Elektroauto, E-Mobilität, Elektrofahrzeuge, Elektromobilität
Dragon Claws – stock.adobe.com
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Klimaschutz

Potenzial und Grenzen der E-Mobilität

Bis 2040 soll Österreich klimaneutral werden. Die vielen Verbrennungsmotoren im Verkehr machen es aber fast unmöglich, dieses Ziel zu erreichen. Mehr Elektrofahrzeuge auf den Straßen könnten helfen – das Umweltbundesamt sieht darin großes Potenzial, weist aber auch auf die Grenzen der Elektromobilität hin.

Der Verkehrssektor zählt weltweit zu den Hauptverursachern für Treibhausgasemissionen. Auch in Österreich sind sie seit 1990 um rund 57 Prozent gestiegen – ein Trend, der sich laut Holger Heinfellner vom Umweltbundesamt nicht nur hierzulande fortsetzen könnte.

„Wir haben derzeit global rund 1,25 Milliarden PKW und es ist davon auszugehen, dass die Fahrzeugmenge noch weiter ansteigen wird – wahrscheinlich auf bis zu 2,3 Milliarden PKW bis zum Jahr 2050“, teilte Heinfellner am Montag in einem Pressegespräch des Umweltbundesamts mit. Wichtig sei daher, die global steigende Zahl der Fahrzeuge mit verschiedenen Klimaschutzmaßnahmen zu kompensieren.

Um auch Österreich klimafitter zu machen, sei eine landesweite Mobilitätswende unabdingbar. Darin verankert ist unter anderem das Ziel, den motorisierten Individualverkehr generell zu reduzieren und der Bevölkerung umweltfreundlichere Alternativen für ihre Verkehrswege bereitzustellen. Verkehr zu vermeiden, zu verlagern und zu verbessern steht im Zentrum der geplanten Mobilitätswende.

Energieeffiziente E-Autos

Die Elektromobilität könnte vor allem zu Letzterem einen entscheidenden Beitrag leisten. Sie ist daher auch ein wichtiger Baustein im Mobilitätsmasterplan 2030 des Klimaschutzministeriums. Elektromobilität weist im Vergleich zu allen heute verfügbaren Antriebstechnologien die höchste Energieeffizienz auf. Auch die derzeit vieldiskutierten und aus Strom gewonnen E-Fuels kommen dabei nicht an die Elektromotoren heran.

Eine 2021 erschienene Studie des deutschen Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) geht etwa davon aus, dass das Verbrennen der Treibstoffe fünfmal so viel Energie verbraucht als den Strom direkt für den Antrieb der Fahrzeuge zu nutzen.

Wird der PKW mit durchschnittlichem österreichischem Strom aus der Steckdose betrieben, können die Emissionen im Vergleich zu Fahrzeugen mit Benzin- oder Dieselmotoren deutlich reduziert werden – bei Oberklasse-Fahrzeugen um bis zu 47 Prozent, bei Kleinwägen um bis zu 63 Prozent. Wenn der Strom komplett aus erneuerbaren Energiequellen stammt, lassen sich die Emissionen sogar um bis zu 79 Prozent senken.

Rohstoffmenge begrenzt

Elektrofahrzeuge verbrauchen von der Produktion bis zur Entsorgung, inklusive dem Rohöl für den Fahrbetrieb, außerdem bis zu acht Mal weniger Rohstoffe als Fahrzeuge mit einem Verbrennungsmotor.

Gänzlich unbedenklich für die Umwelt sind aber auch E-Autos nicht, denn auch sie erfordern Rohstoffe, die nicht in unendlichen Mengen verfügbar sind. Dazu gehören etwa Lithium, Kobalt und Mangan. Die Nachfrage nach diesen Rohstoffen wird in den kommenden Jahren stark ansteigen, warnt Heinfellner: „Ein großer Teil der 2,3 Milliarden PKW, die es bis 2050 weltweit geben wird, wird dann wahrscheinlich bereits elektrisch betrieben“. Der Lithium-Bedarf könnte bis dahin also um bis zu 56-Mal höher sein als heute und der Bedarf an Kobalt rund 14-Mal so hoch.

Deshalb erfordere der Einsatz dieser Rohstoffe nachhaltige Strategien und Aktivitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette, die darauf abzielen, die Nachfrage zu dämpfen und die Umwelt- und Sozialbedingungen der Rohstoffförderung zu verbessern.

Car-Sharing und besseres Recycling

Zu diesen Strategien gehört unter anderem die effektivere Nutzung der ohnehin bereits verfügbaren Fahrzeuge. „Ein PKW wird im Schnitt 23 von 24 Stunden geparkt“, so Heinfellner. Durch Maßnahmen wie den Ausbau von Car-Sharing-Angeboten könnten deutlich weniger Fahrzeuge eingesetzt und damit auch der Bedarf an Rohstoffen gesenkt werden.

Für die Umwelt wäre es aber auch wichtig, die Teile der E-Fahrzeuge möglichst nachhaltig zu recyceln. Bis zu 99 Prozent der in den Akkus verbauten Rohstoffe und Bestandteile könnten so wiederverwertet werden.

Nachnutzung der Akkus

Ein Problem im Bereich der Elektromobilität sieht das Umweltbundesamt auch in der begrenzten Lebensdauer der in den Fahrzeugen verbauten Teile. Aktuell werden Lithium-Akkus im Durchschnitt rund zehn bis 15 Jahre in einem Fahrzeug genutzt – danach haben sie meist einen Teil ihrer Speicherkapazität verloren und werden durch neue Teile ersetzt.

Entsorgen sollte man die Akkus aber dennoch nicht, denn sie können auch in anderen Bereichen zum Einsatz kommen – zum Beispiel als stationärer Energiespeicher in Gebäuden. So kann die Lebensdauer der Akkus auf 20 bis 25 Jahre steigen, was nicht nur Ressourcen, sondern auch die bei der Herstellung neuer Akkus entstehenden Treibhausgasemissionen einspart.

Heimische Wirtschaft profitiert

Spätestens ab dem Jahr 2035 sollen in Österreich keine neuen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden. Bis 2040 – dem Jahr, in dem die Klimaneutralität erreicht werden soll – gibt es dann aber wahrscheinlich noch einen nicht zu verachtenden Fahrzeugaltbestand, der weiterhin große Mengen an Treibhausgasen produzieren könnte.

Das Umweltbundesamt sieht darin aber großes Potenzial für die heimische Wirtschaft. Die Umrüstung der alten Fahrzeuge auf klimafittere Antriebe könnte demnach bis zu 23.000 neue Arbeitsplätze schaffen und eine Wertschöpfung von rund 3,8 Milliarden Euro für die österreichische Wirtschaft generieren.

Damit die Industrie künftig dazu in der Lage ist und die notwendigen Kapazitäten aufbauen kann, brauche es aber noch eine Vereinfachung im europäischen Recht. Erst wenn das geschehen ist, könnten in Österreich bis zum Jahr 2040 rund 1,6 Millionen Kraftfahrzeuge umgerüstet werden.

Ausbau der Elektromobilität nicht genug

Technologische Lösungen, wie die Umstellung auf E-Motoren, reichen laut dem Umweltbundesamt jedoch nicht aus, um die österreichischen Klimaziele zu erreichen. Wichtig seien auch Verbesserungen in der Raumplanung und das Bereitstellen einer geeigneten Infrastruktur für eine klimafitte Mobilität der Bevölkerung.

Um die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen künftig nachhaltig zu reduzieren, brauche es demnach auch eine gute Radinfrastruktur, einen Ausbau der öffentlichen und klimaschonenderen Verkehrsmittel und mehr Anreize, kurze Wege auch hin und wieder zu Fuß zurückzulegen.