Pakistan, Überflutung, Überschwemmung, Regenfälle
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Höhere Zahlungen für Globalen Süden nötig

Auf der Klimakonferenz COP27 in Ägypten wird darum gerungen, wie ein finanzieller Ausgleich zwischen dem reicheren Globalen Norden und dem ärmeren Süden aussehen kann. Laut einer neuen Analyse sind dafür weit mehr als die im Raum stehenden Zahlungen in der Höhe von 100 Mrd. Dollar (rund 96 Mrd. Euro) jährlich notwendig.

Laut den Berechnungen des Teams unter der Leitung von Forschern vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien müssten sich die Finanzflüsse aus Nordamerika und Europa in Richtung anderer Regionen der Erde gegenüber den aktuellen Unterstützungen „substanziell erhöhen“, um die Pariser Klimaziele erreichen zu können, schreiben sie in der Arbeit, die im Fachjournal „Science“ veröffentlicht wurde.

Abseits von etwaigen Ausgleichszahlungen wurden in den Jahren 2019 und 2020 geschätzt jeweils rund 630 Milliarden Dollar in Aktivitäten investiert, die mit dem Versuch der Eindämmung des Temperaturanstieges in Zusammenhang stehen.

Im aktuellsten Bericht des Weltklimarates (IPCC) hieß es, dass sich diese Investitionen bis zum Jahr 2030 vervielfachen müssten, um die gefährlichsten Auswirkungen des Klimawandels in Zaum zu halten. Die Mittel dafür seien angesichts geschätzter 2,4 Billionen Dollar jährlich, die in die weltweiten Energiesysteme fließen, jedenfalls da, konstatieren die Wissenschaftler, denen auch der Leiter des IIASA-Energieprogrammes, Keywan Riahi, angehört.

Bis zu 1,6 Billionen Dollar pro Jahr

Damit die Anstrengungen tatsächlich zur Senkung der Emissionen führen können und die Lasten und Pflichten einigermaßen fair verteilt sind, gehen Expertinnen und Experten davon aus, dass es große Geldflüsse zwischen den reicheren und ärmeren Weltregionen brauchen wird. Hier sollte bedacht werden, dass die Industrieländer in ihrer historischen wirtschaftlichen Entwicklung vom ungehemmten Verbrennen fossiler Energieträger profitiert haben, was auch auf Kosten von Ländern ging, die sehr niedrige Emissionen an den Tag legten und legen.

Die Forscher berücksichtigen in ihren Szenarien zur Klimafairness daher einmal die geschätzten CO2-Emissionen der Länder durch Verbrennen fossiler Energieträger ab dem Jahr 1850 und zum anderen ab dem Jahr 1990. Sie kommen in ihren Berechnungen ausgehend vom kaufkraftbereinigten Niveau des Jahres 2015 auf jährlich notwendige Geldflüsse vom Globalen Norden in Richtung Süden zwischen 248 Milliarden und knapp 1,6 Billionen Dollar im Zeitraum zwischen 2020 und 2030.

Etwas weniger breit wurde diese Spanne, wenn die Wissenschaftler nur die historischen Emissionen ab dem Jahr 1990 in ihre Berechnungen zur Fairness einfließen ließen. Da in dieser Epoche auch bereits viele Schwellen- und Entwicklungsländer ihren Ausstoß gesteigert haben, fällt die Rechnung unter diesem Bedingungen etwas schmeichelhafter für die Industriestaaten aus: Dementsprechend müssten vom Norden aber immer noch zwischen 250 und 570 Mrd. Dollar pro Jahr für Klimawandeleindämmungsmaßnahmen in Richtung Süden fließen.

Aktuelles Versprechen „problematisch“

Aus diesem Befund heraus erscheine das aktuelle Versprechen der Industrieländer, den mitunter stark von den Klimawandelauswirkungen betroffenen Staaten jährlich 100 Mrd. Dollar zum Erreichen der Klimaziele von Paris zur Verfügung zu stellen „problematisch“, heißt es in der Arbeit, in der die Wissenschaftler auch auf ein eigens entwickeltes Onlinetool verweisen, das Berechnungen auf Basis der Studie erlaubt.

Die Forscher wollen ihre Analyse als Beitrag zur Klimapolitik und zu Klimaverhandlungen verstanden wissen. Um den Finanzaustausch in einem derartigen Ausmaß sinnvoll zu organisieren, brauche es jedenfalls künftig klare institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen.

Einige Technologien, die den Ausstoß verringern könnten, befänden sich gerade in den Startlöchern und könnten ausgebaut werden. „Wenn wir sie in der für die Klimaziele erforderlichen Geschwindigkeit anwenden wollen, müssen wir sicherstellen, dass sie auch in ärmeren Regionen der Welt in großem Umfang eingesetzt werden“, so einer der Koautoren der Studie, Christoph Bertram, vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in Deutschland in einer Aussendung.