Integrierte Einzelphotonenquelle, die im Experiment genutzt wurde, um Präzisionsmessungen durchzuführen.
Fraunhofer IOF
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Quantenphysik

Bessere MRT-Bilder durch Verschränkung

Die Quantenwelt hat eine Reihe seltsamer Eigenschaften, die wenig mit der Alltagswelt zu tun haben: etwa, dass zwei voneinander entfernte Dinge wie von Geisterhand miteinander verbunden sind. Diese Quantenverschränkung könnte in Zukunft die für medizinische Diagnosen wichtigen MRT-Bilder verbessern.

Viele Größen in der Natur sind gerichtet, etwa die Kraft oder die Geschwindigkeit. Sie haben zu jedem Zeitpunkt eine Richtung und einen Betrag – will man sie bestimmen, muss man beide Komponenten messen. In der klassischen Welt ist das kein Problem, man misst einfach hintereinander.

In der Quantenwelt ist das – wie so oft – anders. Dort sind manche Größen unmittelbar voneinander abhängig: Misst man die eine, beeinflusst das augenblicklich auch die andere. Die Physiker sprechen von „konjugierten“ oder „komplementären“ Größen.

Messung von x-Achse beeinflusst y-Achse

Auch ein Magnetfeld ist eine gerichtete Größe – mit einer bestimmten Stärke und einer Richtung. Klassisch misst man nacheinander die Stärke des Magnetfelds entlang der drei Raumachsen x, y und z. Doch quantenmechanisch beeinflusst die Messung etwa entlang der x-Achse die Magnetfeldstärke entlang der y-Achse.

Theoretische Physiker um Lorcan Conlon von der Australian National University in Canberra haben eine neue Methode entwickelt, mit der solch konjugierte Größen optimal parallel gemessen werden können. Sie messen dazu mit Kopien eines Quantenzustands, die miteinander verschränkt werden, wie sie in einer Studie in „Nature Physics“ berichten.

Vergleich mit einer Kamera

Verschränkung ist ein quantenphysikalisches Phänomen, das oft als „spukhafte Fernwirkung“ bezeichnet wird: Zwei oder mehr verschränkte Quantenobjekte, etwa Teilchen wie Photonen, bleiben wie von Zauberhand miteinander verbunden. Sie teilen ihre physikalischen Eigenschaften und verhalten sich wie ein einziges Quantenobjekt.

In unserer Erfahrungswelt gibt es dafür keine Entsprechung, jeder Vergleich hinkt – auch jener, den Studien-Mitautor Christian Marciniak vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck im Gespräch mit der APA heranzieht, um die Methode zu veranschaulichen: Sein „Messgerät“ ist eine Kamera, mit der sich Ort und Geschwindigkeit eines fahrenden Autos feststellen lässt.

Belichtet man damit ganz kurz, erhält man ein scharfes Bild des Autos und weiß daher sehr genau seinen Ort. Belichtet man dagegen sehr lange, bekommt man ein sehr verschwommenes Bild des Autos, kann damit aber den zurückgelegten Weg während der Belichtungszeit feststellen. Daraus lässt sich recht genau die Geschwindigkeit des Fahrzeugs ausrechnen, der Ort ist aber sehr ungenau.

Quantenmechanische Superkamera

„Mit vielen Kameras könnte man viele Bilder machen, wüsste daher immer, wo das Auto gerade ist, und könnte aus der Bildsequenz ausrechnen, wie schnell es ist“, beschreibt Marciniak den klassischen Weg. „Könnte man nun diese Kameras miteinander verschränken, hätte man eine quantenmechanische Superkamera und nur ein Bild davon würde ausreichen, um beide Größen – also Ort und Geschwindigkeit – parallel und besser als mit der klassischen Messmethode zu bestimmen.“

Weil die Physiker zeigen wollten, dass ihre neue Methode auch auf verschiedenen Systemen funktioniert, haben sie diese auf unterschiedlichen Quantencomputern getestet. Dazu zählten u.a. mehrere kommerzielle Quantenrechner mit supraleitenden Quantenbits (Qubits), ein photonischer Quantenrechner und ein Ionenfallen-Quantencomputer an der Universität Innsbruck.

Mit Quantenfehlerkorrektur …

Wenn mit nur einer einzelnen Kopie eines Quantenzustands gemessen wurde (konkret wurden in Innsbruck zwei Drehwinkel des atomaren Spins vermessen), erreichten einige der Quantencomputer jene Genauigkeit, die dem bestmöglichen klassischen Messergebnis entspricht. Das entspricht den Erwartungen, weil es mit nur einer Kopie keinen Vorteil durch Verschränkung gibt, aber bestätigt die gute Kontrolle über die Quantencomputer.

Wurde aber mit zwei verschränkten Kopien eines Quantenzustands gemessen, lag die Messgenauigkeit bei wenigen Quantenrechnern noch an dem von den Theoretikern vorhergesagten optimalen Wert. Allerdings waren einige noch immer besser als mit der besten klassischen Methode. Notwendig dafür war laut Marciniak eine entsprechende Kalibrierung („Fehlermitigation“).

… vielleicht zu besseren MRT-Bildern

Einige Quantencomputer schnitten aufgrund aufsummierter Fehler in der Berechnung schlechter ab als die klassische Messmethode. Sobald allerdings Fehlerkorrektur bei Quantencomputern möglich ist – eine Herausforderung, an der weltweit gearbeitet wird – „wird man mit immer mehr verschränkten Kopien deutlich besser als mit klassischen Methoden messen können“, ist der Experimentalphysiker überzeugt. Man habe mit der Arbeit zeigen können, dass die Methode – selbst wenn viel Rauschen im Spiel ist – gut funktioniere.

Die Möglichkeit, physikalische Werte gleichzeitig und noch genauer als bisher zu bestimmen, könnte viele Vorteile bieten – etwa in der medizinischen Bildgebung. So arbeiten Magnetresonanztomografen (MRT), die detaillierte Bilder aus dem Körper liefern, mit Magnetfeldern. „Könnte man mehrere Größen dieser Magnetfelder parallel und genauer messen, würde man bei gleichem Aufwand – also gleiche Dauer des Aufenthalts in der Röhre und gleiche Magnetfeldstärke des Geräts – eine bessere Auflösung bekommen, oder bei gleicher Auflösung den Aufwand verringern können, also weniger Zeit in der Röhre verbringen müssen oder mit geringerer Magnetfeldstärke arbeiten können“, so Marciniak.