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alexanderuhrin – stock.adobe.com
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Skitouren

Trendsport braucht Achtung vor Natur

Skitouren sind an sich eine sehr umweltfreundliche Art, die verschneiten Berge zu genießen. Immer mehr Menschen verfolgen die Trendsportart aber, ohne dabei auf die Natur zu achten. Laut dem Sportökologen Heinz Dungler muss sich das ändern – nicht nur dem Wild und gefährdeten Tierarten zuliebe.

Skitourengehen ist in Österreich schon lange Trend – zusätzlichen Aufwind erhielt der naturnahe Sport in den letzten Jahren unter anderem durch die pandemiebedingten Lockdowns. Für den Wiener Landesnaturschutzreferenten Heinz Dungler ist das auch nicht weiter verwunderlich, immerhin boten Skitouren eine der wenigen Möglichkeiten für Wintersport, ohne dabei auf strenge Abstandsregelungen, die Auslastung der Skilifte oder auch die steigenden Ticketpreise achten zu müssen.

Umweltfreundliche Trendsportart?

„Skitouren werden eine immer wertvollere Alternative zu den anlagebezogenen Wintersportarten“, sagt der Sportökologe, der an der Universität Salzburg lehrt und schon seit über vierzig Jahren mit seinen Tourenski in den österreichischen Bergen unterwegs ist.

Ein klarer Vorteil für die Umwelt: Für den Aufstieg braucht es nur Ski, Ausdauer und Muskelkraft, keine Lifte, die oft sehr viel Strom fressen. Auch die Abgase, die in Skigebieten für das Präparieren der Pisten anfallen, sind dabei kein Thema. Das Skitourengehen gehört laut Dungler daher auf jeden Fall zu den umweltfreundlichsten Wintersportarten, gegenüber science.ORF.at stellt er aber klar: „Nur, wenn man es richtig macht!“

Aufgeschrecktes Wild zerstört Wald

Im Einklang mit der Natur können Skitouren laut Dungler ein ganz besonderes Erlebnis sein – kaum eine andere Sportart erlaube es, sich so eng mit der Umgebung auseinanderzusetzen und so viel darüber zu lernen. Dafür sei es aber wichtig, auf die Natur zu achten und die winterlichen Ökosysteme nicht unnötig zu stören.

Vor allem tierische Wald- und Bergbewohnern können durch Skitourengruppen irritiert werden. Manche Touren führen durch Gebiete, in denen zum Beispiel Rotwild gefüttert wird. Normalerweise halten sich die von den Wintermonaten geschwächten Tiere von den Sportlerinnen und Sportlern fern, wenn die Skitouren aber zur Fütterungszeit stattfinden, schreckt es sie oft unnötig auf. „Das heißt, Skitouren ganz in der Früh und am späten Nachmittag sollte man so gut es geht vermeiden oder zumindest schon im Vorhinein sichergehen, dass die Tour nicht durch eine Fütterungs- oder Ruhezone führt“, so Dungler.

Aufgeschrecktes Wild kann mehrere negative Folgen haben. „Die Hirsche und Rehe kommen oft nicht mehr zur Futterstelle zurück und suchen sich dann Nahrung im Wald“, erklärt der Sportökologe. Dort fressen die Tiere Baumrinden, was den Wald nachhaltig schwächen kann – von Wild beschädigte Bäume müssen später meist gefällt werden. Außerdem kommen einige der aufgeschreckten Tiere nicht mit dem zusätzlichen Stress zurecht und verenden im Wald. Förster und Jäger stehen der wachsenden Zahl der Skitourengeher daher oft mit eher gemischten Gefühlen gegenüber.

Gefahr für bedrohte Tierarten

Neben dem Wild können unbedachte Skitouren aber auch andere Wald- und Bergbewohner stören. Als Beispiel nennt Dungler etwa die Familie der Raufußhühner, zu der auch das vom Aussterben bedrohte Auerhuhn gehört.

Ähnlich wie beim Rotwild ist auch das Auerhuhn in den frühen Morgenstunden und in der Abenddämmerung auf Nahrungssuche. Vor allem im Winter geht es für die Tiere dabei oft um Leben und Tod. Wenn sie durch die Skitourengeher auf den Bergen aufgeschreckt werden, flüchten die Hühner meist in Richtung Tal, wo sie mit den Bedingungen noch schwerer zurechtkommen. Auch hier empfiehlt Dungler daher, nicht zu früh oder zu spät mit der Tour zu starten und sich schon im Vorhinein über die Gebiete zu informieren, in denen man den Raufußhühnern begegnen könnte.

Unterschiedliche Motivationen

„Als ich mit den Skitouren begonnen habe, waren wir nur ein paar wenige Verrückte, die einfach die Natur in den Bergen genießen wollten“, so Dungler. Mittlerweile habe sich die Motivation vieler Skitourengeher aber stark gewandelt. „Immer mehr Menschen betreiben das Skitourengehen nicht mehr als Natursport, sondern nur um ihre Ausdauer zu trainieren und vielleicht auch, um einem aktuellen Trend hinterherzulaufen“, so der Sportökologe.

Andererseits sehe Dungler aber auch einen Trend in die entgegengesetzte Richtung: „Sehr viele junge Menschen achten wirklich sehr gut auf die Natur – den meisten von ihnen muss man zum Beispiel gar nicht mehr sagen, dass sie bestimmte Zonen nicht betreten sollen“. Ein paar der jungen Sportlerinnen und Sportler hätten dabei sogar den Skitourveteranen schon einiges voraus.

„Schere unter den Skitourengehern“

„Man kann fast von einer Art Schere unter den Skitourengehern sprechen“, so Dungler. Einer Gruppe liege die Natur in den Bergen sehr am Herzen, die andere Gruppe bedrohe sie hingegen mit ihrem oft ignoranten Verhalten. Ein anhaltendes ignorantes Verhalten könnte das Skitourengehen in Österreich nachhaltig erschweren. Schon jetzt kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Waldbesitzern, Förstern und Wintersportlern. Ein dauerndes Brechen der Regeln, wie etwa das Aufschrecken der Tiere und das Befahren von Sperrzonen, könnte irgendwann dazu führen, dass Skitouren in einigen Gebieten komplett verboten werden.

Um möglichst umweltfreundliche Skitouren zu garantieren, braucht es laut Dungler Lenkungsmaßnahmen. Diese gibt es schon in vielfacher Ausführung online – etwa vom österreichischen Alpenverein – aber auch entlang von Skitourrouten gibt es immer mehr Schilder, die Sportlerinnen und Sportler auf das richtige Verhalten in der Natur hinweisen. „Da hat sich in den letzten Jahren schon sehr viel getan, auf manchen Bergen könnten die Lenkungsmaßnahmen aber auf jeden Fall noch verbessert werden“, so Dungler.

Naturschutz, auch bei der Anreise

Sich bei der Tour richtig zu verhalten, sei eine Sache – in Sachen Naturschutz darf laut Dungler aber auch nicht auf die An- und Abreise zur Skitourroute vergessen werden: „Sehr viele Tourengeher reisen allein mit ihrem Auto an. Die Parkplätze bei beliebten Routen sind daher sehr oft überfüllt“.

Auch hier wünscht sich Dungler ein Umdenken unter den Sportlerinnen und Sportlern: „Sie könnten zum Beispiel ganz leicht Fahrgemeinschaften bilden und so auf das ein oder andere Auto verzichten“. Dabei sieht der Wiener Landesnaturschutzreferent aber auch die einzelnen Regionen in der Pflicht, zu handeln. „Vor allem bei beliebten Skitourrouten wäre zum Beispiel das Betreiben von öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Startpunkten auf jeden Fall sinnvoll“.