den Rußpartikeln sei demnach auch für Nichtraucherinnen und Nichtraucher kaum zu vermeiden: „Wir haben mit der Rußpartikelmenge von starken Rauchern gearbeitet, um eindeutige Ergebnisse in unseren Experimenten zu erhalten. Zu klären, wie stark die Effekte hingegen bei einer geringeren Belastung sind, bedarf weiteren Untersuchungen.“. In künftigen Studien müsse also erst noch genau erforscht werden, welche Rußpartikelmenge tatsächlich zu den zellulären Veränderungen in der Lunge führen kann.