Mumien Ägypten Einbalsamierung Tonkrüge Gefässe
Saqqara Saite Tombs Project, University of Tübingen, Tübingen, Germany. Photographer: M. Abdelghaffar
Saqqara Saite Tombs Project, University of Tübingen, Tübingen, Germany. Photographer: M. Abdelghaffar
Archäologie

Womit Mumien einbalsamiert wurden

Erstmals hat ein deutsch-ägyptisches Forschungsteam genau nachgewiesen, wie und mit welchen Substanzen die alten Ägypter ihre Mumien einbalsamierten. Besonders überraschend war für die Fachleute dabei, dass der Großteil der gefundenen Substanzen nicht aus Ägypten selbst stammte, sondern importiert wurde.

Namentlich sind viele der Substanzen, die im alten Ägypten für die Einbalsamierung der Toten verwendet wurden, bereits seit langem bekannt. „Wir lesen bestimmte Namen immer wieder in altägyptischen Schriften und auf Gefäßen, bisher konnten wir aber nur Vermutungen darüber anstellen, worum es sich dabei konkret gehandelt hat“, erklärt der Prähistoriker Philipp Stockhammer von der Universität Tübingen in einem Pressegespräch.

Als Beispiel nennt Stockhammer etwa eine von den alten Ägyptern als „antiu“ bezeichnete Einbalsamierungssubstanz. Lange Zeit gingen Expertinnen und Experten davon aus, dass es sich dabei um Myrrhe oder Weihrauch handelte. Konkrete Beweise gab es dafür bisher aber noch nicht.

Rätsel um altägyptische Inhaltsstoffe

Im ägyptischen Sakkara, unweit der berühmten Unas-Pyramide wurde im Jahr 2016 aber eine Werkstatt aus dem 7. und 6. Jahrhundert vor Christus entdeckt. Darin befanden sich zahlreiche gut erhaltene Keramikgefäße – viele von ihnen sogar mit Inhaltsangaben und Handlungsanweisungen beschriftet.

Stockhammer war Teil eines deutsch-ägyptischen Forschungsteams, das die Gefäße nun mit hochmodernen Verfahren wie der Gaschromatographie-Massenspektrometrie untersuchte. Das Ziel war es, die ursprünglichen Inhalte der Gefäße im Detail zu entschlüsseln. Die Ergebnisse der Untersuchung präsentieren die Forscherinnen und Forscher aktuell im Fachjournal „Nature“.

Tierische Fette und Duftöle

In der Werkstatt in Sakkara handelte es sich bei „antiu“ nicht um Myrrhe oder Weihrauch, sondern um eine Mischung aus Zedernöl, Wacholder- beziehungsweise Zypressenöl und tierischen Fetten. Auch andere namentlich schon lange bekannte Substanzen wie etwa „sefet“ wurden von dem Team untersucht – auch dabei zeigte sich, dass es sich nicht wie vermutet um eine einzelne Substanz handelte, sondern um eine Mischung aus tierischen Fetten, Ölen und Harzen.

Mumien Ägypten Einbalsamierung
Saqqara Saite Tombs Project, University of Tübingen, Tübingen, Germany. Photographer: S. Beck
Das Ausgrabungsgelände Sakkara, im Hintergrund die Unas-Pyramide und die Djoser-Pyramide

Weitläufige Handelsrouten

Die gefundenen Inhaltsstoffe sorgten bei den Forscherinnen und Forscher mitunter auch für Verwunderung. „Es war für uns ziemlich überraschend, dass der Großteil der verwendeten Substanzen nicht aus Ägypten selbst stammt“, erklärt der Archäologe Maxime Rageot von der Universität Tübingen.

Viele Substanzen, wie etwa pflanzliche Öle, mussten aus dem Mittelmeerraum, dem tropischen Afrika oder aus Südostasien importiert werden. Da die Tradition der Einbalsamierung über 4.000 Jahre anhielt und Tote ab der oberen Mittelschicht im großen Stil mumifiziert wurden, waren dafür globale Beziehungen und Handel in bisher ungeahnten Ausmaßen nötig.

Gefäße mit Gebrauchsanweisung

Die in Sakkara gefundenen Keramikgefäße waren zum Teil auch mit Anleitungen beschriftet, was den Forscherinnen und Forschern weitere Einblicke in den Prozess der Einbalsamierung ermöglichte. Pistazienharz und Rizinusöl wurden in der Werkstatt etwa ausschließlich für den Kopf der Toten verwendet, andere Substanzen kamen hingegen „am dritten Tag“ oder „für die Leber“ zum Einsatz, wieder andere waren „für eine schöne Haut“.

Die Balsamierer nutzten auch eine Art der natürlichen Kühlung für die Toten, denn die von dem Ägyptologen Ramadan Hussein entdeckte Balsamierungskammer liegt in Sakkara in 13 Metern Tiefe. Gleich nebenan war zudem eine Schachtanlage, in der die Toten bestattet wurden.

Regionale Variationen möglich

Die Forscherinnen und Forscher geben aber auch zu bedenken, dass die verwendeten Einbalsamierungssubstanzen und -techniken sicher nicht überall und jederzeit die gleichen wie in Sakkara waren. Der Prozess habe sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt, bevor die Tradition im 1. Jahrtausend nach Christus langsam ein Ende fand. Ob die Verfahren und Inhaltsstoffe, die in Sakkara zum Einsatz kamen, auch in anderen Teilen des altägyptischen Reichs verbreitet waren, sei daher noch ungewiss und das Forschungsziel künftiger Untersuchungen.