Neandertaler
Gorodenkoff – stock.adobe.com
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Studie

Neandertaler jagten riesige Elefanten

Neandertaler haben vor 125.000 Jahren möglicherweise in größeren Gruppen gelebt als bisher angenommen und riesige Elefanten gejagt, die bis zu dreimal so groß waren wie die heutigen. Das zeigt eine Analyse von Überresten der damaligen Europäischen Waldelefanten, die in Deutschland gefunden worden waren.

Für die in der Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlichte Studie hatten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die Überreste von rund 60 Elefanten aus dem Pleistozän untersucht, die in den 1980er Jahren in einem riesigen Kohleabbaugebiet südlich von Halle in Sachsen-Anhalt entdeckt worden waren. Die Tiere waren viel größer als das Wollhaarmammut und bis zu dreimal so groß wie der heutige Asiatische Elefant. Ein ausgewachsenes Männchen konnte bis zu 13 Tonnen wiegen.

„Diese riesigen Tiere zu jagen und zu schlachten, gehörte zu den Aktivitäten der dortigen Neandertaler für den Lebensunterhalt“, sagte Studien-Mitautor Wil Roebroeks der Nachrichtenagentur AFP. Nach den Worten des Archäologen von der Universität von Leiden ist die Studie der „erste eindeutige Beweis für die Elefantenjagd in der menschlichen Evolutionsgeschichte“.

Jagd auf „Kalorienbomben“

Dass die Neandertaler die Elefanten jagten und nicht einfach tote Tiere ausschlachteten, machen die Forscher anhand von Alter und Geschlecht der analysierten Überreste fest. Bei den meisten handelte es sich demnach um ausgewachsene Männchen, die im Gegensatz zu den Elefantenkühen die meiste Zeit Einzelgänger und damit leichter zu jagen waren.

Oberschenkelknochen eines Elefanten
Lutz Kindler, MONREPOS
Oberschenkel von Elefanten wird untersucht

Zudem seien sie „die größten Kalorienbomben“ gewesen, sagte Roebroeks. Ein durchschnittlicher männlicher Elefant von etwa zehn Tonnen hätte laut dem Experten einem erwachsenen Neandertaler mindestens 2.500 Tagesportionen geliefert. Damit konnten die Neandertaler umgehen, indem sie die riesigen Nahrungsmengen konservierten – „das ist bereits etwas, was wir nicht wussten“ – und weil "sie in viel, viel größeren Gruppen lebten, als wir gemeinhin annehmen“, so Roebroeks.

Vielseitige Welt der Neandertaler

Laut der Studie betrieben die Neandertaler in dem Gebiet die Elefantenjagd über einen Zeitraum von mindestens 2.000 Jahren, also über Dutzende von Generationen. Wie groß die einzelnen Gemeinschaften waren, in denen sie damals lebten, konnten ließ sich laut Roebroeks nicht genau bestimmen: „Aber wenn man einen zehn Tonnen schweren Elefanten hat und das Tier verarbeiten will, bevor sein Fleisch verdirbt, braucht es etwa 20 Leute, um das binnen einer Woche zu erledigen.“

Auf jeden Fall zeige die Studie, dass „die Welt der Neandertaler sehr vielseitig war“, sagte der niederländische Archäologe. Und dass sie nicht einfach nur Sklaven der Natur waren; keine Ur-Hippies, die davon lebten, was die Natur ihnen so gab. Vielmehr seien sie durchaus in der Lage gewesen, ihre Umwelt zu gestalten.