Eruption des Hunga Tonga-Hunga Ha’apai
Reuters/Planet Labs PBC
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Tonga

Vulkanausbruch treibt Erderwärmung an

Der Ausbruch des Unterseevulkans vor Tonga vor fast genau einem Jahr dürfte zum Zusatzmotor für die Erderwärmung werden: Laut einer Studie erhöht die Eruption die Wahrscheinlichkeit, dass die 1,5 Grad-Temperaturanstiegsgrenze in den nächsten Jahren überschritten wird.

Die „Tonga-Eruption“ am 15. Jänner 2022 war größer als jedes andere Ereignis, das mit modernen geophysikalischen Methoden aufgezeichnet wurde, wie ein internationales Forschungsteam schon im Mai des vergangenen Jahres im Fachjournal „Science“ gezeigt hat. Seit der Krakatau-Eruption im Jahr 1883 gab es so etwas auf der Erde nicht. Die markante Serie an Ausbrüchen innerhalb kurzer Zeit katapultierte die Explosionswolke in Höhen von mehr als 30 Kilometern über dem Meeresspiegel. Das Ereignis wurde auch von Wettersatelliten registriert.

Hier handle es sich um eines der am besten dokumentierten derartigen Ereignisse in der Menschheitsgeschichte, schreibt das Forschungsteam um Stuart Jenkins von der Universität Oxford in Großbritannien in der aktuellen Studie im Fachjournal „Nature Climate Change“. Man schätze, dass der Ausbruch 146 Megatonnen Wasserdampf und rund 0,42 Megatonnen Schwefeldioxid in die Stratosphäre geschleudert hat.

Wahrscheinlichkeit steigt um sieben Prozent

Die Analysen der Wissenschaftler beziehen sich auf das Überschreiten der weltweiten Durchschnittstemperatur gegenüber der vorindustriellen Zeit um 1,5 Grad Celsius. Die Chance, dass die Welt in den kommenden fünf Jahren ihr erstes Jahr erlebt, in dem diese Marke tatsächlich übersprungen wird, steigen den Berechnungen zufolge durch die Folgen der Tonga-Eruption um rund sieben Prozent. Das ändere aber nichts daran, dass der bei weitem stärkste Treiber dieser Entwicklung die menschgemachten Treibhausgasemissionen bleiben, schreiben die Forscher.

Satellitenaufnahme des Vulkanausbruchs in Tonga
AFP/NATIONAL INSTITUTE OF INFORMATION AND COMMUNICATIONS (JAPAN)/
Eine Satellitenaufnahme des Vulkanausbruchs

Die meisten Vulkanausbrüche hieven vor allem Schwefeldioxid in hohe Luftschichten. Das führt in der Folge eher zur Temperaturabkühlung, weil die Aerosolpartikel Sonnenlicht streuen, schreiben die Forscher, zu denen auch der u. a. am Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien tätige Chris Smith zählt. Über mehrere Jahre hinweg sei es aber möglich, dass die Tonga-Eruption einen gegenteiligen Effekt bringt.

Verantwortlich dafür ist der hohe Wasserdampfausstoß, der den Wassergehalt in der Stratosphäre um zehn bis 15 Prozent erhöht habe. Bleibt der Dampf über längere Zeit hinweg dort, führe das zu einer Erhöhung der Oberflächentemperatur auf der Erde. Da am 15. Jänner 2022 zudem relativ geringe Schwefeldioxidmengen ausgestoßen wurden, die der Temperaturerhöhung entgegenwirken, könne der Vulkanausbruch zu einem Klimawandeltreiber werden – zumindest für einen begrenzten Zeitraum.