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Creaturart – stock.adobe.com
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Ist weniger arbeiten klimafreundlicher?

Eine Reduzierung der Arbeitszeit kann dazu beitragen, dass weniger Schadstoffe ausgestoßen werden. Weniger klar ist aber, ob sich Menschen wirklich klimafreundlicher verhalten, wenn sie mehr Freizeit haben. Automatisch passiere das nicht, so ein Experte, aber: „Arbeitszeitverkürzung stellt notwendige Weichen, damit ein klimafreundliches Leben möglich wird.“

Weniger arbeiten kann gut für das Klima sein sein: Wenn die Industrie weniger produziert, werden auch weniger Schadstoffe ausgestoßen. Im Büro wird Energie gespart, denn Kühlen, Heizen und Computertechnik fallen weg, ebenso wie viele Geschäftsreisen. Eine Verringerung der Arbeitszeit könnte also dazu beitragen, die Treibhausgasemissionen zu senken, auch in Österreich. Diese sind zuletzt wieder gestiegen – von 2020 auf 2021 um fast fünf Prozent.

Fachleute fordern intensivere Anstrengungen und Maßnahmen, um den Klimaschutz wirklich voranzutreiben. Manche meinen, eine solche Maßnahme sei die Reduzierung der Arbeitszeit, also eine 30-Stunden- oder Viertagewoche. Für jedes Prozent weniger Arbeitszeit kann man pro Haushalt 0,8 Prozent Schadstoffe einsparen, zeigte 2015 etwa eine Studie am Beispiel von Schweden.

„Schädliches Verhalten an Zeitmangel gekoppelt“

Der Soziologe Dominik Klaus, der an der WU Wien und der Universität Wien forscht, relativiert die Verbindung von Arbeit und Klimaschutz ein wenig: „Die Arbeitszeitverkürzung hilft nicht automatisch, das Klima zu schützen, aber sie stellt notwendige Weichen, damit ein klimafreundliches Leben möglich wird.“ Viele klimaschädliche Verhaltensweisen seien nämlich daran gekoppelt, dass Menschen kaum Zeit haben: Mit dem hohen Einkommen wird Neues gekauft statt repariert und ein Taxi oder Auto statt den Öffis benutzt. Zur schnellen Entspannung greifen viele eher auf Konsumprodukte zurück anstatt beispielsweise einen Spaziergang zu machen.

Allgemein könne man sagen, dass ausufernde Erwerbszeiten oft zu Arbeitsstress und Leistungsdruck führen und mangelndes Sinnempfinden und Entfremdungserfahrungen zur Folge haben, so Klaus. Das wiederum könne dazu beitragen, dass Beschäftigte versuchen, über Konsum einen Ausgleich zu erreichen. Es sei eine Spirale aus hohem Einkommen und langen Arbeitszeiten, die wiederum ein steigendes Konsumverhalten begünstigen.

Wertewandel erforderlich

„Auf Makroebene ist das Einkommen der eindeutigste Indikator für den ökologischen Fußabdruck“, sagt Klaus. Reiche Menschen gönnen sich mehr Flugreisen oder leben in einem Einfamilienhaus. Weniger Arbeitszeit müsse deshalb mit einer Einkommenskürzung einhergehen – aber auch mit neuen gesellschaftlichen Werten, denn sonst komme es zu einem negativen Rückkoppelungseffekt. Viele Statussymbole seien momentan klimaschädlich. Bei gleich viel Geld und mehr Freizeit würden viele Menschen daher ihr Konsumverhalten möglicherweise einfach ausweiten – mehr Flugreisen machen oder eine Motorradfahrt am freien Tag.

Nachhaltigeres Handeln und mehr Umweltbewusstsein sollte deshalb schon in der Schule vermittelt werden, so der Soziologe. Außerdem sollten alternative Lebensformen gesellschaftlich mehr wertgeschätzt werden. Andere Fachleute sehen eine stärkere Besteuerung klimaschädlichen Verhaltens für notwendig oder gar die Abkehr von einem Wirtschaftsmodell, das auf Wachstum basiert. Arbeitszeitverkürzungen sind also nicht die Lösung an sich, aber ein notwendiger Schritt, um aus dem Hamsterrad der Vollzeiterwerbsarbeit aussteigen zu können und ein umweltbewusstes Leben im Alltag auch möglich zu machen.