Programmcode auf Bildschirm
Sashkin/stock.adobe.com
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Künstliche Intelligenz

Wenn Computer selbst programmieren

Die von der britischen Firma DeepMind entwickelte Software „AlphaCode“ kann selbstständig Programmcode schreiben. Mittels künstlicher Intelligenz (KI) hat das System in Wettbewerben die Hälfte der menschlichen Konkurrenz hinter sich gelassen. Künftig könnte es die Arbeit von Programmiererinnen und Programmierern erleichtern.

Computer, die selbst Computerprogramme schreiben und dabei aufkommende Probleme eigenständig und ohne das Eingreifen von Menschen lösen – vor einigen Jahren war das nur in Science-Fiction-Filmen möglich, mittlerweile ist es aber Realität.

Das KI-System „AlphaCode“ von der britischen Google-Schwesterfirma DeepMind kann genau das. In Programmierwettbewerben auf der Plattform Codeforces schaffte es die KI im Schnitt in die oberen 54 Prozent der Bewerber. Auf der Plattform werden Probleme kurz verbal oder in Kommentarfeldern dargestellt und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen möglichst rasch Lösungen liefern. Rund die Hälfte der menschlichen Konkurrenten programmierte also schlechtere Codes als „AlphaCode“.

Das gelang der KI, indem sie mit ihrem speziell trainierten Netzwerk Millionen verschiedener Programme anfertigte. Danach ermittelte das System die vielversprechendste Lösung für die jeweilige Problemstellung. Laut den Entwicklern, die „AlphaCode“ derzeit im Fachjournal „Science“ präsentieren, handelt es sich um das erste KI-System, das auch einigermaßen mit menschlichen Programmierern mithalten kann.

Weit entfernt vom Spitzenfeld

Die Leistung von „AlphaCode“ sei zwar beachtlich, die Platzierung in den Bewerben darf laut dem KI-Experten Sepp Hochreiter von der Johannes-Kepler-Universität in Linz aber nicht überschätzt werden. Er war an der Entwicklung des Systems nicht beteiligt, hat in dem Bereich aber schon langjährige Erfahrung. „Man weiß nicht genau, wie gut die Programmierer sind, die an diesen öffentlichen Wettbewerben teilnehmen. An die Spitzenentwickler, die in Firmen sitzen und extrem viel Programmiererfahrung haben, kommt das System jedenfalls noch lange nicht heran“, erklärt er gegenüber science.ORF.at.

Komplexe Problemstellungen

Trotzdem sei „AlphaCode“ eine klare Weiterentwicklung früherer KI-Systeme der britischen Firma. Bisherige Ansätze kamen mit den oft sehr komplexen Programmieraufgaben eher schlecht zurecht. So konnte das System „AlphaZero“ zwar in Strategiespielen wie Schach oder Go gute Ergebnisse erzielen, die Problemstellungen beim Codieren von Programmen seien aber oft um ein Vielfaches komplizierter.

„Wirklich neu erfunden wurde für ‚AlphaCode‘ nur wenig, vielmehr sind die bereits gesammelten Erfahrungen aus anderen Bereichen auf das Codieren umgelegt und nach oben skaliert worden“, so Hochreiter. DeepMind beschäftigt sich beispielsweise schon lange mit der Erkennung und Verarbeitung von Sprache – etwa mit Systemen wie „Gopher“. „AlphaCode“ sei eigentlich nur eine speziellere und komplexere Version davon, so Hochreiter.

Unterstützung für Programmierer

Hochreiter sieht „AlphaCode“ künftig vor allem als Werkzeug für Programmiererinnen und Programmierer. „Extrem komplexe Codes schafft das System nicht, aber es gibt sehr viele Programme, die schon mit recht simplen Herangehensweisen funktionieren“, erklärt er. Das System könnte etwa die „Routinearbeiten“ in dem Bereich übernehmen – zum Beispiel, wenn es um Programme geht, in denen Listen dargestellt oder einfache Rechnungen gelöst werden sollen. „Diese Arbeiten, die recht häufig sind und an denen sich viele Programmierer die Finger wund tippen, könnte das System auf jeden Fall übernehmen“, so Hochreiter.

Fehlender Anreiz zur Selbstverbesserung

Dass ein Computerprogramm selbst Programme schreiben und Codes verbessern kann, lässt auch Fragen der Ethik aufkommen. Etwa: Wie weit ist man noch von einer KI entfernt, die sich selbst verbessern und eigenständig handeln kann?

Von Szenen, wie es sie etwa in Filmen wie „Terminator“ gibt, sei man aber noch weit entfernt, entwarnt Hochreiter. „Computer haben gar keinen Anreiz, sich irgendwie selbst zu verbessern oder zu vermehren. Das System kann sich nicht klüger machen, als es tatsächlich ist“, erklärt er. Der KI sei es egal, ob sie existiert oder nicht. „Sie muss sich also auch nicht selbst weiterentwickeln, um zu überleben“, so Hochreiter.