Schüler und Schülerinnen in einer Klasse
AFP – EMMANUEL DUNAND
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Schulen

300 Botschafter gegen Wissenschaftsskepsis

In Österreich ist die Skepsis gegenüber der Wissenschaft besonders groß. Ein Gegenmittel hat nun ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek vorgestellt: Rund 300 Wissenschaftsbotschafterinnen und -botschafter sollen an Schulen über sich und ihre Forschung berichten – und damit Neugier auf Wissenschaft wecken.

Martin Polaschek stellte am Dienstag namhafte Personen aus dieser Riege vor. Die Botschafter und Botschafterinnen seien ein Punkt eines größeren Vorhabens, in dem auch Lehrerinnen und Lehrer „Schlüsselpersonen“ sind. Als eine Art „Gratis-Partnervermittlung“ bezeichnete der bereits seit längerem in Schulklassen im Sinne der Wissenschaftsvermittlung tätige Virologe Andreas Bergthaler die Herangehensweise. Um das Forscher-Lehrer-Schüler-Matchmaking kümmert sich die Agentur für Bildung und Internationalisierung (OeAD).

„Man lernt viel“ – so fasste der Wissenschaftler seine bisherigen Erfahrungen zusammen. Schülerfragen kämen aus unterschiedlichsten und unerwarteten Richtungen. Die Herausforderung bestehe darin, darzustellen, wie man als Forscher versucht, sich der Wahrheit anzunähern – und warum man sie trotzdem quasi nie ganz zu fassen bekommt, so Bergthaler.

Mehr Gewicht in Leistungsvereinbarungen

Genau dies zu tun, gehöre mittlerweile zum Dasein als Wissenschaftler dazu. Allerdings werden Aktivitäten in diese Richtung in der kompetitiven Welt der Wissenschaft mit ihrer starken Orientierung am Forschungsoutput nicht unbedingt honoriert. Daher werde man das Thema in den nächsten Leistungsvereinbarungen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen mit einem „Anreizmodell“ vorantreiben. Wissenschaftsvermittlung in ihren verschiedenen Formen werde an Unis und anderen Institutionen „mehr zum Thema werden müssen“, so Polaschek.

Das gelte auch für die Schulen, wo man ein einschlägiges Netzwerk an Ansprechpartnern in Kooperation mit den Bildungsdirektionen einrichte. Weiters werde man Inhalte zur Wissenschaftsvermittlung stärker in der pädagogischen Aus-, Fort- und Weiterbildung verankern. Neben singulären Besuchen von Forscherinnen und Forschern brauche es mehr Bewusstsein in und Angebote für die Lehrerschaft, so der Minister. Für die Wissenschaftsbotschafter habe man zwei Materialienpakete und Webinare in Auftrag gegeben, die ihnen bei ihren Ausflügen in die Schulklassen helfen sollen.

Alle Gruppen der Gesellschaft erreichen

Mit Katrin Vohland wird sich auch die Generaldirektorin des Naturhistorischen Museums Wien (NHM) nun ebenfalls in die Klassen aufmachen, wie sie erklärte. Anders als bei vielen anderen Formaten zur Vermittlung erreiche man an den Schulen noch mehr oder weniger alle gesellschaftlichen Gruppen. Gerade der persönliche Kontakt spiele eine große Rolle, mit dem Aufbau von längerfristigen Beziehungen mit Schülern und Lehrern könne man auch nicht so forschungsaffine Menschen erfahrungsgemäß gut erreichen.

Eine Herausforderung für die Wissenschaftler sei sicher, die notwendige Zeit dafür zu finden. Kollegen vom NHM, die bereits an Schulen aktiv sind, hätten ihr aber versichert, dass der Aufwand „überschaubar“ sei, so die Museumsdirektorin.

Institutionalisierte Suche nach weiteren Informationen

Tatsächlich habe die „Forschung der Gesellschaft viel zu bieten“. Sie sei nur nicht immer gut darin, das zu vermitteln, so die Trägerin der Niederösterreichischen Wissenschaftspreises 2022, Juliane Burghardt, von der Karl Landsteiner Privatuniversität in Krems. Im Gegensatz zur Schule, in der es um das Abrufen von Wissen in Form von Antworten gehe, sei es in der Wissenschaft zum Beispiel „erlaubt, Dinge nicht zu wissen“. So sei die Forschung sozusagen die institutionalisierte Suche nach weiteren Informationen, eine Denkschule dahin gehend, nicht die „erste Antwort“ zu akzeptieren und anzuerkennen, dass durchaus Verschiedenes richtig sein, so die Psychologin.