Bier, Brauen, Alkohol
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Bierbrauen

Rätsel um vermisste Hefeart gelöst

Aus einer Hefe namens Saccharomyces eubayanus ist einst jene Bierhefe entstanden, mit der in Europa seit dem Mittelalter untergäriges Bier, etwa das klassische Märzen, gebraut wird. Lange wurde gerätselt, warum diese Ursprungshefe dennoch nirgendwo in Europa zu finden war. Ein Forschungsteam aus Irland entdeckte die vermisste Hefeart nun erstmals – und zwar auf dem eigenen Universitätscampus.

Brauen ist eines der ältesten Handwerke: So ist etwa belegt, dass in Israel schon vor 13.000 Jahren ein bierähnliches Getränk hergestellt wurde. Das moderne Bierbrauen entwickelte sich in Europa, wo die meisten Biere bis zum Mittelalter mit einer obergärigen Hefe namens Saccharomyces cerevisiae gebraut wurden – derselben Hefeart, die auch heute noch zur Herstellung von Brot, Wein und obergärigem Bier, wie Ale und Weißbier, verwendet wird.

Ab dem Mittelalter, als noch großteils Frauen für die Bierproduktion zuständig waren, stiegen immer mehr Brauereien auf untergärige Hefe um. Eine Hefeart namens Saccharomyces pastorianus wurde zur klassische Bierhefe, mit der bis heute untergärige Biere wie Märzen, Pils und Lager gebraut werden. Bei diesen Biersorten sinken die Hefekolonien nach der Gärung nach unten. Beim obergärigen Bier schwimmen sie hingegen oben auf dem Sud und können abgeschöpft werden.

Vor der Haustüre entdeckt

Entstanden ist die untergärige Bierhefe S. pastorianus aus einer Kreuzung der schon zuvor gebräuchlichen obergärigen S. cerevisiae und einer zweiten Hefeart, deren Identität lange unbekannt war. Erst 2011 wurde sie in in den patagonischen Anden in Südamerika entdeckt: Saccharomyces eubayanus ist der lange vermisste zweite „Elternteil“ von S. pastorianus, wie Forscherinnen und Forscher feststellten. Seither wurde diese Hefe auch in Nordamerika, China, Tibet und Neuseeland ausfindig gemacht – nur in Europa nicht. Und das, obwohl Aufzeichnungen belegen, dass die daraus hervorgegangene Kreuzung S. pastorianus schon im 13. Jahrhundert in Brauereien in Süddeutschland verwendet wurde.

Gärung, Bier, Brauen, Hefe
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Durch die Hefe wird der Zucker beim Bierbrauen zu Alkohol vergoren

Doch nun entdeckte ein Forschungsteam um die Genetikerin Geraldine Butler vom University College Dublin die Hefeart in einem bewaldeten Gebiet auf dem eigenen Unicampus: Bei Forschungsprojekten von Studentinnen und Studenten zur Identifizierung wilder Hefen und zur Sequenzierung ihrer Genome wurde zufällig auch die lange gesuchte Hefeart eingesammelt.

Das Forschungsteam konnte zwei verschiedene S. eubayanus-Stämme aus Bodenproben isolieren, deren Standorte auf dem Universitätsgelände etwa 17 Meter voneinander entfernt waren. Laut der Studie, die nun im Fachjournal “FEMS Yeast Research“ veröffentlicht wurde, zeigen die Genomsequenzen dieser beiden Isolate, dass sie mit dem Stamm S. eubayanus verwandt sind, der sich vor Hunderten von Jahren mit S. cerevisiae gekreuzt hatte, um S. pastorianus zu bilden.

Forscherin hofft auf baldigen Sud

Die Entdeckung von S. eubayanus in Irland zeige, dass diese Hefeart in Europa heimisch ist, so die Forscherinnen und Forscher. Und es sei wahrscheinlich, dass sie auch anderswo in Europa gelebt hat. Ob diese alten Populationen noch irgendwo in den Wäldern Süddeutschlands verborgen sind, gelte es noch herauszufinden.

„Diese Entdeckung ist ein fantastisches Beispiel für forschungsgeleitete Lehre“, sagt Erstautorin Geraldine Butler: „Unsere Studentinnen und Studenten haben in den letzten fünf Jahren mehr als hundert Hefearten in irischen Bodenproben gefunden, und wir sind hocherfreut, dass wir vor unserer Haustür über S. eubayanus gestolpert sind.“ Die Genetikerin hofft nun, dass mit der entdeckten Hefe bald gebraut wird: „Damit wir herausfinden können, wie sie schmeckt“.