Wolken über dem schwedischen Teil der Arktis
NASA/Lamont Poole
NASA/Lamont Poole

Emissionen von fünf FCKW auf Rekordhoch

Die weltweiten Emissionen von fünf ozonschädigenden Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) haben seit 2010 rasant zugenommen und 2020 sogar ein Rekordhoch erreicht. Das zeigt eine neue Studie. FCKW wurden 2010 mit dem Protokoll von Montreal zwar verboten, die fünf Treibhausgase bilden in dem Abkommen aber eine Ausnahme.

Diese Ausnahme laufe jedoch den allgemeinen Zielen des Protokolls zuwider, heißt es in der Studie, die nun im Fachjournal „Nature Geoscience“ veröffentlicht wurde. Laut dem Forschungsteam unter Leitung der Universität Bristol in England und der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA stellen die Emissionen dieser fünf FCKW derzeit keine wesentliche Bedrohung für die Erholung der Ozonschicht dar. Da es sich aber um starke Treibhausgase handelt, wirken sie sich dennoch auf das Klima aus.

Sprühdosen, Kühlmittel, Lösungsmittel

Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) sind Chemikalien, von denen bekannt ist, dass sie die schützende Ozonschicht der Erde zerstören. 2010 wurde ihre Herstellung im Rahmen des Montrealer Protokolls weltweit verboten. Davor wurden sie in großem Umfang für die Herstellung von Hunderten von Produkten verwendet, etwa als Treibgas für Sprühdosen, als Treibmittel für Schaumstoffe und Verpackungsmaterialien, Lösungsmittel und Kühlgeräte. Ihr Einsatz in Kühlschränken ist bereits seit 1995 verboten.

Der internationale Vertrag verbot jedoch nicht die Entstehung von FCKW bei der Produktion anderer Chemikalien, wie etwa teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW), die als Ersatz für FCKW in Kühl- und Klimaanlagen verwendet werden.

Verweildauer zwischen 52 und 640 Jahren

Für die Studie untersuchte das Forschungsteam um Hauptautor Luke Western von der Universität Bristol anhand von Messungen an 14 Standorten weltweit, wie sich die atmosphärische Häufigkeit von den fünf FCKW zwischen 2010 und 2020 veränderte, nämlich von FCKW-113, FCKW-112a, FCKW-113a, FCKW-114a und FCKW-115. Das Ergebnis: Die atmosphärische Konzentration dieser FCKW stieg seit 2010 und erreichte im Jahr 2020 ein Rekordhoch. Bestimmte Orte, von denen die Emissionen ausgingen, konnten die Forscherinnen und Forscher nicht herausfinden. Die Verweildauer der fünf FCKW in der Atmosphäre liegt bei 52 bis 640 Jahren.

Die erhöhten Emissionen von FCKW-113a, FCKW-114a und FCKW-115 könnten zum Teil auf ihre Verwendung bei der Herstellung von zwei gebräuchlichen HFKW zurückzuführen sein, die hauptsächlich in Kühl- und Klimaanlagen eingesetzt werden. Für FCKW-112a und FCKW-113 sind keine aktuellen Verwendungszwecke bekannt – wie diese Treibhausgase in die Atmosphäre gelangten sei ungewiss, so die Studienautorinnen und -autoren.

Kaum Auswirkungen auf Ozonschicht

Die Emissionen der fünf FCKW entsprechen zusammengenommen den CO2-Emissionen eines kleineren Industrielandes wie der Schweiz im Jahr 2020, so Western. Das entspricht etwa einem Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in den Vereinigten Staaten in diesem Jahr. In Bezug auf den Erwärmungseffekt geht das Forschungsteam von 47 Millionen Tonnen CO2 aus – das entspricht 150 Prozent der CO2-Emissionen Londons im Jahr 2018.

Die Auswirkungen der Emissionen der fünf FCKW zwischen 2010 und 2020 auf die Ozonschicht sind laut der Studie nur gering. Ein beständiger Anstieg in der derzeitigen Geschwindigkeit könnte jedoch einen Teil der im Rahmen des Montrealer Protokolls erzielten Fortschritte zunichte machen und zusätzlich Auswirkungen auf das Klima haben. Der Studie zufolge könnten die Emissionen durch die Verringerung von Leckagen im Zusammenhang mit der HFKW-Produktion und durch eine ordnungsgemäße Vernichtung aller als Nebenprodukt hergestellten FCKW verringert oder vermieden werden.

Verschärfung des Montrealer Protokolls?

Die wichtigste Erkenntnis der Studie sei, dass der Produktionsprozess für einige FCKW-Ersatzchemikalien möglicherweise nicht ganz ozonfreundlich ist, selbst wenn die Ersatzchemikalien selbst es sind, so Hauptautor Western in einer Aussendung. Gerade weil das Montrealer Protokoll so erfolgreich sei, achte man nun auf die Emissionen dieser fünf FCKW: „Die FCKW-Emissionen, die jetzt verboten sind, sind auf ein so niedriges Niveau gesunken, dass die FCKW-Emissionen aus früher unbedeutenden Quellen stärker in unser Blickfeld geraten sind und genauer untersucht werden.“

„Angesichts des anhaltenden Anstiegs dieser Chemikalien in der Atmosphäre ist es vielleicht an der Zeit, über eine Verschärfung des Montrealer Protokolls nachzudenken“, so Studienkoautor Johannes Laube vom Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK) am Forschungszentrum Jülich.

Die Studie wurde von einem Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem Vereinigten Königreich, den USA, der Schweiz, Australien und Deutschland durchgeführt. Das Forschungsteam verwendete Messungen des Advanced Global Atmospheric Gases Experiment (AGAGE), an dem die Universität Bristol beteiligt ist, sowie Messungen des Forschungszentrums Jülich in Deutschland, der Universität von East Anglia und der US-Behörde NOAA.