Porträt von Mozart
dpa/dpaweb/dpa/A9999 Db Andy Bernhaut
dpa/dpaweb/dpa/A9999 Db Andy Bernhaut
Psychologie

Mozart hilft auch nicht gegen Epilepsie

Musik von Mozart hören steigert die Intelligenz: Dieser vor 30 Jahren „entdeckte“ Mozart-Effekt ist bis heute umstritten. Fachleute der Universität Wien konnten keine Intelligenzsteigerung finden – und haben nun in einer Studie gezeigt, dass Mozart auch nicht gegen Epilepsie hilft.

Anfang der 1990er Jahre hatte die US-Psychologin Frances Rauscher mit ihrer im Fachjournal „Nature“ veröffentlichten Studie über verbesserte Leistungen bei Intelligenztests nach dem Hören von Mozarts Musik einen Hype ausgelöst. Von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlichster Fachgebiete wurde die Wirkung der Musik auf Mensch und Tier untersucht – mit unterschiedlichsten Ergebnissen. Breit rezipiert wurden dabei vor allem jene Studien, die positive Effekte gefunden haben wollten.

Bei Kindern und Kühen untersucht

So sollte zum Beispiel das Hören der Mozart-Sonate nicht nur die Intelligenz von Erwachsenen, Kindern oder Föten im Mutterleib steigern – was einzelne US-Bundesstaaten sogar dazu veranlasste, jeder Mutter eines Neugeborenen eine Klassik-CD zu schenken. Die Musik sollte auch Kühe zu höherer Milchleistung bringen und selbst Bakterien in Kläranlagen ihre Arbeit besser verrichten lassen. In jüngster Zeit gab es eine weitere Variation des Mozart-Effekts: Einige Studien berichteten von Symptomlinderungen bei Epilepsiepatienten, nachdem sie KV448 gehört hatten.

Den Ausgangspunkt des „Mozart-Effekts“ entmystifizierte ein Team um Jakob Pietschnig vom Institut für Psychologie der Entwicklung und Bildung der Universität Wien bereits 2010: Sie untersuchten in ihrer im Fachjournal „Intelligence“ veröffentlichten Meta-Analyse die Ergebnisse von 39 Studien zum Thema „Mozart und Intelligenzsteigerung“ statistisch und konnten die ursprünglich postulierten Resultate nicht bestätigen.

Literaturstudie zu physischen Erkrankungen

Nun haben Sandra Oberleiter und Jakob Pietschnig Studien unter die Lupe genommenDie, die den Effekt der Sonate „auf eine physische Erkrankung im Allgemeinen untersucht haben“, wie Oberleiter gegenüber der APA erklärte.

In einer Literaturrecherche identifizierten sie zunächst nur 26 Studien als passend, „was zeigt, dass es zu diesem Thema gar nicht so viel Literatur gibt, wie der durch die Medien vermittelte Eindruck vermuten lässt“, so die Psychologin. Zudem mussten die Forscher den Großteil dieser Untersuchungen ausschließen, da es sich entweder um Fallstudien mit Einzelpersonen handelte oder die Daten nicht mehr vorhanden waren.

Keine Nachweise von positiven Effekten

Sechs der schließlich acht analysierten Studien beschäftigten sich mit der Wirkung der Mozart-Musik auf Epilepsie und jeweils eine mit der Wirkung auf den Blutdruck von Schlaganfall-Patienten und -Patientinnen sowie die Schmerzwahrnehmung von Frühgeborenen nach Einschätzung von Pflegekräften. Sie zeigten, dass es keine belastbaren Nachweise zu positiven Effekten gibt, die Studien „wiesen in der Regel kein adäquates Design entsprechend den Standards experimenteller Forschung auf und basierten auf sehr, sehr kleinen Stichprobengrößen“, so Oberleiter.

Musik kann allgemein wirken

Zusammenfassend betonen die Fachleute, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt werde, es gebe sehr viel Evidenz zum Mozart-Effekt in Bezug auf Epilepsie. „Das ist aber nicht der Fall“, betonte die Psychologin. Zurückzuführen sei der angebliche Mozart-Effekt auf selektive Berichte, zu kleine Stichproben und inadäquate Forschungspraktiken.

Die Fachleute wollen Mozarts Musik ihre Wirkung nicht komplett absprechen. Es gebe durchaus Evidenz dafür, dass Musik, die man gerne mag, aktivierend wirkt und dies zu positiven Effekten führen kann – unabhängig vom Genre. „Allerdings ist schwer zu bezweifeln – und es gibt im Moment keine wissenschaftlich belastbaren Hinweise darauf, dass dies auf eine spezifische Wirkung von Mozarts Musik zurückzuführen ist – weder für Epilepsie, noch Intelligenz“, so Oberleiter.