Jemand tippt in einen Computer
tippapatt – stock.adobe.com
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Österreich

Zu wenig Geld für KI-Grundlagenforschung

Österreich fehlt eine Strategie für künstliche Intelligenz (KI): Es sei kein Geld in die Hand genommen worden, um wichtige Grundlagenforschung zu unterstützen, kritisiert der KI-Forscher Günter Klambauer im Interview. Nur Entwicklungsländer investierten so wenig wie Österreich.

In Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt es einen eigenen Minister für künstliche Intelligenz, in Österreich haben wir gerade einmal eine KI-Strategie. Allerdings eine Strategie, die viel zu kleine Fördersummen vorsieht und keine klare Vision hat.

„Wir können ja nicht einfach so dahinforschen“, kritisiert Günter Klambauer von der Johannes Kepler Universität Linz scharf, „vielleicht wissen das viele Leute nicht, aber unsere Arbeit funktioniert nur über Forschungsanträge.“ Forschung kostet Geld und braucht Ressourcen: Personal und etwa Serverkapazitäten, um Experimente durchrechnen zu können. Klambauer ist einer der renommiertesten KI-Wissenschaftler Österreichs. Er leitet die „AI in Life Sciences“-Gruppe am „LIT AI Lab“ an der JKU Linz und forscht seit vielen Jahren zu maschinellem Lernen im Medizinbereich. Er möchte mit Hilfe von KI neue medizinische Wirkstoffe entwickeln.

KI-Strategie mit sieben Mio. Euro und ohne Ziel

Die Kritik des KI-Wissenschaftlers: Österreich investiere viel zu wenig in die Zukunftstechnologie und in KI-Grundlagenforschung. Die KI-Strategie der österreichischen Bundesregierung, die „Artificial Intelligence Mission Austria 2030“, hat im Jahr 2021 sieben Millionen Euro angekündigt – die aber vor allem für Green KI, sagt Klambauer. Mit sieben Millionen Euro investiert Österreich in etwa so viel wie Uganda und Mexiko in KI-Grundlagenforschung.

Für Klambauer fehlt auch eine klare Zielvorgabe in der österreichischen KI-Strategie: „In der deutschen KI-Strategie wird als Ziel die Einrichtung von 100 KI-Professuren genannt. In der österreichischen Strategie steht: ‚Die Bundesregierung wird die Einrichtung von Stiftungsprofessuren für Künstliche Intelligenz prüfen‘.“

KI-Ökosystem in den Niederlanden

Andere europäische Länder haben in den Jahren 2018/2019 KI-Strategien entwickelt und gezielt gefördert: Deutschland hat mit fünf Milliarden Euro 100 KI-Professuren in fünf Jahren aufgebaut. Auch Länder mit einer ähnlichen Größe wie Österreich haben weitaus mehr in die KI-Grundlagenforschung gesteckt: Schweden etwa hat eine halbe Milliarde Euro in ein KI-Förderprogramm mit 50 Professuren, 400 Doktorandinnen und Doktoranden sowie 60 Forschungsgruppen investiert. Die Niederlande haben mit zwei Milliarden Euro ein ganzes KI-Ökosystem aufgebaut: Firmen wie Microsoft Research, Qualcom und Bosch haben sich angesiedelt und Forschungslabore eröffnet und Jobs geschaffen.

Keine Förderung für KI-Grundlagenforschung

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen hat Klambauer auch ein KI-Großprojekt beim hoch dotierten Förderprogramm „Clusters of Excellence“ des Wissenschaftsfonds FWF und des Wissenschaftsministeriums eingereicht. Der FWF und das Ministerium haben sich allerdings gegen das KI-Vorhaben entschieden. Es werden Projekte aus den Bereichen Quantentechnologie, Mikrobiomforschung, zu Materialien für die Energiewende, der Umgang mit der „Krise des Wissens“ und ein neuer Blick auf die Historie Eurasiens gefördert.

Klambauers Vision wäre gewesen: 32 Millionen Euro für KI-Grundlagenforschung, mit insgesamt 35 KI-Forschern, drei Nachwuchsprofessuren und sechs Universitäten. „Das ist im Vergleich zu anderen Ländern, die auch 50 oder 100 KI-Professuren einrichten, nicht viel. Das wäre ein schöner Start für österreichische KI-Grundlagenforschung gewesen, um Österreich aufholen zu lassen“, sagt Klambauer, „wir sind international zurückgefallen, weil es eben keine gezielte Strategie gibt.“

KI-Pionier Hochreiter und Forschungsnetzwerk ELLIS

Dabei wären die Rahmenbedingungen für KI-Forschung in Österreich eigentlich ganz gut. Die TU Graz, die JKU Linz und das Institute of Science and Technology Austria sind Teil des europaweiten KI- Forschungsnetzwerks ELLIS „European Laboratory for Learning and Intelligent Systems“, das Forschungseinrichtungen vernetzt. Die JKU-Forscher haben auch ein eigenes ELLIS-Programm etabliert, das unter der Leitung von Sepp Hochreiter die europäische Molekülforschung „Machine Learning for Molecule Discovery Program“ koordiniert. Das war ein großer Erfolg für uns, erzählt Klambauer, der gemeinsam mit dem KI-Pionier Sepp Hochreiter arbeitet.

Hochreiter gilt als einer der weltweit führenden KI-Köpfe. Er hat in den 1990er Jahren die Grundlagen für Deep Learning geschaffen – die Basis für Sprachmodelle wie ChatGPT, Bildgeneratoren und Bilderkennung. Die Forschung an der JKU in Linz war bis dato vor allem durch lokale Förderungen möglich, erzählt Klambauer. Das Land Oberösterreich hat das „LIT AI Lab“ finanziert, und über Industrie- und Drittmittelforschung hat die Uni auch mit Unternehmen zusammengearbeitet.

Bekenntnis zu KI-Expertise

Auch die „AI Mission Austria“, eine Förderinitiative der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG, des Wissenschaftsfonds FWF und des Austria Wirtschaftsservice aws aus dem November 2022, die der Fonds Zukunft Österreich finanziert, macht für Klambauer keinen großen Unterschied: Ein Teil der Förderungen geht nämlich an Unternehmen – und die 1,9 Millionen Euro für die KI-Grundlagenforschung sind für Klambauer eine verschwindend geringe Summe.

Vielleicht braucht es hierzulande nicht gleich einen Minister für Künstliche Intelligenz, zuerst einmal ein klares Bekenntnis zur KI-Expertise und die notwendigen Ressourcen dafür.