Die Erde aus Satellitenperspektive, „Blue Marble“
NASA/Apollo 17 crew
NASA/Apollo 17 crew
NASA

Klimaforschung aus dem All

Den Weltraum nutzen, um die Erde zu erforschen: Das ist das Credo der Klimaforschung der US-Raumfahrtbehörde NASA. Zwei Dutzend Erdbeobachtungssatelliten sammeln aktuell Klimadaten – und dokumentieren etwa steigende Temperaturen und schmelzende Eisschilde, wie NASA-Klimaforscherin Kate Calvin bei einem Wien-Besuch berichtete.

Aus der Entfernung sei die Erde immer noch die „blaue Murmel“, wie sie damals von einem Astronauten der „Apollo 17“-Mission vor rund 50 Jahren fotografiert wurde. Zoomt man jedoch etwas näher ran, dann erkenne man bereits die Spuren der Klimaerwärmung, sagt Kate Calvin, leitende Wissenschaftlerin bei der NASA, gegenüber science.ORF.at. „Wir sehen, dass das Eis auf der ganzen Welt zurückgeht, und es gibt Veränderungen in der Vegetation.“

Umfassende Daten aus dem All

Zwei Dutzend Erdbeobachtungssatelliten und Instrumente hat die NASA in der Umlaufbahn, einige davon auf der Internationalen Raumstation (ISS). Sie sammeln Daten zur Kohlendioxid-Konzentration, zu Wolken und Niederschlag oder zum Massenverlust der Eisschilde. „Was die Eisschilde betrifft, können wir auf Datenreihen aus 20 Jahren zurückgreifen, beim Meeresspiegelanstieg auf rund 30 Jahre und was Landnutzung und Vegetation betrifft, haben wir Aufzeichnungen aus 50 Jahren.“

Obwohl die neuesten Landsat-Satelliten auf eine räumliche Auflösung von 30 Meter vermessen können, wo Bäume und wo Siedlungen sind, ließen sich nicht alle Klimaveränderungen aus dem All beobachten. Um etwa die Erwärmung der Ozeane zu dokumentieren, werden auch Oberflächenbeobachtungen durchgeführt und ein Netz von Schwimmern ausgelegt, das Daten liefert, berichtet Kate Calvin.

NASA-Klimaforscherin Kate Calvin im Interview
ÖAW/Daniel Hinterramskogler
Kate Calvin an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien

Klimaveränderungen verstehen, nicht nur dokumentieren

Die NASA stellt ihre Daten der Wissenschaft zur Verfügung, macht aber auch selbst Auswertungen und hat mit GISS ein eigenes Klimamodellierungsprogramm. Durch die Modellierung und Kombination der Daten ließen sich Klimaprozesse besser verstehen, sagt die Klimawissenschaftlerin. Beispielsweise könne man so berechnen, welcher Anteil des Meeresspiegelanstiegs auf das Schmelzen der Polkappen zurückzuführen ist und welchen Anteil die thermische Ausdehnung der Ozeane hat. „Es geht nicht nur darum, die Klimafolgen zu zeigen, sondern auch die verschiedenen Prozesse, die zu diesen Folgen führen.“

Um die Prozesse zu verstehen, sei es manchmal auch notwendig, Messungen vor Ort zu machen. So sammelt das Satellitenpaar GRACE in einer Höhe von 500 Kilometern zwar Daten zum Massenverlust der Eisschildes, dennoch haben NASA-Forscherinnen und -Forscher auch eine Expedition in Grönland durchgeführt, um zu verstehen, wie das Schmelzen konkret vor sich geht – wie das Eis durch die Wärme von oben und von unten in die Mangel genommen wird.

Offene Klimavariablen

In Kooperation mit den US-amerikanischen National Academies of Science werden jene Klimafragen identifiziert, die am drängendsten sind und die man mit Hilfe von Satellitenbeobachtungsdaten beantworten kann, berichtet Kate Calvin, die am Mittwoch zu Gast bei der Kommission für Geowissenschaft an der Österreichischen Akademie Wissenschaften in Wien war. Noch dieses Jahr werde ein Satellit starten, der Luftverschmutzungen untersucht. Kommendes Jahr stehen dann Erdrutschungen und Erdbeben am Programm. Und langfristig beschäftigt sich die NASA mit der Frage: Welche Rolle spielen Wolken und Aerosole bei der Klimaerwärmung?

Die Klimamissionen der NASA würden immer wieder auch überraschende Erkenntnisse bringen, erzählt die Wissenschaftlerin. EMIT beispielsweise sei darauf ausgelegt gewesen, Daten zu mineralischem Staub auf der Erde zu sammeln. Die Forscherinnen und Forscher haben jedoch entdeckt, dass sie die eingesetzten Instrumente auch nutzen können, um große Methanemissionen zu detektieren. „Und wir werden weiterhin innovativ sein und neue Wege der Erdbeobachtung finden“, ist die NASA-Forscherin überzeugt.