Forscher mit Schutzanzug und Pipette im Labor
AFP/NICOLAS ASFOURI
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Coronavirus

Debatte über Ursprung flammt wieder auf

Das für die Aufsicht von Laboren zuständige US-Energieministerium geht Medienberichten zufolge mittlerweile davon aus, dass das Coronavirus aus einem chinesischen Labor entwichen ist. China dementierte prompt und heftig.

Die Einschätzung, wonach eine Laborpanne die folgenschwere Pandemie ausgelöst hat, sei in einem geheimen Geheimdienst-Report festgehalten, berichteten „Wall Street Journal“ und „New York Times“ am Sonntag (hier und hier). Das Ministerium hatte demnach bisher in der Frage kein Urteil abgegeben, neige nun aber aufgrund neuer Geheimdiensterkenntnisse der Laborthese zu.

Unterschiedliche Einschätzungen

Das US-Energieministerium habe sich der Labor-These mit „wenig Vertrauen“ angeschlossen, zitierten „WSJ“ und „NYT“ Menschen, die den entsprechenden Geheimreport haben. Sie hoben demnach hervor, dass US-Regierungsstellen weiterhin zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen zum Ausbruch der CoV-Pandemie kämen.

Der Einschätzung des US-Energieministeriums kommt allerdings besondere Bedeutung zu, da es ein Netzwerk aus US-Laboren beaufsichtigt, darunter Labore für Bio-Forschung. Vor dem Energieministerium war bereits die Bundespolizei FBI zu der Einschätzung gelangt, dass die Pandemie auf eine Panne in einem chinesischen Labor zurückzuführen sei.

“Keine definitive Antwort“

Laut „WSJ“ vertreten vier US-Geheimdienste hingegen die Auffassung, dass die CoV-Pandemie auf natürliche Weise ausgelöst worden sei. Zwei andere US-Geheimdienste seien in der Frage unentschieden.

Der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan, betonte entsprechend am Sonntag, dass es bei dem Thema weiterhin eine „Vielzahl an Sichtweisen“ gebe. „Zurzeit gibt es auf diese Frage keine definitive Antwort aus den Geheimdiensten“, sagte er dem Sender CNN.

Empörte Reaktionen in China

Die Regierung in Peking reagierte empört auf die Berichte über die Labor-These. Experten Chinas und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seien zu dem Schluss gekommen, dass ein Laborleck keine mögliche Ursache für die CoV-Pandemie sei, sagte Außenamtssprecher Mao Ning am Montag bei der regelmäßigen Pressekonferenz des chinesischen Außenministeriums. Die an der Verbreitung der Laborthese Beteiligten sollten „aufhören, China zu besudeln und aufhören, das Thema der Ursachenforschung zu politisieren“.

Die WHO hatte Mitte Februar klargestellt, dass die Untersuchung der Ursachen der Pandemie noch nicht abgeschlossen sei. Die WHO werde alles in ihrer Macht Stehende tun, „bis wir die Antwort erhalten“, erklärte ihr Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Wissenschaftler erachten die Klärung des Pandemieursprungs als entscheidend für die Bekämpfung und Vermeidung von Pandemien in der Zukunft.

Die Coronavirus-Pandemie war Ende 2019 in China ausgebrochen und hatte sich zunächst in der Millionenmetropole Wuhan ausgebreitet. Durch das Virus starben weltweit fast sieben Millionen Menschen. Die Pandemie und die zu ihrer Eindämmung getroffenen Maßnahmen hatten zudem schwerwiegende wirtschaftliche und soziale Folgen.

Späte Aufarbeitung durch WHO

Erst im Jänner 2021 konnte dann ein internationales Forschungsteam der WHO Wuhan besuchen – mehr als ein Jahr nach Entdeckung des Virus. Der von den Experten vorgelegte Bericht lieferte aber keine klaren Ergebnisse zum Ursprung der Pandemie. Die sogenannte Labortheorie, der zufolge das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 aus dem Virologischen Institut von Wuhan entwichen sei, stuften die WHO-Fachleute aber als „extrem unwahrscheinlich“ ein. Wahrscheinlich sei, dass der Erreger durch eine als Zwischenwirt genutzte Tierart auf den Menschen übertragen wurde. Welche Tierart es gewesen sein könnte, blieb offen.

An dem Bericht und der Untersuchung selbst waren aber schnell Zweifel und Kritik laut geworden. Viele Länder äußerten Besorgnis darüber, dass den internationalen Experten bei ihrer Untersuchung in China Zugang zu wichtigen Daten verwehrt worden sei. Weitere Untersuchungen, wie sie auch vom WHO-Chef gefordert wurden, lehnte die chinesische Regierung jedoch vehement ab.