ÖAW stellt Ergebnisse des ersten „Wissenschaftsbarometer Österreich“ vor
ÖAW/Hörmanndinger
ÖAW/Hörmanndinger
Umfrage

Wissenschaftsskepsis in Österreich groß

Erstmals ist in Österreich ein Wissenschaftsbarometer erhoben worden, um festzustellen, wie die Menschen zur Wissenschaft stehen. Das Ergebnis der Umfrage: Das Vertrauen in die Wissenschaft ist ausbaufähig – nur knapp vierzig Prozent fühlen sich gut informiert, und mehr als ein Drittel der Befragten verlässt sich lieber auf „den gesunden Menschenverstand“.

Zwar vertrauen 70 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher der Wissenschaft und Forschung „voll und ganz“ oder zumindest „eher“, bei 30 Prozent ist die Wissenschaftsskepsis allerdings durchaus groß. Je geringer das Einkommen, desto höher die Wissenschaftsskepsis. Sechzig Prozent der Personen aus finanziell schlechter gestellten Haushalten vertrauen der Wissenschaft nicht oder nur wenig.

Das ist das Resultat der Untersuchung des Gallup Instituts im Auftrag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Für deren Präsident Heinz Fassmann ist das Ergebnis Grund zur Sorge: „Die Autorität unseres Wortes reicht nicht mehr, wir müssen in einem höheren Ausmaß als je zuvor erklären, vermitteln und überzeugen. Das betrachte ich als dringenden Auftrag an die Politik und die Wissenschaft selbst“, so Faßmann in einer Aussendung.

„Mit Politik und Wirtschaft unter einer Decke“

Der Einfluss von Politik und Wirtschaft auf die Wissenschaft wird von den Befragten als sehr hoch bewertet. So glaubt etwa ein Drittel der Befragten, dass wissenschaftliche Expertinnen und Experten mit „Politik und Wirtschaft unter einer Decke stecken“. Ebenso viele denken, dass man im Zweifelsfall mehr der „Lebenserfahrung einfacher Menschen“ vertrauen sollte als den Einschätzungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Noch weiter verbreitet ist mit 37 Prozent die Ansicht, dass man sich mehr auf den „gesunden Menschenverstand“ verlassen sollte als auf wissenschaftliche Studien.

Vertrauen in die Wissenschaft
APA

Interessante Details zeigt die Scientific Literacy, also das naturwissenschaftsbezogene Wissen der Bevölkerung: Nur 52 Prozent bestätigen die Aussage, wonach Elektronen kleiner sind als Atome und 28 Prozent sind der fälschlichen Meinung, dass Antibiotika neben Bakterien auch Viren töten können.

Hälfte der Befragten hat Interesse an Wissenschaft

Um Ideen zu sammeln, wie man der Skepsis am besten begegnen könnte, lädt die Österreichische Akademie der Wissenschaften zu einem Runden Tisch ein. Außerdem soll die Wissenschaft vor allem für junge Menschen angreifbarer gemacht werden. Die ÖAW plant dazu Programme für die Wissenschaftsvermittlung, unter anderem an Zehn- bis 14-Jährige.

Aber auch die Wissenschaft selbst müsse lernen, besser zu kommunizieren und zu erklären, damit die Themen auch gut verstanden werden, sagt Faßmann. Denn das Interesse an Wissenschaft ist hoch – das sagt mehr als die Hälfte der Befragten. Und zwei Drittel geben an, dass für sie Informationen aus Wissenschaft und Forschung wichtig sind.

Das Wissenschaftsbarometer Österreich wurde im November 2022 analog zu den Wissenschaftsbarometern in Deutschland und der Schweiz im Nachgang der Eurobarometer-Umfrage von 2021 durchgeführt. Die ÖAW plant die Daten künftig jährlich zu erheben. Im benachbarten Ausland ist die Situation ähnlich: In Deutschland geben aktuell 62 Prozent an, „eher“ und „voll und ganz“ der Wissenschaft und Forschung zu vertrauen, in der Schweiz sind es sogar nur 59 Prozent, die „stark oder sehr stark“ vertrauen.