Afrikanische Waldelefanten
AFP – AMAURY HAUCHARD
AFP – AMAURY HAUCHARD
Artenvergleich

Soziale Säugetiere leben länger

Viele Säugetiere leben in kleineren oder größeren Gruppen. Das wirkt sich anscheinend günstig auf ihre Lebenserwartung aus: Sie werden deutlich älter als Einzelgänger, wie eine aktuelle Studie zeigt, für die die Lebensweisen von fast 1.000 Tierarten verglichen wurde.

Etwa zwei Jahre lebt eine einfache Hausmaus, Grönlandwale können hingegen 200 Jahre alt werden, also hundertmal so alt. Für die extremen Unterschiede bei der Lebenserwartung von Säugetieren gibt es bereits einige Erklärungen. Der augenscheinlichste Zusammenhang liegt in der Körpergröße: Kleine Tiere leben tendenziell kürzer. Eine niedrige Körpertemperatur und eine niedrige Stoffwechselrate wirken sich hingegen günstig aus, außerdem schützen bestimmte Genvarianten manche Tiere wie etwa den robusten Nacktmull oder Elefanten vor schweren Krankheiten wie Krebs, auch dadurch leben diese Arten länger.

Verschiedene Lebensmodelle

Wie lange Säugetiere leben, dürfte aber nicht nur von solchen körperlichen Voraussetzungen abhängen, auch die Lebensweise spielt eine Rolle, wie die Forscherinnen und Forscher um Pingfen Zhu von der chinesischen Akademie der Wissenschaften im Fachmagazin „Nature Communications“ berichten. Säugetiere verbringen ihr Dasein in ganz unterschiedlichen Sozialstrukturen: Manche sind Einzelgänger, andere leben in Paaren oder in größeren Verbänden. Dass ein enger sozialer Zusammenhalt die Lebensspanne verlängern kann, zeigen frühere Studien zu einzelnen Tierarten. Auch bei Menschen wirken sich Beziehungen in der Regel positiv auf die Gesundheit aus.

Grönlandwal-Weibchen mit Jungem
AP Photo/Stocktrek Images
Der extrem langlebige Grönlandwal: Weibchen mit Jungem

Wie das australisch-chinesische Team in der soeben veröffentlichten Studie weiter ausführt, hat das Leben in Gruppen einige Vorteile: Es reduziert mögliche Belastungen, unter anderem schützt es besser vor Hunger oder Räubern. Auch das Immunsystem profitiert vermutlich von einem engen Zusammenleben. Das Lebenstempo könnte beim Zusammenhang zwischen Langlebigkeit und Sozialleben ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, denn soziale Investitionen zahlen sich meist nur langfristig aus. Bei schnell wachsenden Arten mit hohen Fortpflanzungsraten würde sich der Aufwand laut den Studienautoren eher nicht lohnen. Das könnte eine mögliche Erklärung dafür sein, warum sich vernetzte Sozialstrukturen und Langlebigkeit in der Evolution parallel entwickelt haben.

Aufwand lohnt sich

Um herauszufinden, ob sozial lebende Säugtiere tatsächlich älter werden, hat das Team nun insgesamt 974 Tierarten untersucht: 497 Einzelgänger, 115 leben paarweise, 412 in Gruppen, 50 wechseln zwischen den Lebensformen. Dabei zeigte sich, dass in Gruppen lebenden Arten wie Elefanten, Zebras oder Fledermäuse tatsächlich deutlich länger leben als Einzelgänger wie Mäuse, Erdferkel oder Streifenbackenhörnchen. Besonders deutlich wird der Unterschied bei Arten, die aufgrund ihrer Größe eine ähnliche Lebenserwartung haben müssten, wie die als Einzelgänger lebende Kurzschwanzspitzmaus und die in Gruppen lebenden Hufeisennasen. Die Maus wird nur ca. zwei Jahre alt, die Fledertiere hingegen um die 30 Jahre.

Streifen-Backenhörnchen
AP Photos/Orlin Wagner
Das Streifen-Backenhörnchen ist ein Einzelgänger

Bei 94 Arten führten die Forscherinnen und Forscher zusätzlich eine genauere genetische Analyse durch. Dabei wurden 31 Gene identifiziert, die im Zusammenhang mit Langlebigkeit stehen. Das Gruppenleben dürfte sich günstig auf den Hormonhaushalt und das Immunsystem auswirken.

Insgesamt untermauern die Ergebnisse, dass starke und stabile Sozialbindungen das Leben tatsächlich verlängern können, heißt es in der Studie. Diese Vorteile dürften schwerer wiegen als die Kosten des Gruppenlebens, wie z. B. Konkurrenz um Nahrung und Partner, Stress durch Artgenossen und Infektionskrankheiten. Auch evolutionär betrachtet lohne sich der Aufwand: Denn langfristig erhöhe das kooperative Zusammenleben die Überlebenschancen einer Tierart.