Kuschelhormon

Oxytocin als Schmerzkiller

Oxytocin, auch bekannt als Kuschelhormon, schweißt Menschen zusammen, leitet Geburten ein und lindert Ängste. Der Botenstoff könnte auch gegen chronische Unterleibsschmerzen helfen, unter denen viele Personen mit Magen-Darm-Erkrankungen leiden. Das zeigen Forschungsergebnisse der Uni Wien.

Um diesen neuen Wirkstoff in Richtung Markt weiterzuentwickeln, erhält Markus Muttenthaler von der Fakultät für Chemie der Uni Wien nun Förderung vom Europäischen Forschungsrat ERC. Der Medizinchemiker bekam bereits 2017 einen hochdotierten „Starting Grant“ des ERC, um neue therapeutische Ansätze gegen Erkrankungen des Verdauungstrakts zu erforschen. Unter anderem widmet er sich dabei dem therapeutischen Potenzial des Rezeptors für Oxytocin. Im Zuge dieses Projekts fand das Forschungsteam heraus, dass es zur Schmerzunterdrückung im Darm kommt, wenn sie die dort befindlichen Oxytocin-Rezeptoren aktivieren.

Wirkung lokal im Darm

„Derzeit werden zur Behandlung der von chronischen Magen-Darm-Erkrankungen ausgehenden Schmerzen Opiate verwendet. Diese verschlimmern allerdings die Erkrankungen oftmals und können zur Abhängigkeit führen“, so Muttenthaler. Der Oxytocin-Rezeptor sei daher von großer Bedeutung, da er opiatunabhängig funktioniere und lokal im Darm aktiviert werden kann.

Oxytocin zählt zur Klasse der Peptidhormone, die generell zu labil sind für die Entwicklung von oral verfügbaren Medikamenten. Denn es wird im Magen-Darm-Trakt sehr schnell verdaut. Dem Forschungsteam ist es gelungen, eine viel stabilere Version herzustellen, was eine orale Verabreichung ermöglicht. Peptide sind auch zu groß, um die Magen-Darm-Wand zu überwinden und in den Blutkreislauf zu kommen.

„Diese neue Wirkstoffklasse wirkt deshalb nur lokal im Darm, also dort, wo der Schmerz entsteht, ohne unerwünschte Nebeneffekte“, so Muttenthaler. Mit dem mit 150.000 Euro dotierten „Proof-of-Concept“-Grant des ERC, will der Forscher die neue Wirkstoffklasse nun optimieren und präklinisch untersuchen.