Mittelmeerküste mit türkisfarbenen Meer
Getty Images/EyeEm/Francesco Bonino
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Mikrofasern

Bakterien-Hotspots in den Meeren

Im Meerwasser treibt immer mehr Mikroplastik. Für die Umwelt ist das ein Problem, Forscherinnen und Forscher warnen nun aber auch vor Krankheitserregern, die sich an die Mikrofasern anheften. Diese schaden nicht nur den Meeresbewohnern – auch Menschen können durch die Bakterien erkranken.

Dass die Menge an Mikroplastik in den Meeren zunimmt, ist schon lange bekannt. Bis 2050 droht nach aktuellen Schätzungen sogar eine Vervierfachung der dortigen Plastikkonzentration. Man findet es heute mehr oder weniger überall auf der Welt, selbst in so entlegenen Regionen wie der Arktis.

In welcher Form das Plastik im Wasser vorkommt, wird aber nur selten berücksichtigt. Besonders verbreitet sind laut einem französischen Forschungsteam von der Sorbonne Universität in Paris etwa längliche Mikrofasern. Die Fasern gehören mittlerweile sogar zu der am meisten verbreiteten Art menschengemachter Partikel im Meerwasser. Mancherorts machen sie bis zu 90 Prozent des im Wasser vorhandenen Mikroplastiks aus.

Von der Waschmaschine ins Meer

In die Meere gelangen die Mikrofasern auf mehrere Wege. Private Waschvorgänge von synthetischem Gewand, aber auch die Kleidungs- und Fischindustrie geben die Fasern in großen Mengen an das Wasser ab. Flüsse und Wolken transportieren sie dann weiter in Richtung Meer.

Das Problem: Die Fasern sehen für Fische und andere Meeresbewohner besonders interessant aus. Sobald sie eine Zeit lang im Wasser treiben, sammeln sich auf ihnen kleine Mikroorganismen an. Für die Tiere sind sie dann kaum noch von ihrer eigentlichen Nahrung zu unterscheiden. Da die Mägen der Meeresbewohner die synthetischen Fasern nicht zersetzen können, sammeln sie sich in immer größeren Mengen in ihren Körpern an. Chemische Zusatz- und Farbstoffe können der Gesundheit der Tiere noch weiter schaden.

Synthetische und natürliche Mikrofasern

Die hohe Konzentration von Mikrofasern im Wasser stammt aber nicht allein von synthetischen Produkten und Plastik. Auch natürliche Fasern treiben im Meer, die zum Beispiel bei Waschvorgängen von Wolle entstehen. Synthetische Fasern machen laut dem französischen Forschungsteam nur etwa die Hälfte aller Mikrofasern im Meerwasser aus.

Die natürlichen Mikrofasern haben zwar normalerweise weniger chemische Komponenten, auch auf ihnen sammeln sich aber Mikroorganismen und Bakterien an. Gleich wie bei den synthetischen Fasern kann das ein Problem sein, nachdem sie von den Meeresbewohnern verzehrt werden.

Mikrofasern unter dem
Bakterien auf den Mikrofasern (C-F)

Bakterienbehaftete Fasern

Um zu untersuchen, welche Bakterien sich auf den Mikrofasern ansiedeln, und ob sie tatsächlich gesundheitsschädlich sind, haben die französischen Forscherinnen und Forscher Proben aus dem nordwestlichen Mittelmeer genauer unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse der Untersuchung präsentieren sie aktuell im Fachjournal „PLOS One“.

Mit moderner Mikroskopie und der DNA-Sequenzierung der Mikroorganismen hat das Team bis zu 2.600 Zellen auf einzelnen Fasern gefunden – sie stammten von rund zweihundert verschiedenen Bakterienarten. Darunter waren auch einige Organismen, die als Krankheitserreger bekannt sind – etwa das Bakterium Vibrio parahaemolyticus. Es kann bei der Aufnahme in den menschlichen Verdauungstrakt zu bakterieller Gastroenteritis, also einer Magen-Darm-Entzündung, führen.

Krankheitsrisiko noch ungewiss

Dass Bakterien aus dem Stamm der Vibrionen generell im Meerwasser vorkommen, ist eigentlich nichts Neues. Dem französischen Forschungsteam ist es aber laut eigenen Angaben erstmals gelungen, sie auch auf den im Wasser treibenden Mikrofasern nachzuweisen. Da die Fasern und die darauf lebenden Bakterien Teil der maritimen Nahrungskette sind, könnte der Verzehr von Fisch und Co. bei Menschen daher gesundheitliche Probleme verursachen. Bei einer zu hohen Vibrionenbelastung im Wasser sei auch schon das Schwimmen im Meer bedenklich.

Wie groß die Gefahr aber tatsächlich ist, dass man von den bakterienbehafteten Mikrofasern krank wird, können die Forscherinnen und Forscher noch nicht genau bestimmen. Dazu sind noch weitere Untersuchungen nötig. Expertinnen und Experten könnten die Bakterienbelastung im Wasser aber künftig anhand der Fasern testen, so der Vorschlag des französischen Forschungsteams. Das erleichtere in weiterer Folge die Beurteilung von Entscheidungsträgern, ob das Schwimmen im Meer und der Verzehr von Fischen aus einer bestimmten Region weiterhin unbedenklich ist.