Spaziergängerin am gefrorenen Neusiedlersee (im Hintergrund der Schneeberg und die Rax)
APA/ROBERT JAEGER
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Eis auf Seen wird brüchiger

Aktuell frieren zwar viele Flüsse und Seen Europas zu. Mit der Klimaerwärmung ist das aber immer seltener der Fall. Außerdem verändert sich das Eis. Es wird instabiler und somit auch gefährlicher für Eisläuferinnen und Eisläufer, warnen Experten.

Friert ein See über Nacht bei extremen Minusgraden zu, dann bildet sich sogenanntes schwarzes Eis. Eigentlich ist es durchsichtig, und vor allem: spiegelglatt. Auf diesem Eis kann man sehr gut Schlittschuhlaufen und bisher war es auch sehr stabil. Das Problem: Mit den wärmeren Temperaturen bildet sich zunehmend weißes Eis auf oder statt dem schwarzen Eis. Weißes Eis entsteht durch wiederholtes Auftauen und wieder Einfrieren, es ist uneben und matt. Außerdem ist es brüchiger, erklärt der Süßwasserforscher Martin Kainz vom Wassercluster Lunz.

Weißes Eis ist instabiler

Weißes Eis habe eine andere Dichte und könne daher eine geringere Last pro Quadratmeter beziehungsweise Quadratzentimeter tragen. Die Stabilität sei geringer als bei schwarzem Eis, dieses könne nämlich zehnmal so viel Last tragen wie das weiße Eis.

Forscher und Forscherinnen der schwedischen Universität Uppsala haben das Eis im Winter 2021 auf 31 Seen in verschiedenen Ländern analysiert und festgestellt, dass sich immer mehr weißes Eis bildet. Im Februar 2021 seien zehn Menschen in Schweden auf Seen eingebrochen und gestorben – so viele wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen vor über 20 Jahren, berichten sie im Fachmagazin Nature Communications.

Eisentwicklung am Lunzer See

Martin Kainz beobachtet den Lunzer See in Niederösterreich. Hier gibt es über hundert Jahre Aufzeichnungen, unter anderem zur Eisbildung. Bis Mitte der 1990er Jahre zeigten sich kaum Veränderungen, auch habe es fast immer nur schwarzes Eis gegeben.

Zwischen 1905 bis 1915 gab es durchschnittlich ungefähr 100 Tage Eis. Von 1921 bis 2000 waren es noch 82 Tage, an denen der See durchgehend Eis bedeckt war. 1995 hatte man 123 Tage im Jahr durchgehende Eisbedeckung, 2007 habe es keinen einzigen Tag im Jahr durchgehende Eisbedeckung gegeben. In den letzten zehn Jahren waren es dann nur noch durchschnittlich 35 Tage im Jahr.

Eisdicke schwer messbar

Das Eis werde nicht nur weniger und dünner, sondern es verändere sich ständig durch das Tauen und Überfrieren, so Kainz. Wenn es überhaupt noch zufriere, dann bilde sich auf dem schwarzen Eis jetzt oft eine Schicht weißes Eis. Für Schlittschuhläuferinnen ist das ein Sicherheitsproblem, denn die Stabilität dieses Eisgemischs ist schwer festzustellen. Man wisse auch nicht, ob und wie sich die Stabilität von schwarzem Eis verändert, wenn weißes Eis darauf liegt.

Selbst wenn man mit einem Bohrkern an einer Stelle untersuche, wie das Verhältnis von schwarzem und weißem Eis ist, könne man nicht davon ausgehen, dass das überall auf dem See gleich ist. Die schwedischen Forscher und Forscherinnen empfehlen daher, die Richtwerte für eine sichere Eisdicke hinaufzusetzen. Dem schließt sich auch Martin Kainz für die österreichischen Seen an.