Studie

Guter Schlaf ist wichtiger als langer Schlaf

Wie gut man schläft, ist wichtiger als die Dauer, die man schlafend im Bett verbringt. Das zeigen aktuelle Studiendaten aus Tschechien. Auf lange Sicht steigert eine hochwertige Nachtruhe das eigene Wohlbefinden stärker als das regelmäßige Ausschlafen in der Früh.

Schlaf ist bekanntermaßen unabdingbar, um sich nachts von den Strapazen des Alltags zu erholen. Schlafstörungen können sich schnell in körperlichen und geistigen Problemen äußern – sogar das Aufkommen bestimmter Krebserkrankungen wird durch zu wenig und zu schlechten Schlaf begünstigt.

Bisherige Untersuchungen auf dem Gebiet haben bereits mehrmals gezeigt, dass Schlaf die allgemeine Lebensqualität der Menschen direkt und indirekt beeinflusst. Weniger klar war bisher aber, welche Aspekte des Schlafs auf lange Sicht tatsächlich zu einem qualitativ hochwertigeren Leben beitragen können. Dieser Frage ging nun ein tschechisches Forschungsteam nach, das die Ergebnisse der Untersuchung aktuell im Fachjournal „Plos One“ präsentiert.

Dauer, Qualität und „sozialer Jetlag“

Vor allem drei Aspekten wurde in vergangenen Untersuchungen nachgesagt, eng mit der Lebensqualität der Menschen zu korrelieren: Die Dauer des Schlafs, dessen Qualität – also wie ungestört und erholsam er ist – und der sogenannte „soziale Jetlag“. „Wir haben uns daher entschieden, diese drei Aspekte auch in unserer Untersuchung genauer zu analysieren“, so die Studienleiterin und Soziologin Michaela Kudrnáčová von der Karls-Universität in Prag gegenüber science.ORF.at.

Beim „sozialen Jetlag“ stimmt die innere Uhr nicht mit dem Lebensstil eines Menschen überein. Problematisch ist das, weil fast alle Prozesse im Körper in einem 24-Stunden-Rhythmus ablaufen. Unter anderem über das Sonnenlicht wird dieser Rhythmus normalerweise mit dem natürlichen Tag-Nacht-Wechsel synchronisiert.

Innere Uhr und soziale Verpflichtungen

Die sogenannte „soziale Uhr“ hat hingegen wenig mit den natürlichen Bedürfnissen der Menschen zu tun. Ihr Takt folgt Stunden- und Schichtplänen sowie einer Vielzahl anderer Termine – Taktgeber ist der Wecker. Zwischen der sozialen und der inneren Uhr kommt es oft zu Diskrepanzen – dem „sozialen Jetlag“. An Wochenenden später als üblich aufzustehen und schlafenzugehen, kann ebenfalls zum „sozialen Jetlag“ beitragen.

Das Team um die Soziologin nutzte Daten aus einer jährlich stattfindenden tschechischen Haushaltsumfrage, anhand der es mehr als 4.200 Erwachsene drei Jahre lang begleitete. Die Probandinnen und Probanden beantworteten darin jedes Jahr Fragen zu ihrem Schlafverhalten, ihrem allgemeinen Wohlbefinden und ihrer generellen Zufriedenheit. Das Team verglich die Antworten anschließend, um darin Zusammenhänge zwischen dem Schlafverhalten und Veränderungen in der Lebensqualität zu finden.

Schlafqualität besonders relevant

Fündig wurde das Forschungsteam dabei schnell. Jeder der Aspekte beeinflusste die Lebensqualität der Befragten in bestimmten Bereichen, einer jedoch stärker als der Rest. „Von allen drei Aspekten hat sich die Qualität des Schlafs am ehesten auf die von uns untersuchten Parameter der Lebensqualität ausgewirkt“, so Kudrnáčová.

Insgesamt waren das in der Untersuchung des Forschungsteams fünf: das allgemeine Wohlbefinden, die generelle Zufriedenheit mit dem eigenen Leben, Stress im Arbeitsumfeld, Glücksgefühle und die subjektive Einschätzung, wie viel Bedeutung das eigene Leben hat. Wenn die Befragten von einem Jahr auf das andere angaben, weniger gut zu schlafen, war das meist auch an deutliche Verschlechterungen in diesen Bereichen gekoppelt.

Dauer und Schlafrhythmus dennoch wichtig

„Im Gegensatz zur Schlafqualität waren die durchschnittliche Schlafdauer und der ‚soziale Jetlag‘ weniger relevant für das generelle Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Befragten“, sagt Kudrnáčová. Komplett ignorieren dürfe man aber auch diese Aspekte nicht. „Für ein möglichst gesundes Leben sind sie trotzdem wichtig.“ Sieben bis neun Stunden Schlaf pro Nacht wären laut Kudrnáčová ideal.

Wenn die Dauer jedoch nicht jede Nacht erreicht wird, habe das meist noch keine allzu schwerwiegenden Auswirkungen auf die allgemeine Lebensqualität. Auch der „soziale Jetlag“ und das damit in Verbindung stehende zu späte Schlafengehen und zu frühe Aufstehen wirke sich nur bedingt langfristig auf die Lebensqualität aus. Bei beiden Aspekten sei dennoch wichtig, dass sie nicht zur Gewohnheit werden. „Jede Nacht zu wenig zu schlafen, hat natürlich auch irgendwann negative Folgen.“

Bewegung, Sonnenlicht und Ruhezeiten

Um die Schlafqualität selbst zu steigern, hat die Soziologin ein paar wissenschaftlich fundierte Tipps. Wichtig sei etwa der Kontakt zu Sonnenlicht am Tag und das Meiden künstlicher Lichtquellen bei Nacht, um die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin nicht zu sehr durcheinanderzubringen. Vor allem das von LED-Bildschirmen vermehrt ausgestrahlte „blaue Licht“ ist dabei problematisch. Untersuchungen haben unter anderem gezeigt, dass es nicht nur den Schlaf stört, sondern auch Zellen im Körper schneller altern lässt.

Weitere Tipps der Soziologin: ausreichend Bewegung am Tag und keine zu schweren Mahlzeiten am Abend. Außerdem sollte man darauf achten, das eigene Bett in erster Linie zum Schlafen zu nutzen: „Das Bett sollte man vorwiegend mit Schlaf assoziieren. Arbeiten oder lernen sollte man dort vermeiden.“ Damit und mit einem generell möglichst gesunden Lebensstil sei es möglich, die eigene Schlafqualität Schritt für Schritt zu steigern und so auch die Lebensqualität nachhaltig zu erhöhen.