Kosmische Klippen im Carinanebel im Sternbild „Kiel des Schiffs“, eine der ersten veröffentlichten JWST-Aufnahmen
NASA, ESA, CSA, and STScI
NASA, ESA, CSA, and STScI

Astro-Highlights 2022: Superscharfe Bilder und “Austronautin"

Ein Teleskop, das die bisher schärfsten Bilder des Weltraums macht. Ein Blick ins Zentrum der Milchstraße. Und eine Österreicherin, die vielleicht einmal zum Mond fliegt. Das waren drei der Highlights des Astronomie- und Raumfahrtjahres 2022, auf das die beiden Fachleute Julia Weratschnig und Stefan Wallner in einem Gastbeitrag zurückblicken.

Vor fast genau einem Jahr – im Dezember 2021 – startete das „James Webb"-Weltraumteleskop (“JWST“) und machte sich auf die Reise zum zweiten Lagrangschen Punkt – 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Am Bestimmungsort angekommen startete es schließlich mit seiner lang erwarteten Arbeit. Schon die ersten Bilder ließen die Herzen der Astronomen höherschlagen, und seitdem schafft es das „JWST“ immer wieder zu begeistern. Gleich das erste veröffentlichte Foto war das bisher am höchsten aufgelöste, schärfste Bild des frühen Universums und zeigte weit entfernte Galaxien. Auch Sternentstehungsgebiete wurden fotografiert: Das „JWST“ sieht noch tiefer in die Staub- und Gaswolken hinein, in denen gerade Protosterne entstehen.

Porträtfotos der Astronomen Julia Weratschnig und Stefan Wallner
Privat
Planetarischer Nebel im Sternbild „Segel des Schiffs“

Über Autorin und Autor

Julia Weratschnig ist Kuratorin für Astronomie am Haus der Natur Salzburg, Stefan Wallner Astronom an der Universität Wien.

Zum ersten Mal demonstrierte das Teleskop auch die Fähigkeit, Atmosphären von Exoplaneten mittels Spektroskopie genau zu untersuchen: Die Atmosphärenzusammensetzung des heißen Exoplaneten Wasp-39b konnte in noch nie da gewesener Genauigkeit untersucht werden. In den kommenden Jahren soll mit dieser Technologie die Atmosphäre mehrerer Exoplaneten auch nach Hinweisen auf Leben – wie zum Beispiel dem Vorhandensein von Sauerstoff – untersucht werden.

Im Dezember kürte das Fachmagazin „Science“ das Teleskop zum „wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres“. Nicht jede Nachricht aber war ein Grund zur Freude: Im Frühling traf ein Mikrometeorit eines der Paneele und verursachte spürbaren Schaden. Inzwischen wurden einige Strategien entwickelt, um ähnliche Ereignisse in der Zukunft vermeiden zu können.

Planetarischer Nebel im Sternbild „Segel des Schiffs“
NASA, ESA, CSA, and STScI
Planetarischer Nebel im Sternbild „Segel des Schiffs“

Blick auf das Zentrum unserer Milchstraße

Nachdem 2019 bereits das erste Foto eines Schwarzen Lochs aus der fernen Galaxie M87 für eine Weltsensation gesorgt hatte, folgte dieses Jahr ein solches aus dem Zentrum unserer eigenen Heimatgalaxie, der Milchstraße. Das Bild zeigt glühendes Gas, welches sich um das supermassereiche Objekt – ganze vier Millionen Mal massereicher als unsere Sonne bei der Größe in etwa unserer Erde – bewegt. Von der Erde aus gesehen vergleichbar mit der Größe eines Donuts auf dem Mond mussten acht Radioobservatorien auf der ganzen Welt verbunden werden, um ein solches in Erdgröße zu nutzen, die „Event Horizon Telecope Collaboration“. Das Bild unterstreicht nicht nur die Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein, sondern macht es möglich, speziell das Zentralobjekt unserer Milchstraße in Zukunft noch genauer zu beobachten und die Prozesse rund um Schwarze Löcher noch genauer zu verstehen.

Schwarzes Loch, Milchstraße
EHT
Das erste Bild des supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße

Österreich bekommt „Austronautin“

Im Jahr 2021 wurde eine besondere Stellenausschreibung veröffentlicht: Die Europäische Raumfahrtbehörde (ESA) suchte nach Astronautinnen und Astronauten! Insgesamt bewarben sich mehr als 22.000 Personen – aber nur wenige schafften es, sich für einen der wenigen Plätze zu qualifizieren. Nach einer strengen Selektion wurden Ende 2022 schließlich fünf Karriereastronauten, elf Reserveastronauten und ein Parastronaut auf einer Pressekonferenz bekanntgegeben.

ESA-Astronautin Carmen Possnig
ESA
Carmen Possnig

Mit Carmen Possnig hat es eine Österreicherin in das Reserveteam geschafft. Und wer weiß, vielleicht schafft Possnig ja auch den ersten Schritt einer Österreicherin auf dem Mond – denn auch in Bezug auf eine zukünftige Mondlandung gibt es spannende Neuigkeiten aus dem heurigen Jahr.

Auf dem Weg zum Mond – „Artemis I“

Nachdem in den 1960er und -70er Jahren die NASA demonstriert hatte, dass Menschen auf dem Mond landen können, wurde es still um unseren Trabanten. Erst in den letzten Jahren nahm die Rückkehr zum Mond mit dem „Artemis“-Programm wieder Fahrt auf. Schließlich startete – nach vielen Verzögerungen – im November 2022 mit “Artemis I“ der erste Probeflug einer Rakete. Auch die ESA war beteiligt: Das Servicemodul, welches die Raumkapsel „Orion“ während des Fluges mit Strom versorgte sowie für Antrieb und Steuerung sorgte, wurde von der ESA entwickelt und gebaut. Der Probeflug war äußerst erfolgreich: Nach einer 25-tägigen Reise landete die Raumkapsel wieder auf der Erde.

Die nächsten Flüge des „Artemis“-Programms sollen dann bereits mit Crew an Bord stattfinden: “Artemis II“ mit einem geplanten Start für 2024 noch ohne eine Landung auf dem Mond, aber bei “Artemis III“ werden vermutlich die ersten Menschen seit Langem wieder Fußabdrücke auf dem Mond hinterlassen!

„Orion“ hinter dem Mond, in der Entfernung „geht die Erde auf“
NASA
„Orion“ beobachtet hinter dem Mond, wie die Erde „aufgeht“

Und jedes Jahr grüßt der Mars

Es scheint wohl so: Keine Astro-Highlights des Jahres ohne Neuigkeiten zu unserem Nachbarplaneten, dem Mars. Aber das hat auch gute Gründe, ist er doch Ziel vieler Missionen und wissenschaftlicher Projekte. Nachdem seine Oberflächenstruktur immer bekannter wird, und kleine Teile bereits in 3-D erlebt werden können, zeichnete der Mars-Rover „Perserverance“ nun die ersten Geräusche eines Staubteufels auf. Mit Hilfe dieser Daten könnte ein beinahe schon Uralträtsel über den Planeten untersucht werden – warum an manchen Stellen seiner Oberfläche Wirbelstürme vorbeiziehen und an manchen nicht. Diese Verhaltensweisen könnten ein weiteres Puzzlestück bei der Erforschung des Roten Planeten sein, speziell wenn wir mehr über dessen Vergangenheit und Entwicklung wissen möchten.

Himmelsspektakel über Österreich

Am 25. Oktober 2022 ereignete sich ein nicht alltägliches Himmelsphänomen über Österreich. Um die Mittagszeit schob sich der Mond in seiner Bahn teilweise vor die Sonne, die Folge war eine partielle Sonnenfinsternis. Etwa 30 Prozent der Sonnenscheibe waren hierbei verdeckt und das Spektakel deutlich sichtbar. Die Wetterverhältnisse waren nicht über ganz Österreich optimal, speziell im Osten waren die meteorologischen Bedingungen aber perfekt. Über das ganze Land luden Astronomievereine zum gemeinsamen Beobachten, ein Angebot, das sehr gut angenommen wurde. Auf die nächste Sonnenfinsternis müssen wir etwas warten, findet doch eine solche erst wieder im März 2025 über Österreich statt, die nächste totale Finsternis gar erst im September 2081.