Französische Künstler, die sich aneinander gekettet haben
AFP – NICOLAS TUCAT
AFP – NICOLAS TUCAT
Universitäten

Prekär Beschäftigte protestieren

Die gegenwärtige Finanzierungskrise, bedingt durch Inflation und steigende Energiekosten, bekommen gerade jüngere Forschende zu spüren: Sie haben Großteils befristete Verträge, nun soll es einen Verlängerungsstopp geben. Sie wollen heute Abend bei einer Protestveranstaltung auf ihre prekären Arbeitsverhältnisse aufmerksam machen.

Allein die Technische Universität rechnet aktuell mit einem Mehraufwand von 175 Millionen Euro – eine Summe, die durch die mit dem Wissenschaftsministerium verhandelten Budgets nicht gedeckt ist. Dort hat man bereits angekündigt, nur mehr die nötigsten Stellen nachzubesetzen. An der Universität gibt es bereits einen kompletten Personalaufnahmestopp.

Befristungen und Kettenverträge

Das trifft vor allem Forschende, die an den Unis prekär beschäftigt sind. Der Großteil der wissenschaftlichen Mitarbeiter hat befristete Verträge, die ein bis zwei Jahre laufen. Die Stellen werden oft über Forschungsprojekte, also Drittmittel finanziert. Dann müssen sich die Forschenden um eine Verlängerung bemühen. Nach acht Jahren ist Schluss – seit der Novelle des Universitätsgesetzes 2021 darf es nach diesem Zeitraum an einer Universität keinen weiteren Kettenvertrag geben.

Die Forschenden seien gezwungen, die Universität zu wechseln, ins Ausland zu gehen oder die Wissenschaft zu verlassen, sagt Stephan Pühringer, Ökonom an der Universität Linz und Mitgründer des Netzwerks Unterbau Wissenschaft. Viele könnten sich das nicht leisten. „Sei das wegen Kinderbetreuungspflichten, oder weil Menschen aus irgendeinem Grund geographisch nicht so mobil sind oder weil sie Teilzeit 20 Stunden beschäftigt sind, aber implizit immer gefordert wird, Vollzeit arbeiten zu müssen“, so Pühringer.

80 Prozent des Mittelbaus prekär

Dabei handelt es sich nicht um ein Randphänomen: 80 Prozent des akademischen Mittelbaus, also aller wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Universitäten, haben solche befristeten Verträge. Österreichweit sind das rund 34.000 Beschäftigte. „Nimmt man hier noch die Professuren raus, sind wir bei 90 Prozent des Mittelbaus, die mit befristeten Verträgen angestellt sind“, sagt Pühringer. Das bedeute, dass die Universitäten alle acht Jahre einen großen Teil ihrer Beschäftigten austauschten. Das schade auch dem Wissenschaftsstandort Österreich, so der Wirtschaftswissenschaftler weiter.

Stefan Pühringer hat gemeinsam mit anderen Forscherinnen und Lektoren das Netzwerk Unterbau Wissenschaft gegründet, das sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine Demokratisierung der österreichischen Universitäten einsetzt. In den Senaten und Kommissionen der Unis sind diese prekär Beschäftigten stark unterrepräsentiert. Ihnen fehle schlicht die Zeit, solche Aufgaben zu übernehmen. Der Druck, zu publizieren, um eine Vertragsverlängerung zu bekommen, sei zu groß. „Auch in meinem Fall ist es so, dass mein Vertrag an der Universität Linz kürzer läuft als meine Periode im Senat“, erklärt Pühringer. Das sei eigentlich kein Anreiz, sich zu engagieren.

Protest bei Vollversammlung

Wegen der gegenwärtigen Finanzierungskrise haben einige Unis bereits einen Nachbesetzungs- und Aufnahmestopp angekündigt. Auch deswegen lädt das Netzwerk Unterbau Wissenschaft am Donnerstag zu einer Vollversammlung in Wien. Sie fordern ein Ende der Kettenvertragsregelung und die Gültigkeit des allgemeinen Arbeitsrechts auch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an österreichischen Universitäten, mehr unbefristete Stellen und mehr Mitsprache für befristet angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.