grünes Licht im Strahlenkranz
JpRamos/stock.adobe.com
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Tierexperimente

Wie grünes Licht Schmerzen lindert

Lichttherapie hilft bei Schlafstörungen und Depressionen. Laut neueren Forschungen könnte sie auch gegen Schmerzen helfen – besonders grünes Licht soll eine schmerzstillende Wirkung haben. Eine Studie an Ratten zeigt nun, wie der Effekt über die Augen ausgelöst wird.

Millionen Menschen leiden unter chronischen Schmerzerkrankungen wie Migräne, Arthritis und Fibromyalgie. Medikamente helfen oft nur bedingt und vor allem haben viele starke Nebenwirkungen oder machen gar abhängig. Auf der Suche nach einer schonenderen Behandlung ist in den vergangenen Jahren die Lichttherapie ins Zentrum des Interesses gerückt. Wirksam ist eine solche beispielsweise gegen saisonale Depressionen und Schlafstörungen.

Bei Schmerzen dürfte speziell grünes Licht in niedriger Wellenlänge – etwa 500 Nanometer – einen dämpfenden Effekt haben, zumindest bei Ratten, wie eine im Fachmagazin „Pain“ veröffentlichte Studie vor einigen Jahren ergab. Mittlerweile gibt es auch erste Ergebnisse, die eine Wirksamkeit bei Menschen belegen. Die Therapie kann den Schmerz etwas lindern und die Lebensqualität steigern, zeigt etwa eine klinische Untersuchung mit Fibromyalgie-Patienten und -Patientinnen. Grünes Licht kann laut einer weiteren Studie auch die Anzahl der Migränetage reduzieren.

Netzhaut im Fokus

Auf welche Weise das Licht Schmerzen stillen könnte, untersuchte ein Team um Yu-Long Tang von der Fudan Universität in Shanghai. Die Ergebnisse wurden soeben im Fachmagazin „Science Translational Medicine“ veröffentlicht. Aus früheren Experimenten war bereits klar, dass die schmerzstillende Wirkung über die Augen bzw. die Sehnerven ausgelöst werden muss, denn mit undurchsichtigen Kontaktlinsen war der Effekt bei Ratten nicht mehr nachweisbar.

Im Fokus der Untersuchung stand daher die Netzhaut der Versuchstiere, insbesondere die Fotorezeptoren, denen Säugetiere ihre Sehkraft verdanken: Stäbchen-, Zapfen– und fotosensitive Ganglienzellen. Stäbchen sind empfindliche Sehzellen, die die Unterscheidung zwischen Hell und Dunkel ermöglichen. Zapfen sind vor allem für die Farbwahrnehmung zuständig. Ganglienzellen liefern Informationen über die Umgebungshelligkeit. Sie sind unter anderem wichtig für den Biorhythmus und die Stimmung. Wenn man wüsste, welche Rezeptoren am schmerzstillenden Effekt von Licht beteiligt sind, könnte man daraus gezieltere Behandlungsmethoden ableiten, heißt es in der Studie.

Sanfte Therapie

Die Experimente mit arthritischen Ratten ergaben, dass die Zapfen für die Schmerzlinderung vermutlich essenziell sind. Tiere ohne diese Sehzellen litten unverändert an ihren Schmerzen. Auch bei fehlenden Stäbchen war die dämpfende Wirkung von grünem Licht nicht mehr so stark. Wie das Forschungsteam außerdem feststellte, werden über die Lichtrezeptoren Nervenzellen im Thalamus angeregt. Von dort wiederum werden die Signale an eine Region im Hirnstamm weitergeleitet, die das Schmerzempfinden von Säugetieren reguliert.

Laut den Forscherinnen und Forschern hat das gedämpfte grüne Licht gegenüber dem bisher meist für Therapien verwendeten grellen weißen Licht noch weitere Vorteile: Es kann auch für die Behandlung von lichtempfindlichen Migränepatienten und -patientinnen eingesetzt werden. Für die Netzhaut sei es ebenfalls schonender. Außerdem sei die Farbe Grün an sich gut für das Gemüt. Man wisse etwa, dass der Aufenthalt im Grünen, z. B. im Wald, psychische und physische Schmerzen dämpfen kann. Wie das Team abschließend schreibt, wäre es jedenfalls sinnvoll Therapien mit grünem Licht weiter klinisch zu untersuchen, denn sie wären einfach, sicher und billig.