Ackerland, Acker, Agrarproduktion, Wiese, Brache, Brachfläche
Alexander Ozerov – stock.adobe.c
Alexander Ozerov – stock.adobe.c
Ökologie

Klimaerwärmung verändert Insektenvorkommen

In Österreich wird es zunehmend wärmer, das verändert auch die Welt der Insekten. Laut einer neuen Studie ist in den vergangenen 30 Jahren ein Viertel aller Arten durch neue, eher wärmeliebende ersetzt worden. Insgesamt seien Anzahl und Population jedoch stabil geblieben – was im Widerspruch zu früheren Studien steht.

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) präsentierte am Montag die Studie “Veränderung von Insektenpopulationen in Österreich in den letzten 30 Jahren“. Sein Ministerium sowie die neun Bundesländer fungierten als Auftraggeber der Studie, die von einem Team um den Ökologen Thomas Zuna-Kratky stammt.

Ein Zehntel der heimischen Arten untersucht

Die über 4.000 Arten machen dabei nur elf Prozent aller in Österreich vorkommenden Insektenarten aus. Was ihren „Austausch“ betrifft, so sei die Klimaerwärmung ein „Hauptfaktor“, sagte Totschnig, denn wärmeliebende Insekten kamen, während jene, die kältere Bedingungen bevorzugten, verschwunden seien – was bedeutet, dass sie auf den über 300 Standorten nicht mehr nachgewiesen werden konnten. Ebenso fand eine Verschiebung von auf nährstoffarme Standorte spezialisierte Arten zugunsten von solchen statt, die im Vergleich geringere Ansprüchean ihre Lebensräume haben.

Heuschrecken Verlierer

Zu den „Verlierern“ gehören laut dem Insektenforscher Zuna-Kratky so etwa Heuschrecken, während die Erdbauhummel sich als „Neuzugang“ wiederum bei den „Gewinnern“ finden würde. Die Erhebung zum Vorkommen der Heuschrecken ist bereits einmal in den 1990er-Jahren durchgeführt worden, für die Studie wurde sie nun mit der gleichen Methodik noch einmal wiederholt. Dieses Vorgehen des Wiederholens war Grundlage für die neue Insektenpopulationsstudie, aber solche Studien zu finden, gestaltete sich schwierig, sagte Zuna-Kratky, denn „viele davon gab es nicht in den vergangenen Jahren“.

Bei den Heuschrecken und der Fangschrecke – einzig in Österreich vertretene Art ist hier die Gottesanbeterin – war dies jedoch der Fall und die Neuerhebung der einzigen österreichweiten Auswertung ergab einen Rückgang der Populationsdichten – jedoch mit regionalen Unterschieden, da etwa in den Hochalpen eine Zunahme zu verzeichnen war.

Bei den Heuschrecken zeigte sich auch der Austausch der Arten: Während in den 1990er-Jahren der Bestand an auf Extensivwiesen angepasste Rotleibige Grashüpfer und ausbreitende Lauchschrecke noch in etwa gleich war, wurde der Grashüpfer seltener, während bei Lauchschrecken die Anzahl zugenommen hat. Positive Entwicklungen gab es bei den Tagfaltern hingegen in den Ackerbaugebieten der Tieflagen.

Global 2000: Studie nicht generalisierbar

Abgesagt ist das „Insektensterben“ jedoch insgesamt nicht. Ein solches wurde etwa aufgrund der Ergebnisse der häufig zitierten deutschen „Krefeld-Studie“ befürchtet, die eine sinkende Anzahl an „Fluginsekten“ erhoben hatte, konkret einen Rückgang der Gesamtmasse um über 75 Prozent in einem Zeitraum von 27 Jahren.

Aus Sicht von Global 2000 sei der Umfang der Erhebungen in Österreich nicht ausreichend, um allgemeine Aussagen herzuleiten: "Denn die Studienautor:innen selbst stellten in ihrem Bericht klar, dass ihre Auswertungen ‚aufgrund methodischer Einschränkungen jedoch keine verallgemeinernden Aussagen für Österreich‘ erlauben würden, hieß es in einem Statement der Umweltschutzorganisation zu der aktuellen Insektenstudie des Landwirtschaftsministeriums.

Umweltbundesamt zog andere Schlüsse

Im Jahr 2020 veröffentlichte das österreichische Umweltbundesamt eine Studie zu „Insekten in Österreich“, in deren Resümee auf aktuelle mitteleuropäische Publikationen verwiesen wurde, die von Rückgangsraten der Insektenfauna von über fünf Prozent pro Jahr ausgingen. Dies sei nicht überraschend hieß es und auch in Österreich sei von Rückgängen auszugehen.

"Waren es in früheren Jahrzehnten vor allem spezialisierte Arten bestimmter seltener Lebensräume, für die Bestandsrückgänge zu verzeichnen waren, betrifft das Insektensterben offensichtlich auch häufige, weit verbreitete Arten bzw. alle Fluginsekten gleichermaßen“, schrieb das Umweltbundesamt. Eine monokausale Ursache gebe es nicht, jedoch „sei die zunehmende Intensivierung der Landnutzung, eine immer stärkere Fragmentierung der Landschaft durch Barrieren“ neben den Auswirkungen der Klimakrise, von Insektiziden, Schadstoffeinträgen sowie gebietsfremden Arten eine immer größere Herausforderung für die heimischen Vertreter. Dies ließe sich aus der Literatur der vergangenen Jahrzehnte „jedenfalls zweifelsfrei ableiten“.