Skifahrer auf der Piste, daneben grüne Wiese, aufgenommen am Freitag, 30. Dezember 2022, in Riezlern, Vorarlberg. –
APA/EXPA/ JFK
APA/EXPA/ JFK

Warum der Winter in Europa so warm ist

Das Jahr hat nicht nur in Österreich sehr warm begonnen. Laut einem Klimaforscher sind die ungewöhnlich hohen Temperaturen nur teilweise auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen. Dieser verstärke aber die Launen der Natur ins Extreme.

In Warschau hatte es am 1. Jänner fast 19 Grad, im spanischen Bilbao 25 Grad und auch in Österreich war es vergangene Woche in vielen Regionen extrem warm. Viele Menschen wundern sich über die extrem warmen Temperaturen momentan in weiten Teilen Europas. Und viele fragen sich, ob man das auf den menschengemachten Klimawandel zurückführen kann, oder ob das einfach eine zufällige Laune der Natur ist. Es ist eine Mischung aus beidem, erklärt der Klimaforscher Thomas Jung vom Alfred Wegener Institut in Bremerhaven. Der warme Winter könne einerseits in direktem Zusammenhang mit dem Klimawandel gesehen werden, doch auch andere Faktoren spielten eine Rolle.

Jetstream brachte warme Luft

„Was wir in der letzten Woche hatten, war eine sehr ungewöhnliche Position und ein sehr ungewöhnliches Verhalten des Jetstreams“, so Jung. Der Jetstream ist ein Starkwindband, das in unterschiedlich stark ausgeprägten Wellen mal warme, mal kalte Luft nach Europa bringt. Auch für Hoch- und Tiefdruckgebiete ist der Jetstream verantwortlich. Momentan bringe der Jetstream über Europa sehr warme und teilweise auch feuchte Luft sehr weit aus dem Süden nach Mitteleuropa.

„Dass der Jetstream über Europa sich durch die Klimaerwärmung stark verändert, dafür gibt es nach heutigem Stand keine eindeutigen wissenschaftlichen Beweise“, meint Thomas Jung. Man könne natürlich argumentieren, dass die derzeitigen Klimamodelle einfach noch nicht in der Lage sind, eine solche Verbindung herzustellen. „Aber ich bezweifle, dass der Klimawandel ganz starken Einfluss auf den Jetstream im nordatlantischen europäischen Raum hat. Der ist einfach so variabel von sich aus, dass der nicht so einfach und leicht auf diesen menschengemachten Antrieb reagiert“, ergänzt Jung.

Klimawandel führt zu Extremwetter

Der Jetstream bringt also eher zufällig warme Luft aus dem Süden zu uns, aber dass die Luft so rekordverdächtig warm ist, das hat mit dem Menschen zu tun, ist Jung sicher. Die Luft sei aufgrund der globalen Erwärmung beziehungsweise der erhöhten CO2-Konzentration in der Luft wärmer, als sie sonst wäre. Auch die Ozeane hätten sich schon aufgewärmt und können die Luftbewegungen über dem Atlantik nicht mehr so gut abkühlen. „Das sind die Effekte, die wir sehen, die sicherlich etwa zwei Grad ausmachen“, so Thomas Jung.

Deshalb seien zufällige Wärmeereignisse wie der Jetstream der vergangenen Wochen eben deutlich wärmer. „Und wenn wir im Sommer Hitzewellen haben, dann haben wir möglicherweise in einer vier Grad wärmeren Welt nicht mehr 37 Grad irgendwo in Deutschland oder in Österreich, sondern 47 Grad“, so Thomas Jung.

Mehr CO2 in der Atmosphäre hält nämlich die Wärme in der Luft, und die wiederum trifft auf ausgetrocknete, nicht mehr kühlfähige Böden – diese Prozesse seien wissenschaftlich gut belegt. Am menschengemachten Klimawandel gibt es somit keine Zweifel, auch wenn der Jetstream dabei vielleicht in Europa keine so große Rolle spielen mag.

Zukunft ungewiss

Die Frage, was in der Zukunft mit dem Jetstream über Europa passiere, werde momentan in der Klimaforschung breit diskutiert. Möglich wäre etwa, dass er im Zuge des Klimawandels häufiger Konfigurationen einnimmt, die zu solchen übermäßig warmen Temperaturen führen kann oder auch Stürme und Überflutungen fördert.

„Das wird gerade in der Wissenschaft kontrovers diskutiert“, so Jung. „Wenn man sich zum Beispiel Beobachtungsdaten anschaut der letzten 30 Jahre, dann sieht man tatsächlich eine leichte Tendenz dahingehend, dass man häufiger solche Wetterlagen hat, wie wir sie letzte Woche hatten, und die dann auch ein bisschen länger anhalten.“ Man wisse aber nicht gesichert, ob der Mensch dafür verantwortlich ist oder ob diese Dynamik zufällig ist und heutige Klimamodelle zeigten auch keine Auffälligkeiten für die Zukunft.