Fische unter Wasser im Mittelmeer, Meer
AFP/BORIS HORVAT
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Klanglandschaft

Unterwassermikrofone belauschen Fische

Walgesänge sind weithin bekannt, aber auch andere Meeresbewohner geben Geräusche von sich. Mit Unterwassermikrofonen analysierte ein Forschungsteam nun die Klanglandschaft vor der Küste Indiens. Die günstige Methode könnte helfen, Fischbestände im Auge zu behalten und Probleme in maritimen Ökosystemen früher zu erkennen.

Es ist nicht genau bekannt, wie viele Tierarten im Meer tatsächlich dazu in der Lage sind, Geräusche zu produzieren. Expertinnen und Experten gehen aber davon aus, dass zumindest alle im Meer lebenden Säugetiere wie Wale und Delfine anhand von melodischen Gesängen mit ihren Artgenossen kommunizieren.

Grunzen, Trommeln oder Krächzen

Darüber hinaus gibt es aber auch einige Fischarten, die aktiv Töne von sich geben. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Gesänge, sondern meist um Grunzen, Trommeln oder Krächzen. Da bereits seit einigen Jahren bekannt ist, dass Fische sehr präzise hören, ist es auch wahrscheinlich, dass ihre Geräusche der Kommunikation mit Artgenossen dienen.

Produziert werden die Geräusche in den meisten Fällen anhand von Muskeln in oder um die Schwimmblase der Tiere. In einer Studie aus dem Jahr 2022 zählten Forscherinnen und Forscher knapp 1.000 Fischarten aus über 130 Familien, die zur aktiven Geräuschproduktion in der Lage sind. Zur vielfältigen Unterwasser-Klanglandschaft tragen neben den Fischen auch einige wirbellose Tiere bei – etwa Vertreter der Knallkrebse.

Unterwasseraufnahmen vor Indiens Küste

In einer kürzlich veröffentlichten Studie im Magazin „Journal of the Acoustical Society of America“ („JASA“) untersuchten Forscher und Forscherinnen nun die Klanglandschaft vor der indischen Küste. Sie nutzten Hydrophone (Unterwassermikrofone), um abseits einer Insel die Geräusche im Arabischen Meer aufzuzeichnen. Dabei entstanden über 370 einminütige Tonaufnahmen.

Das indische Team konnte darin insgesamt 21 tonproduzierende Fischarten erkennen, die in der Nähe von Korallenriffen leben. Dazu nutzten sie eine Kombination aus künstlicher Intelligenz, bereits vorhandenen Hörbeispielen und Tauchern, die versuchten, die tonproduzierenden Tiere zu beobachten.

In den Aufzeichnungen gab es auch Geräusche von Fischen, die eher in tieferen Gewässern vorkommen, etwa aus der Familie der Grunzbarsche und der Umberfische. Die Forscher hörten auch Arten, die sich von Plankton ernähren, und das laute Knallen der Scheren von Krebsen, etwa von den in der Gastronomie beliebten Black-Tiger-Garnelen.

Schichtbetrieb im Ozean

Eine der Erkenntnisse aus der Untersuchung war, dass die verschiedenen Meeresbewohner vor der indischen Küste meist zu unterschiedlichen Zeiten aktiv sind. Viele Fischarten gaben vor dem frühen Nachmittag kaum Geräusche von sich, von 14.00 bis 2.45 Uhr gab es hingegen sogar „Fischchöre“, wie die Forscher in der Studie beschreiben.

Konkret waren etwa die Umberfische ungefähr von 14.15 bis 19.30 Uhr laut, die Grunzbarsche hingegen von 19.45 bis 22.30 Uhr. Andere Arten machten die Zeit, in der sie Töne produzierten, stark vom Mond abhängig, etwa die planktonfressenden Fische.

Rätselhaftes Summen

In der Zeit von 0.30 bis 2.45 Uhr hörten die Forscher außerdem ein entferntes Summen, das sie bisher keiner Fisch- oder Säugetierart zuordnen konnten. In einer Studie aus dem Jahr 2022 wird ebenfalls von einem ähnlichen Summen berichtet. Wovon es stammt, ist bisher unbekannt.

Insgesamt konnten die Forscher mit Hilfe der Unterwassermikrofone rund 90 Prozent der aufgenommenen Geräusche identifizieren und klar einer bestimmten Art zuordnen. Sie sind daher überzeugt davon, dass die Mikrofone ein nützliches und vergleichsweise kosteneffizientes Werkzeug sind, um die Fischbestände in bestimmten Ökosystemen in Echtzeit zu beobachten.

Zum Schutz der Vielfalt

Die Ergebnisse der Studie werden in diesen Tagen auch bei einem Treffen des „International Quiet Ocean Experiments“ (IQOE) in den Vereinigten Staaten präsentiert und besprochen. Anschließend sollen die Tonaufnahmen in die in Arbeit befindliche „Global Library of Underwater Biological Sounds“ (GLUBS) aufgenommen werden, eine frei zugängliche Onlineplattform, die der Wissenschaft global gültige und standardisierte Daten zur Verfügung stellen soll.

Damit wollen die beteiligten Forscherinnen und Forscher das Potenzial, maritime Ökosysteme anhand ihrer Klanglandschaft zu untersuchen, weltweit steigern. Durch einen Vergleich mit den bereits vorhandenen Tonbeispielen und Daten könnten viele Probleme frühzeitig erkannt werden, etwa in Verbindung mit der Klimaerwärmung und der zunehmenden Verschmutzung durch Plastikmüll. Das könnte wiederum dabei helfen, die Artenvielfalt in den maritimen Ökosystemen besser zu schützen.