Autostau
APA/dpa/Sina Schuldt
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Luftverschmutzung

Schon etwas weniger Feinstaub verhindert Todesfälle

Millionen vorzeitige Todesfälle gehen auf das Konto von Feinstaub. Wie eine Studie aus Kanada nun berechnet hat, könnten dort in einem Zeitraum von zehn Jahren Tausende Todesfälle verhindert werden, wenn die Belastung nur um zehn Prozent geringer wäre.

Luftverschmutzung ist laut einer heuer im Fachmagazin „The Lancet“ erschienenen Studie weltweit für etwa 6,5 Millionen vorzeitige Todesfälle verantwortlich. Wie die EU-Umweltagentur erst vor wenigen Tagen berichtete, sind auch in der EU im Jahr 2020 durch Feinstaub 240.000 Menschen frühzeitig verstorben. Die feinen Partikeln gelangen in die Lungenbläschen und in die Blutbahn. Unter anderem belastet das die Atemwege, schadet dem Herz-Kreislauf-System und kann zu Entzündungen führen. Hauptquellen für Feinstaub sind die Landwirtschaft, Kraftwerke, Verkehr, Industrie und Hausbrand.

Der EU-Bericht zeigt aber auch, dass die Zahl der vorzeitigen Todesfälle seit 2005 um 45 Prozent zurückgegangen ist, weil die Feinstaubbelastung gesunken ist. Dass schon eine geringe Reduktion der kleinen Partikeln viele Todesfälle verhindern kann, ergaben auch aktuelle Berechnungen kanadischer Forscher und Forscherinnen, die soeben im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ erschienen sind.

Unterschiedliche Szenarien

Grundlage waren Daten von 2,7 Millionen Erwachsenen aus ganz Kanada (Canadian Census Health and Environment Cohort), die zwischen 2007 und 2016 erfasst wurden. Außerdem verwendete das Team um Hong Chen von der University of Toronto Satellitendaten zu Feinstaub und modellierte den Transport der Partikeln. Für jeden Teilnehmer und jede Teilnehmerin wurde auf dieser Basis geschätzt, mit wie viel Feinstaub aus welchen Quellen er oder sie im Studienzeitraum konfrontiert war. Anschließend hat das Team unterschiedliche Szenarien zur Reduktion der Partikel aus den unterschiedlichen Quellen durchgerechnet.

710 Todesfälle verhindert

Wie Hong Chen und Co. in der Studie berichten, hätte schon eine geringe Feinstaubreduktion die Sterblichkeit in dem untersuchten Jahrzehnt spürbar gesenkt: Hätte man etwa die Partikeln aus dem Verkehr – in Kanada der größte Verursacher – nur um ein Zehntel pro Jahr gesenkt, hätte es etwa 175 Tote – gerechnet auf eine Million – weniger gegeben. Bei Kraftwerken – der fünftgrößte Verursacher – wären es immer noch 90. Durch eine Halbierung des Feinstaubs nur aus diesen beiden Quellen wären es um 360 bzw. 185 weniger vorzeitige Todesfälle gewesen, heißt es in der Studie. Insgesamt hätte eine Reduktion des Feinstaubs aus allen Quellen um ein Zehntel 710 vorzeitige Todesfälle pro einer Million Menschen zwischen 2007 und 2016 verhindert – hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung Kanadas wären das Tausende.

Von einer Feinstaubreduktion am meisten profitiert hätten laut dem Studienteam Männer, ältere Erwachsene und Menschen mit geringem Einkommen. In anderen Weltregionen könnte eine vergleichbare Verringerung der schädlichen Partikeln noch größere Effekte haben, denn in Kanada ist die Belastung durch Feinstaub deutlich geringer als in vielen anderen Industrienationen.