Weihnachtsbeleuchtung in der Wiener Innenstadt
APA/Georg Hochmuth
APA/Georg Hochmuth
Lichtverschmutzung

Kaum hellerer Himmel im Advent

Die Lichtverschmutzung ist in Österreich fast überall ein Problem. Saisonale Lichter zur Advents- und Weihnachtszeit fallen dabei im Vergleich zur restlichen Beleuchtung kaum auf. Trotzdem sollte laut einem österreichischen Experten auf unnötige Lichterketten verzichtet werden – der Natur, dem eigenen Schlaf und der Geldbörse zuliebe.

Ganz dunkel wird der Nachthimmel über Großstädten wie Wien schon lange nicht mehr – zu viel Licht strahlt ganzjährig von den Hauswänden, Geschäften und Straßenlaternen in die Höhe. Neben vielen anderen Effekten auf die Natur verschlechtert die Lichtkuppel über der Stadt auch die Sicht auf die Sterne.

„Der Himmel über dem Wiener Zentrum ist mittlerweile so hell wie ein Halb-, fast schon Vollmond“, erklärt Günther Wuchterl, der Leiter der Kuffner-Sternwarte in Wien-Ottakring. Bei Schlechtwetter sei die Lichtverschmutzung sogar noch stärker. „Zwei Drittel der Dämmerung finden praktisch nicht statt, nach einer halben Stunde wird es nicht mehr dunkler“, so Wuchterl gegenüber science.ORF.at.

Adventbeleuchtung kaum bedeutend

Der Leiter der Kuffner-Sternwarte setzt sich schon seit rund 22 Jahren mit dem Thema Lichtverschmutzung auseinander. Seit mittlerweile zwölf Jahren behält er zusammen mit der Stadt Wien den Nachthimmel über der Bundeshauptstadt im Auge und als Partner des Naturhistorischen Museums Wien war er am Projekt „Lebensraum Naturnacht“ beteiligt. Die saisonale Weihnachtsbeleuchtung sei über Wien zwar erkennbar, im Vergleich zu den übrigen Lichtern falle sie aber kaum ins Gewicht. „Da die Weihnachtsbeleuchtung normalerweise auch nur relativ kurz hängt, ist sie über das ganze Jahr gerechnet nicht so ein starker Lichtverschmutzer“, erklärt Wuchterl.

Bolide mit Milchstraße und Glühwürmchen
Rudi Dobesberger
Auf der Hohen Dirn im Nationalpark Kalkalpen gibt es noch einen naturnahen Nachthimmel

Besserung bei Straßenbeleuchtung

Auch Straßenlaternen tragen einen immer kleineren Anteil zum hellen Nachthimmel über Wien bei. „Von der öffentlichen Straßenbeleuchtung sieht man bei unseren nächtlichen Hubschrauberflügen fast gar nichts mehr, das hat sich mittlerweile wirklich gebessert“, so Wuchterl. Grund dafür sei die Modernisierungswelle der Stadt, bei der alle alten Straßenlaternen bis zum Jahr 2026 erneuert werden sollen. Die neuen LED-Lampen versprechen 60 Prozent weniger Energieverbrauch, mehr Verkehrssicherheit und weniger Lichtverschmutzung. „Das liegt vor allem an der Form – die Laternen strahlen jetzt nur noch auf die Straße, nicht mehr in den Himmel“, so Wuchterl.

Die Straßenbeleuchtung mache nur noch rund 20 Prozent der Lichtverschmutzung über Wien aus. Das dürfe man zwar nicht unterschätzen, schlimmer seien aber Lichter aus der Werbe- und Eventbranche. „Diese Sparten haben mit Sky-Beamern und hellen Scheinwerfern den größten Anteil an der Lichtverschmutzung – solange sie den Verkehr nicht stören, dürfen sie leider machen, was sie wollen“, kritisiert Wuchterl.

Schaden für Umwelt und Schlaf

Astronomen wie Wuchterl stört die Lichtverschmutzung aus mehreren Gründen. Nicht nur, weil seine Arbeit durch die schlechte Sicht erschwert wird. „Mittlerweile ist schon mehrfach bewiesen, dass die helle Nacht negative Auswirkungen auf alle Lebewesen in ihrem Umkreis hat“, erklärt er. Die Rettung der Naturnacht ist dem Astronomen auch eine Herzensangelegenheit, wie er meint. „Einfach, um die Schönheit des Nachthimmels über Österreich nicht ganz zu verlieren.“

Auf in der Nähe lebende Tiere wirkt das künstliche Licht oft verwirrend. Insekten werden von den Lichtquellen angelockt, und der Tag-Nacht-Rhythmus von Vögeln und Nagern kommt durcheinander. „Es gibt mittlerweile auch immer mehr wissenschaftliche Beweise dafür, dass schon kleine Lichtmengen den Schlaf von Tieren und Menschen stören“, so Wuchterl. Vor allem der von den meisten LED-Lampen und -Bildschirmen vermehrt ausgestrahlte blaue Bereich des Lichts kann die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin hemmen.

Wildnisgebiet Dürrenstein (oben) und dem Nationalpark Kalkalpen (unten)
G. Wuchterl, Verein Kuffner-Sternwarte/NHM
Vergleich der Lichtverschmutzung über dem Wildnisgebiet Dürrenstein (oben) und dem Nationalpark Kalkalpen (unten)

Keine unnötigen Lichterketten

Zur Weihnachtszeit sollte daher vor allem auf weiße und blaue LED-Lichterketten vor dem Fenster verzichten werden. Wuchterl rät ohnehin, mit der Beleuchtung nicht zu übertreiben – nicht zuletzt wegen der hohen Energiepreise. Jedes Licht, das ausgeschaltet wird, mache die Nacht auch ein bisschen dunkler. „Man sollte sich einfach überlegen, wie viel man wirklich braucht“, erklärt der Astronom.

Falls es eine elektronische Beleuchtung im Freien gibt, empfehle sich eine Zeitschaltuhr. Die schönste Weihnachtsbeleuchtung sei immerhin nur dann schön, wenn sie auch gesehen wird. Spätestens ab 22 Uhr sollte das Licht aus sein. Auch die Weihnachtsbeleuchtung in den Wiener Einkaufsstraßen wird heuer um diese Zeit erlöschen – in anderen Jahren leuchtete die Innenstadt normalerweise bis Mitternacht.

Zur Weihnachtszeit ist Wuchterl außerdem ein großer Anhänger traditioneller Beleuchtung in Form von Kerzen. Wichtig sei, den warmen Kerzenschein richtig in Szene zu setzen. „Diese Empfindung, die wir haben, wenn wir schönes und angenehmes Licht sehen, hängt ganz wenig von der Dosis ab. Eine einzige Kerze kann wunderbar und hell erscheinen, wenn es drumherum dunkel genug ist“, so der Astronom.