Frau mit Hörgerät am Ohr
Dragana Gordic – stock.adobe.com
Dragana Gordic – stock.adobe.com
Cochlea-Implantate

Besser hören auch auf Partys

Dank Cochlea-Implantaten können ertaubte oder hochgradig schwerhörige Menschen wieder hören. Bei viel Hintergrundlärm wie auf einer Party sind sie aber immer noch eingeschränkt. Ein neues Forschungsprojekt soll das ändern.

Das Gehör ist derzeit das einzige Sinnesorgan, das mithilfe von Technik ersetzt werden kann: Beim Cochlea-Implantat (CI) handelt es sich um eine elektronische Innenohr-Prothese, die durch einen Sprachprozessor ergänzt wird, der außen am Ohr anliegt. „Das Cochlea-Implantat ist die einzige Sinnesprothese, die erfolgreich klinisch im Einsatz ist", sagte Bernhard Laback vom Institut für Schallforschung der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien. Dass diese Innovation weltweit bereits mehr als einer Million Menschen hilft, sei „schon einzigartig“.

Dennoch gebe es Raum für Verbesserungen. „Mit modernen Cochlea-Implantaten kann man in einigermaßen ruhigen Umgebungen schon sehr gut hören“, so der Forscher, „aber sobald starker Hintergrundschall hinzukommt, zum Beispiel in einem Kaffeehaus oder auf einer Party, wird das schwieriger“.

Fokussieren auf einzelne Schallquelle

Normalhörende verwenden gewisse Informationen, um sich auf eine Schallquelle zu fokussieren und andere Schallquellen auszublenden. „Konkret können Cochlea-Implantate die räumliche Position noch nicht so gut übertragen“, so Laback. „Alle Menschen haben unterschiedliche Sprachtonhöhen und auch diese Unterschiede sind wichtig, um einen Sprecher herauszupicken, und auch das ist in den Implantaten derzeit noch nicht perfekt.“ Er vergleicht das mit einem Flaschenhals: „Es kommt sehr viel Information in das Cochlea-Implantat rein, es kann aber nicht alles verarbeitet werden.“

Laback untersucht nun seit April in einem auf drei Jahre angelegten Forschungsprojekt, wie das Hörergebnis bei Implantaten dahingehend verbessert werden kann. „Damit es dann für Träger von Implantaten leichter sein wird, sich in einer komplexen Hörsituation auf eine Schallquelle zu fokussieren“, so der Projektleiter. Gefördert wird das Projekt „SELECT“ von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Cochlea-Implantat-Hersteller MED-EL.

Grundlagenarbeit aus Österreich

„Die Grundlagenarbeit dafür ist in Österreich gelegt worden“, sagte Laback über die Pionierarbeit des Unternehmens, „und das hatte weltweit große Auswirkungen“. Das erste moderne Cochlea-Implantat, das im Jahr 1977 im Wiener AKH erfolgreich implantiert wurde, stammt von dem österreichischen Ehepaar Ingeborg und Erwin Hochmair. Die Implantation war einen Meilenstein in der Behandlung von Taubheit. 1990 gründete das Ehepaar MED-EL in Innsbruck, einer der weltgrößten Anbieter von Hörprothesen.

„Es gibt spezifisch für Österreich keine offiziellen Zahlen“, so Laback, „aber man geht in Industrieländern wie Österreich allgemein von 0,1 Prozent der Bevölkerung aus, die komplett ertaubt sind“. Cochlea-Implantate können auch sehr erfolgreich bei hochgradiger Schwerhörigkeit eingesetzt werden. Davon seien rund fünf Prozent der Bevölkerung betroffen.

Erste Experimente

In der aktuellen Studie haben die Probanden bereits Erfahrung mit den Implantaten, erzählt er, aber er hat in der Vergangenheit auch schon Experimente mit Ersterfahrungen gemacht. „Dieser Moment der Ersteinschaltung ist natürlich faszinierend für viele Menschen, die lange taub waren“, so der Experte.

Am 26. April, dem Internationalen „Tag gegen Lärm“, werden seine und viele weitere Forschungen am Institut für Schallforschung bei einem „Open House“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Von 15.00 bis 20.00 Uhr kann man dort erfahren, wann laut zu laut für das eigene Gehör ist oder wie unser Gehör links von rechts unterscheidet.