Regenbogen über Windrädern
APA/dpa/Christian Charisius
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„Mutter Erde“

Vertrauen in Klimapolitik nimmt ab

Die Österreicherinnen und Österreicher interessieren sich für Klimaschutz, wissen zu wenig über das Thema, sind aber bereit, sich klimafreundlicher zu verhalten – zu diesem Ergebnis kommt die Klimastudie 2022 der Umweltinitiative „Mutter Erde“. Die Befragung zeigt auch: Das Vertrauen in die Politik, wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu treffen, ist gering.

Was den Klimaschutz betrifft, gibt es hierzulande Aufholbedarf. Im europäischen Vergleich landet Österreich im schlechten Mittelfeld, die heimische Klimapolitik erhielt vor Kurzem das Prädikat „mäßig“ (science.ORF.at hat berichtet). Das scheint sich in der Haltung der Bevölkerung niederzuschlagen, wie die aktuelle Klimastudie der Initiative „Mutter Erde“, ein Zusammenschluss von ORF und führenden Umweltorganisationen, zeigt. Mehr als zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher gehen nicht davon aus, dass die Politik die notwendigen Maßnahmen setzen wird, um die Klimakrise zu bremsen.

Vertrauen nimmt ab, Pessimismus zu

2020 wurde die Klimastudie von „Mutter Erde“ zum ersten Mal durchgeführt. Zwei Jahre später ist die Skepsis gewachsen. Betrachteten 2020 noch 61 Prozent der Bevölkerung die heimische Klimapolitik skeptisch, sind es jetzt 68 Prozent. Und der Optimismus hat gleichzeitig abgenommen: Blickten 2020 noch sieben von zehn Personen positiv in die Zukunft, sind es aktuell nur mehr vier von zehn, sagt Herwig Schuster von Greenpeace Österreich.

„Die Österreicherinnen und Österreicher sind auch weniger zuversichtlich, dass die Klimakrise noch gelöst werden kann“, so Schuster. Er sieht in dieser Entwicklung ein Warnsignal für die Politik, endlich aktiv werden zu müssen. Zumindest das Interesse der Bevölkerung an Klimafragen ist groß: Vor allem die unter 30-Jährigen und die über 50-Jährigen interessierten sich besonders für das Thema, sagt Anita Malli, Geschäftsführerin von „Mutter Erde“. „74 Prozent geben an, dass sie sich für das Thema Klimaerwärmung interessieren und ungefähr ein Drittel sogar sehr stark“, so Malli.

Nachholbedarf bei Klimawissen

Das Interesse ist also groß, den eigenen Wissensstand zu Klimaschutz und Klimakrise schätzen die meisten jedoch eher schlecht ein: Nur 15 Prozent geben an, gut informiert zu sein. 13 Prozent sagen, nichts zu wissen. In der Mitte der Gesellschaft gebe es also eine breite Mehrheit, etwa 70 Prozent, die sich mittelmäßig informiert fühlten, erklärt Malli. In der Wissensvermittlung gebe es folglich großen Nachholbedarf.

„Sechs von zehn Personen wissen nicht, was erfolgreiche Klimaschutzmaßnahmen überhaupt sind und welche Folgen die Klimakrise auf das Leben in Österreich haben wird“, sagt Malli. Nicht nur Journalismus und Wissenschaft sollten das zum Anlass nehmen, über mehr und bessere Angebote in der Wissensvermittlung nachzudenken. Auch die Politik sei gefragt, von den Gemeinden bis zum Bundespräsidenten.

Klimaschutz wird unterstützt

Trotz der Wissenslücken geben fast 90 Prozent der Menschen an, Maßnahmen gegen die Klimakrise sinnvoll und notwendig zu finden. Gut 60 Prozent würden etwa verpflichtende Energiesparmaßnahmen unterstützen. Noch mehr befürworten den Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder der Solarstromgewinnung. Geht es um die Verantwortung, sehen die Befragten Wirtschaft und Industrie in der Pflicht, gefolgt von der Politik. Und immerhin 80 Prozent geben an, sich zukünftig klimafreundlicher verhalten zu wollen. Hierbei dürfte in Zeiten von Flugscham und dem Trend zu nachhaltigem Konsum auch soziale Erwünschtheit eine Rolle spielen.

Für Schuster ergibt sich aus der Klimastudie 2022 jedenfalls klar ein Auftrag an die österreichische Bundesregierung, zu handeln. Es brauche ein neues und wirksames Klimaschutzgesetz. Im Jahr 2020 lief das alte Gesetz, das die Treibhausgasbudgets pro Jahr festgelegt hatte, aus. Seither wartet Österreich auf eine Neuregelung.