Imja Tsho Gletschersee im Himalaya
AFP – PRAKASH MATHEMA
AFP – PRAKASH MATHEMA

Gletscherschmelze im Himalaya bisher unterschätzt

Die Gletscherschmelze im Himalaya ist laut einer neuen Studie bisher unterschätzt worden. Seit dem Jahr 2000 verloren die Gletscher im Himalayagebiet ihr zufolge rund 6,5 Prozent mehr Eismasse als bisher angenommen.

Das berichtet ein Team um Guoqing Zhang vom Institute of Tibetan Plateau Research der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und Tobias Bolch von der Technischen Universität (TU) Graz in der Studie, die am Montag in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ erschienen ist.

Mehr Gletscherseen, weniger Eis

Die Forscherinnen und Forscher haben Satellitendaten aus einem längeren Zeitraum kombiniert und Gletscherseen vermessen. Dabei stellte das Team fest, dass die Seen, die sich in direktem Kontakt mit den Gletschern befinden, im Himalaya in den Jahren 2000 bis 2020 in ihrer Anzahl um rund 47 Prozent zugenommen haben, flächenmäßig um 33 Prozent gewachsen sind und einen Volumenzuwachs von 42 Prozent hatten.

Diese Zunahme an Gletscherseewasser bedeutete gleichzeitig einen Verlust von rund 2,7 Gigatonnen an Eismasse. Bei bisherigen Studien fanden diese Verluste keine Berücksichtigung, da die dabei verwendeten Satellitendaten nur die Änderungen der Wasseroberfläche messen konnten, aber nicht das Eis, das durch Schmelze zu Wasser geworden ist. Dieses Ergebnis hat auch Auswirkungen auf die Vorhersagen des weiteren Gletscherschwundes und der Wasserressourcen in der Region, hieß es in der Aussendung der TU.

Zentraler Himalaya besonders betroffen

Die Berechnungen ergaben, dass der Masseverlust von Gletschern, die in Seen münden, bisher im Durchschnitt um rund 6,5 Prozent unterschätzt wurde. Der Verlust im zentralen Himalaya lag sogar zehn Prozent über den vorherigen Analysen, da dort die Gletscherseen am schnellsten gewachsen sind. Ein drastischer Sonderfall sei der Galong See, wo der Verlust an Gletschermasse sogar um 65 Prozent unterschätzt worden sei.

Galong See
HUANG Cheng
Galong See

„Diese Erkenntnisse haben große Bedeutung für das Verständnis der Auswirkungen auf die regionalen Wasserressourcen und Flutwellen durch ausbrechende Gletscherseen“, erklärte Studien-Erstautor Guoqing Zhang. Die Studie deutet darauf hin, dass der Schwund von Gletschern, die in Gletscherseen enden, auch global gesehen bisher unterschätzt worden ist.

Könnte auch global gelten

Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit rund 211,5 Gigatonnen oder etwa zwölf Prozent mehr Gletschermasse bei den in Seen mündenden Gletschern verloren gegangen ist als bisher angenommen. Für Co-Autor Tobias Bolch ist das ein Beleg dafür, dass die für diese Studie angewandte Forschungsmethodik größere Anwendung finden müsste: „Das zeigt, wie wichtig es ist, diese nicht berücksichtigten Masseverluste von Gletschern, die in Seen münden, bei zukünftigen Abschätzungen von Masseänderungen und Gletscherentwicklungen mit einzubeziehen, unabhängig von der untersuchten Region.“