Keltische Kämpfe, Ausstellung MAMUZ Museum Mistelbach
Josef Schimmer
Josef Schimmer
Ausstellung

Kelten waren gar nicht so kriegerisch

Neue archäologische Erkenntnisse verändern das bisherige Bild der Kelten: So waren die Menschen in der späten Eisenzeit gar nicht so kriegerisch, wie man lange Zeit annahm. Eine Ausstellung im MAMUZ Museum Mistelbach zeigt den neuesten Forschungsstand zu den Kelten – und räumt mit Mythen auf.

Das Bild der blutrünstigen keltischen Krieger konnte durch archäologische Funde widerlegt werden, zumindest waren nicht alle Kelten Krieger, sagt Peter Trebsche, Kurator und Professor für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Innsbruck im Gespräch mit science.ORF.at. Im MAMUZ Museum Mistelbach zeigt er auf eine Vitrine, in der ein Schädel liegt. Am Kopf hat er drei kreisrunde Löcher. Das war keine brachiale Gewalt, sondern ein medizinischer Eingriff mit einem Hohlbohrer, so Trebsche.

Schädel mit Trepanation
NÖ Landessammlungen

Das Beispiel zeige, dass es in Niederösterreich, wo der Schädel gefunden wurde, um 300 v. Chr. schon Chirurgen gab. Man habe zudem Gräber gefunden, in denen Männer mit chirurgischen Werkzeugen bestattet worden waren, etwa mit Sägen oder Haken. Insgesamt zeichnet sich immer mehr ein Bild von Menschen, die hochentwickeltes Handwerk und weit gespannte Handelsnetzwerke betrieben, die in städteähnlichen Siedlungen lebten und Goldschmuck trugen.

Ausstellungshinweis

Das MAMUZ Museum Mistelbach zeigt vom 18. März bis zum 26. November 2023 die Sonderausstellung „Kelten“.

Junge waren oft mobil

Statt von den Kelten spricht Trebsche lieber von den Latènekulturen, denn es habe wenig Gemeinsamkeiten und viele Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen gegeben, das zeige sich immer deutlicher. Die antiken Schriften, die das Bild von den Kelten prägen, berichten zudem meist über Männer, also Herrscher und Krieger. Forscherinnen und Forscher haben aber auch Einblicke in das Leben junger Menschen bekommen und zum Beispiel herausgefunden, dass diese sehr mobil gewesen sind.

Mit der Strontiumisotopenanalyse konnte man nachweisen, dass die Menschen oft woanders aufgewachsen waren als dort, wo sie gestorben waren. Laut Trebsche deutet das darauf hin, dass es möglicherweise eine Ausbildung in der Ferne gegeben habe, und dass man die Kinder zur Lehre zu entfernten Verwandten oder zu anderen Stämmen geschickt haben könnte.

Anders als in „Asterix“

Keltische Gruppen lebten auch nicht in primitiven Strohhütten, wie man sie etwa aus „Asterix“-Heften kennt. Zumindest aus Niederösterreich konnte man kompliziert gebaute, große Anlagen rekonstruieren. Es gab Schlachtereien und Schmieden, wie Geoarchäologen im Boden nachweisen können. Sie untersuchen dafür die Sedimente, die sich am Fußboden eines Hauses ansammeln. Seit kurzem kann man auch altes Erbgut, also DNA von zerfallenen Organismen aus dem Boden filtern und damit klären, ob in einer Werkstatt nur Männer, oder auch Frauen gearbeitet haben.

„Die Kelten“ als kulturell einheitliche Volksgruppe hat es wohl nie gegeben, wie die moderne archäologische Forschung zeigt. Die Bezeichnung stammt von den antiken Griechen und Römern, die verschiedenste Stämme und Gruppen in Mittel- und Westeuropa als zusammengehörig empfanden und deshalb als „Kelten“ zusammenfassten. Zwar gab es einige Gemeinsamkeiten auf sprachlicher und kultureller Ebene, jedoch waren die Menschen in der späten Eisenzeit vermutlich unterschiedlicher, als man bisher angenommen hatte.