Kryo-Elektronentomographie verschaffte einen Einblick in die hier illustrierte zelluläre Struktur eines neu kultivierten Asgard-Archaeons
Margot Riggi, The Animation Lab, University of Utah
Margot Riggi, The Animation Lab, University of Utah
Mikrobiologie

Möglicher Vorläufer höherer Zellen gezüchtet

Vor zwei Milliarden Jahren vereinigten sich einfache Mikroben zu höheren Zellen, aus denen sämtliche Tiere, Pflanzen und Pilze bestehen. Ein Wiener Forschungsteam hat die Hauptakteure dieser urtümlichen Mikroben nun im Labor nachgezüchtet.

Ein Team um die Mikrobiologin Christa Schleper vom Department für Funktionelle und Evolutionäre Ökologie der Universität Wien nahm an der Küste von Piran in Slowenien Proben von Meeressedimenten und kultivierte darin befindlichen Asgard-Archaeen im Labor.

Diese Hauptakteure der urtümlichen Mikroben besitzen viele Merkmale von Eukaryoten, also höheren Zellen: Unter anderem ein Zellskelett aus verzwirbelten, doppelsträngigen Fasern, berichten die Forscherinnen und Forscher im Fachjournal „Nature“. Sechs Jahre habe es gedauert, eine stabile und hoch angereicherte Kultur zu erhalten, so Schleper in einer Aussendung.

Auch an der Donau zu finden

Diese empfindlichen Organismen teilen und vermehren sich nur alle ein bis zwei Wochen. Beim üblichen Labor-Modellorganismus, dem Bakterium Escherichia coli geht dies in zwanzig Minuten vonstatten. Schließlich hatten die Wiener Forscher Lokiarchaeum-ossiferum-Kulturen von 50 Millionen Zellen pro Kubikzentimeter und konnten schockgefrorene Mikroben im Elektronenmikroskop beäugen.

Die Zellen zeigen eine runde Form und haben teils sehr lange, Tentakel-ähnliche Fortsätze, so die Forscher: „Diese Gebilde scheinen manchmal sogar unterschiedliche Zellkörper miteinander zu verbinden.“ Außerdem enthalten sie ein ausgedehntes Netzwerk aus Fasern des Zellskeletts, wie man es so bisher nur von eukaryotischen Zellen kannte. Das weise darauf hin, „dass solche Zellskelettstrukturen schon in Archaeen entstanden sind“.

Die Erfahrung bei der Kultivierung wolle man nun auch bei anderen Asgard-Archaeen einsetzen. „Sie sind auch Bewohner Wiens, zum Beispiel im Ufersediment der Donau“, so das Forschungsteam. Damit wolle man mehr über das mögliche Bindeglied erfahren zwischen einfachen zellkernlosen und unstrukturierten „Prokaryotenzellen“ und den kompliziert aufgebauten „Eukaryotenzellen“ mit eigenem Zellkern, ausgeprägtem Zellskelett und Zellkraftwerken.