Sessellift und Schifahrer auf Schipiste
APA/BARBARA GINDL
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Klimaerwärmung

Kunstschnee verzögert Gletscherschmelze

Auch wenn es in den nächsten Tagen in den Bergen schneien soll: Der Winter war bisher in Österreich vor allem von Kunstschnee geprägt. Dessen Produktion braucht viel Wasser und Energie, und wird deshalb üblicherweise als klimaschädlich eingestuft. Das Schmelzen der Gletscher kann der Kunstschnee aber verzögern.

Mit Schnee bedeckte Skipisten gibt es in Österreich derzeit noch viele – abseits der künstlich beschneiten Abfahrten fehlt der Schnee aber oft schon zur Gänze. Skiliftbetreiber kämpfen mit zu wenig Niederschlag und zu warmen Temperaturen. Hohe Energiekosten erschweren zudem den Einsatz von Schneekanonen und Pistengeräten.

Auch einige österreichische Gletscher bieten Möglichkeiten zum Skifahren, auch sie haben aber mit den steigenden Temperaturen zu kämpfen. „In den letzten Jahren kam es hier zu extremer Eisschmelze“, sagt die Gletscherforscherin Andrea Fischer von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Das Jahr 2022 steche dabei besonders hervor. „Hier haben wir auf den Gletschern drei bis vier Meter Eisdicke und damit einige Prozent der Gletscherfläche verloren“, so die Glaziologin gegenüber science.ORF.at.

Skibetrieb schützt Gletschereis

Die anhaltende Klimaerwärmung erschwert den Skibetrieb auch auf den Gletschern von Jahr zu Jahr mehr. Dabei wirken sich Maßnahmen, wie das künstliche Beschneien und das Präparieren der Pisten laut Fischer sogar positiv auf die Eismassenbilanz aus.

Fischer selbst hat dazu schon mehrere Untersuchungen auf bewirtschafteten und nicht bewirtschafteten Gletscherflächen angestellt. Dabei habe sich gezeigt, "dass der Skibetrieb keine messbaren negativen Auswirkungen auf das Gletschereis hat“. Eher das Gegenteil sei der Fall: „Das Verfestigen des Schnees durch Pistenraupen führt dazu, dass der Wind nicht so viel Schnee abtransportiert – das Eis ist so besser geschützt. Die Produktion von Kunstschnee und das Zusammenschieben und Abdecken des Schnees kann die Eisschmelze in einer Saison sogar um bis zu 70 Prozent verringern.“

Kritik nur teilweise gerechtfertigt

Der Betrieb von Skiliften stößt aber auch immer wieder auf Kritik von Naturschützern – egal ob es sich um Pisten in niedrigen Lagen oder um jene auf Gletschern handelt. Beanstandet wird dabei unter anderem die Zerstörung der Natur in den Bergen und der hohe Energieaufwand für Schneekanonen, Pistenraupen und Lifte.

Zum Teil ist die Kritik laut Fischer auch gerechtfertigt, etwa im Bereich der Abgasemissionen und des Energieverbrauchs. Aber: „Hier kommt es ganz stark darauf an, woher der Strom für die Schneekanonen und Lifte kommt und wie die Pistenraupen betrieben werden“. Durch die Nutzung von klimafreundlicherem Strom aus Wasser- und Solarenergie und den Einsatz neuester Technik, wie etwa mit Wasserstoff betriebene Pistengeräte, könnte der ökologische Fußabdruck der Skigebiete künftig deutlich kleiner werden. Laut Fischer handelt es sich dabei um Maßnahmen, die in vielen größeren Skigebieten bereits intensiv thematisiert werden.

Die Zerstörung der Natur sei auf den Gletschern hingegen ein kleineres Problem – zumindest im Vergleich mit Skigebieten abseits der Eisriesen: „Auf normalen Bergen wird durch den Skibetrieb Weide-, Wiesen- oder Waldfläche vollständig und oft auch schon sehr früh in der Wintersaison bedeckt. Das kann ein Problem für die Vegetation und die dort lebenden Tiere darstellen“. Auf Gletschern sieht das aber meist anders aus. Hier wird nur das ohnehin schon bestehende Gletschereis zusätzlich mit Schnee bedeckt. Fischers Fazit: „Was sich bei normalen Skigebieten negativ auf die Umgebung und das Ökosystem auswirken kann, hat auf den Gletschern sogar positive Folgen.“

Die Zukunft des Skifahrens

Maßnahmen hin oder her – das Gletschereis in Österreich schmilzt weiter. Retten könne man die Eisriesen nicht mehr. Fischer und andere Expertinnen und Experten sind sich mittlerweile sicher, dass die österreichischen Gletscher in den kommenden Jahrzehnten komplett verschwinden.

Das Ende der Eisriesen bedeute aber nicht gleichzeitig das Ende des Skifahrens in Höhenlagen. Die Gletscherforscherin glaubt sogar, dass sich der Skibetrieb in Österreich künftig fast ausschließlich auf die Gletscherregionen beschränken wird. „Auch wenn das Eis irgendwann weg ist, werden die Gletscher immer noch die Orte in Österreich sein, wo jedes Jahr eine gewisse Schneesicherheit gegeben ist“, so Fischer. Außerdem sei das künstliche Beschneien aufgrund der niedrigeren Temperaturen dort früher möglich als im Tal. Wenn der Schnee in niedrigeren Lagen irgendwann komplett ausbleibt, müsse der Wintersport daher wahrscheinlich in höher gelegene Gebiete ausweichen.

Umbaumaßnahmen notwendig

Um die Gletscherskigebiete auf diese Zukunft vorzubereiten, sind aber auch dort noch einige bauliche Maßnahmen erforderlich. Das schmelzende Eis führt etwa dazu, dass die darauf befestigten Liftstützen fast jährlich versetzt werden müssten. Ein Aufwand, der sich aktuell aufgrund der vielen anderen Wintersportangebote in Österreich kaum rentiert.

Davon zeugt auch die heurige Saison auf dem Dachsteingletscher. Fehlender Schnee und die erhöhte Gefahr, auf Gletscherspalten zu stoßen, führten dazu, dass die Lifte dort stillstehen. Ein Umsetzten der Liftstützen wäre notwendig, wegen der Nähe zum beliebten Skigebiet Planai zahlt sich das derzeit aber nicht aus.

Wenn das Gletschereis irgendwann komplett verschwunden ist, könnten die Liftstützen auf den österreichischen Gletschern auf festem Untergrund platziert werden. Weitere derartige Umbaumaßnahmen wären dann überflüssig. Im Vergleich zu anderen Skigebieten, die bis dahin wahrscheinlich mit noch höheren Temperaturen und weniger Niederschlag zu kämpfen haben, wäre auf den Gletschern ein vergleichsweise energiesparender Skitourismus in Österreich möglich.