Künstlerische Darstellung des DNA-Moleküls
Giovanni Cancemi – stock.adobe.com
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China

„Gentech-Babys“ führen „normales Leben“

Vor vier Jahren hat der chinesische Forscher He Jiankui die Welt erschüttert: Mit seiner Hilfe sollen die ersten gentechnisch veränderten Babys auf die Welt gekommen sein. Die Kinder führen heute ein „normales, friedliches und ungestörtes Leben“, wie er nun in einem Interview sagte. Er selbst arbeitet nach einer Haftstrafe wieder an Gentherapien und wird im März an einem Welttreffen der Gentechbranche in London teilnehmen.

He Jiankui hatte im November 2018 die Geburt der Zwillingsmädchen „Lulu“ und „Nana“ verkündet. Außerdem gab der Forscher damals an, dass eine weitere Frau mit einem gentechnisch veränderten Kind schwanger sei. Auch dieses Kind sei später geboren worden. Der Forscher gab an, das Erbgut der Kinder mit Hilfe der Genschere Crispr/Cas9 so manipuliert zu haben, dass die Kinder vor einer Ansteckung mit HIV geschützt seien.

Drei Jahre Haft nach großer Empörung

Sein Vorgehen löste in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit große Empörung aus. He Jiankui wurde in China zu drei Jahren Haft verurteilt, wie die „South China Morning Post“ am Dienstag berichtete. Demnach betreibt er bereits ein neues Labor in Peking, in dem er an erschwinglichen Therapien für seltene genetische Krankheiten forscht. Seine langfristige Vision sei es, „dass jeder von uns frei von Erbkrankheiten sein sollte“, zitierte das Blatt.

Auf die Frage, ob er sich Sorgen um die Zukunft der Kinder mache, antwortete He Jiankui laut der Zeitung, er habe die gleichen Erwartungen und Sorgen wie jeder Vater um die Zukunft seiner Kinder. Er und sein Team hätten den Eltern versprochen, die Gesundheit der Kinder weiter zu überwachen. Man habe sich auch um private Zusatzversicherungen bemüht. Doch keine Versicherung habe einsteigen wollen. Nun sei geplant, eine gemeinnützige Stiftung zu gründen, um Geld zu sammeln.

He Jiankui beim Second International Summit on Human Genome Editing in Hong Kong im November 2018
AFP – ANTHONY WALLACE
He Jiankui beim Second International Summit on Human Genome Editing in Hong Kong im November 2018

Nach der Veröffentlichung hatten andere Forscherinnen und Forscher die Ergebnisse des Chinesen immer deutlicher angezweifelt. Fachleute, kamen zu dem Schluss, dass He Jiankui mit seinem Vorgehen gegen zahlreiche ethische und wissenschaftliche Standards verstoßen habe. Zudem hätten die Manipulationen, die die Babys vor einer Ansteckung mit HIV schützen sollten, vermutlich nicht den gewünschten Erfolg gehabt.

Teilnahme an Welttreffen in London

Jiankui soll nach Angaben der „South China Morning Post“ im März nach Großbritannien reisen und auf Einladung des Anthropologen Eben Kirksey an der Universität Oxford einen Vortrag über seine Forschung halten. Kirksey hatte 2020 über den „Wettlauf um gentechnisch veränderte Kinder“ ein Buch geschrieben. Das Ethikkomitee der britischen Uni habe dem zugestimmt, berichtete die Zeitung.

Jiankui werde beim dritten Welttreffen zur Genom-Editierung des Menschen in London teilnehmen, bestätigte auch der „Guardian“. „Dort werden wir diskutieren, was mit den drei Kindern passiert ist, deren Physiologie durch Gentechnik möglicherweise verändert wurde“, so Robin Lovell-Badge, britischer Genetiker und Organisator der Veranstaltung. „Es wird dort auch Vorträge geben zu den Fragen, was sich in China gesetzlich und ethisch in Sachen Gentechnik geändert hat. Es gab zahlreiche fundamentale und positive Veränderungen.“

Arbeit zu seltener Muskelkrankheit

Laut „South China Morning Post“ arbeitet He Jiankui aktuell in Peking an einer Therapie für die Erbkrankheit Muskeldystrophie Duchenne – einer seltenen Muskelerkrankung, an der vor allem junge Männer erkranken können. Er rief vor Kurzem öffentlich Wirtschaftstreibende dazu auf, die Erforschung von Gentech-Medikamenten für seltene Krankheiten zu unterstützen – darunter auch direkt Jack Ma, den langjährigen Chef des chinesischen Online-Riesenunternehmens Alibaba.